„In jedem Ende liegt ein neuer Anfang“ lautet ein bekanntes Sprichwort. Nie wohl war dieser Satz bei Bayer 04 passender. Nach der Meisterschaft 2023/24 und der Vizemeisterschaft 2024/25 stand der in Sachen Transferbewegungen ereignisreichste Sommer aller Zeiten an. Über zehn Spieler und der Trainer inklusive Trainerstab verließen den Klub. Viele Helden des Double-Märchens begannen ein neues Kapitel. Es war das Ende einer Ära. Und gleichzeitig der Beginn eines neuen, sehr spannenden und vielversprechenden Kapitels, das in Leverkusen aufgeschlagen wurde. Der Werksklub begrüßte mehr als ein Dutzend Neuzugänge, darunter erfahrene Titelsammler sowie junge Talente, um unterm Bayer-Kreuz ein neues „Fundament für eine erfolgreiche und titelfähige Mannschaft“ zu bauen, wie es Geschäftsführer Sport Simon Rolfes formulierte. Ein neuer Spirit, ein neuer Hunger, eine neue Geschichte sollte entstehen. Bayer04.de blickt zurück auf die ersten Monate dieser Geschichte und den finalen Akt der Vorsaison.
Die Bühne des Jahres 2025 betrat Bayer 04 am 10. Januar. Als Tabellenzweiter mit vier Punkten Rückstand auf den FC Bayern München ging es am 16. Bundesliga-Spieltag gegen Borussia Dortmund. Nathan Tella sorgte beim BVB für eine phänomenale Eröffnungsszene: Nach 25 Sekunden schoss er das früheste Tor der Werkself seit 2014, am Ende stand auch dank eines Doppelpacks von Patrik Schick ein 3:2-Sieg. Es folgte der Hinrunden-Abschluss gegen den 1. FSV Mainz 05 (1:0) und der Rückrunden-Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach (3:1). Mit elf Pflichtspiel-Siegen in Serie im Gepäck reiste das Team in der UEFA Champions League zu Atletico Madrid, wo Bayer 04 1:2 unterlag. Darauf folgte ein 2:2-Liga-Remis bei RB Leipzig und ein 2:0-Sieg in der Königsklasse gegen Sparta Prag. Mit dem Erfolg stand zum Abschluss der Ligaphase Platz sechs – die Werkself war das einzige deutsche Team, das direkt ins UCL-Achtelfinale eingezogen war.
Auch personell war Einiges los im Januar: Bayer 04 vermeldete die Verpflichtung des argentinischen Sturm-Talents Alejo Sarco. Zudem lieh der Werksklub die beiden erfahrenen Profis Emiliano Buendía (Aston Villa) und Mario Hermoso (AS Rom) bis Saisonende aus. Verkraften musste Bayer 04 die je neunmonatige Verletzungspause von Jeanuel Belocian (Kreuzbandriss) und Martin Terrier (Achillessehnenriss).
Nach einem 3:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim erwarteten die Fans mit großer Vorfreude das Pokal-Viertelfinale in der BayArena gegen den 1. FC Köln. Als die Domstädter in diesem aber plötzlich nach 54 Minuten 2:0 führten, schien der Abend in einer großen Enttäuschung zu enden. Patrik Schick war der erste, der sich weigerte, es zu akzeptieren: Per Doppelpack – das 2:2 fiel natürlich in der sechsten Minute der Nachspielzeit – rettete er die Mannschaft in die Verlängerung, in der dann Victor Boniface (98.) die BayArena vor Glücksgefühlen in Ekstase versetzte. Florian Wirtz stieg nach Abpfiff dieses Blockbusters hoch auf das Podest der Nordkurve und es hallte in donnernder Einheit „Uffta, Uffta, Täterä!“ durch das Rund. Derby-Sieger SVB – die schwarz-rote Party war in vollem Gange!








Anschließend ging es in der Bundesliga in einem etwas ruhigeren Erzähltempo weiter: Jeweils torlos trennte sich Schwarz-Rot vom VfL Wolfsburg und vom FC Bayern München. Positiv aber: Die Werkself ließ keinen einzigen Torschuss gegen den Rekordmeister zu, das war seit Beginn der Datenerfassung 2004/05 keinem Team gelungen. Während außerdem Xabi Alonso der erste Bayer 04-Trainer überhaupt war, der keines seiner ersten sechs Pflichtspiele gegen die Münchner verlor, feierte Amine Adli nach rund dreieinhalbmonatiger Pause sein Comeback. Florian Wirtz wurde seinerseits vor dem Duell mit der nächsten Bundesliga-„Spieler des Monats“-Trophäe ausgezeichnet. Es war seine sechste – kein Spieler bekam je mehr. Bei Aufsteiger Holstein Kiel rundete Bayer 04 den Februar mit einem souveränen 2:0-Sieg ab.
Auf einen dominanten 4:1-Sieg bei Eintracht Frankfurt folgte in der Champions League das Achtelfinal-Hinspiel beim FC Bayern, das Schwarz-Rot 0:3 verlor. Drei Tage später gab es gegen den SV Werder Bremen die zweite Liga-Niederlage der Saison (0:2), Florian Wirtz verletzte sich zudem in der Partie und fiel die kommenden fünf Wochen aus. Im UCL-Achtelfinal-Rückspiel unterlag Bayer 04 den Bayern dann 0:2. Der Vorhang auf Europas Bühnen schloss sich, die Werkself war aus der Königsklasse ausgeschieden. Erstmals seit Sommer 2022 hatte Schwarz-Rot zudem drei Spiele in Folge verloren.
Nach dem Aus in der Königsklasse blickte Jonathan Tah aber bereits nach vorn, sagte: „Jetzt geht es nach Stuttgart und da wollen wir natürlich gewinnen.“ Und das taten sie, wenngleich nervenaufreibender, als sie es sich gewünscht hätten: Beim VfB entbrannte ein Wechselbad der Gefühle, die Werkself lag gleich zweimal mit zwei Toren hinten. Erst 0:2, dann 1:3. Piero Hincapie lieferte das 2:3 – und dann war er wieder da, der altbekannte Last-Minute-Zauber! Victor Boniface netzte in der 89. Minute zum 3:3 ein und „Mister Laterkusen“ höchstpersönlich Patrik Schick setzte in der vierten Minute der Nachspielzeit den 4:3-Schlusspunkt. Ein „magic moment“, wie Xabi Alonso im Nachgang beschrieb. Schwarz-Rot verringerte damit den Abstand zu den Bayern, die parallel nur unentschieden spielten, von acht auf sechs Punkte. Dann war Länderspielpause, aus der sich Bayer 04 am Monatsende mit einem souveränen 3:1 gegen den VfL Bochum 1848 zurückmeldete.











Ein Kapitel, das dem Team sichtlich Schmerz zufügte, war jenes im Pokal-Halbfinale. Bei Drittligist DSC Arminia Bielefeld unterlag die Werkself 1:2. Die Mission Titelverteidigung war damit gescheitert. Und die kommenden Wochen machten auch in der Bundesliga die Tür endgültig zu: Gegen den 1. FC Union Berlin (0:0), gegen den Florian Wirtz zurückkehrte, und den FC St. Pauli (1:1) spielte Bayer 04 nur unentschieden. Die Vorlagen der Bayern, die in dieser Zeit teils selbst nur Remis gespielt hatten (etwa 2:2 gegen Dortmund), konnte die Werkself nicht verwerten. Ende April holte die Werkself gegen den FC Augsburg einen 2:0-Sieg, auch die Bayern gewannen.
Anfang Mai war die Meisterschaft auch auf dem Papier entschieden: Die Bayern spielten 3:3 gegen RB Leipzig, die Werkself beim 400. Bayer 04-Pflichtspiel von Jonathan Tah 2:2 gegen den SC Freiburg. Der Rekordmeister war damit nicht mehr einzuholen. Das Team von Xabi Alonso verfolgte aber noch immer ein wichtiges Ziel: auswärts weiter ungeschlagen zu bleiben. Und dies gelang durch ein 2:2-Remis in Mainz am 34. Spieltag. Zwei vollständige Spielzeiten in Serie blieb Bayer 04 damit in der Bundesliga auf des Gegners Plätzen ohne Niederlage. Das hatte zuvor kein Team jemals geschafft. Mit 69 Zählern wurde es punktetechnisch schließlich auch die drittbeste Saison der Klub-Geschichte.
Der hochemotionale Abschluss dieser Saison hatte unterdessen in der BayArena eine Woche zuvor am 33. Spieltag gegen Dortmund stattgefunden, als unter anderem Xabi Alonso und Jonathan Tah ihren letzten Auftritt vor heimischer Kulisse feierten. Als Alonso auf der Pressekonferenz vor dem Duell seinen Abschied zum Saisonende offiziell verkündet hatte, betonte er: „Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Dankbar für das, was wir gemeinsam mit den Fans erlebt haben. Diese Momente gehören zu den schönsten in meinem Leben. Die Zeit hier wird für immer ein wichtiger Teil für mich und meine Familie sein.“ Vor Anpfiff der Partie gegen den BVB erhielten alle Akteure ihre Dankes-Präsente. Seine wahre Größe erhielt jener Samstagnachmittag dann nach Abpfiff: Für Tah wurde ein Banner ausgerollt mit der Aufschrift „Als Talent gekommen, als Doublesieger gegangen. Danke für über 10 Jahre, Jona“. Die Mannschaft trat im Gegenzug vor die Kurve und Tah schnappte sich das Stadionmikrofon: „Mir fällt es nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Das, was wir mit dem Doublesieg erreicht haben, haben wir gemeinsam erreicht. Ich werde euch nie vergessen. Danke für alles!“ Tah erntete tosenden Applaus und ging anschließend noch nach oben auf das Capo-Podest der Nordkurve. Nach lautstarken „Xabi“-Rufen folgte auch der Spanier. Die beiden stimmten den „Uffta“-Gesang an und feierten inmitten der Fans. Es waren hochemotionale Szenen und tränenreiche Augenblicke, an denen das Ergebnis der Partie (2:4) rein gar nichts änderte.










Es war wahrlich das Ende einer Ära, das die Abgänge von Alonso und Tah einläuteten. Das wurde in den kommenden Wochen und Monaten deutlich. Der in Sachen Transfers bewegendste Sommer der Klub-Historie stand bevor. Und er beinhaltete den Wechsel eines Spielers, eines „Fußballgottes“, für den Abschiedsworte ganz besonders schwer zu finden waren. Nach fünfeinhalb Jahren voller Magie, Spielwitz, unermüdlichem Einsatz und noch so viel mehr verließ Florian Wirtz den Klub in Richtung Premier-League-Meister FC Liverpool. Hätten es sich die Fans von Bayer 04 aussuchen dürfen, hätte es diesen Tag wohl nie gegeben. Nun aber war er da. „Nun müssen wir ihn ziehen lassen“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung Fernando Carro wehmütig über den in Leverkusen zum Vollprofi und gestandenen Nationalspieler gereiften Publikumsliebling, der in seinen Jahren bei der Werkself für so viele unvergessliche Momente gesorgt hatte. Unter anderem als jüngster Bayer 04-Pflichtspiel-Torschütze aller Zeiten, als Dreierpacker des historischen 14. Aprils 2024 und als Spieler der (Meister-)Saison mit zahlreichen Rekorden und Bestmarken verabschiedete sich Deutschlands Fußballer des Jahres 2025 Florian Wirtz aus Leverkusen.
Und er tat es mit Worten der Dankbarkeit und Wertschätzung: „Für die große Sympathie, die mir von den Verantwortlichen, den Mitspielern und wirklich allen Mitarbeitern an jedem Tag entgegengebracht wurde, möchte ich mich bedanken. Und den Fans von Bayer 04, die mich und die Mannschaft all die Jahre angetrieben haben, möchte ich sagen: Es war mir eine Ehre, für euch mein Bestes zu geben. Ich freue mich schon jetzt auf ein sportliches Wiedersehen.“
Neben Wirtz zog es auch einen weiteren Publikumsliebling in Richtung Liverpool: Frohnatur Jeremie Frimpong. „Ich werde immer ein Leverkusener sein“, sagte der Niederländer, der Wirbelwind auf der rechten Seite, der von seinen Mannschaftskollegen stets als derjenige Mitspieler beschrieben wurde, der die Kabine am meisten unterhalte. „Dieser Verein bleibt ein wichtiger Teil meiner persönlichen Geschichte und ich danke Bayer 04 und den Fans für eine fantastische Zeit.“ Während sich zudem Odilon Kossounou nach vorheriger Leihe fest Atalanta Bergamo anschloss, begrüßte der Werksklub erste Neuzugänge: Ibrahim Maza kam von Hertha BSC, Mark Flekken vom FC Brentford und Axel Tape vom Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain. Tim Oermann (VfL Bochum) und Abdoulaye Faye (BK Häcken) wurden derweil verpflichtet und ausgeliehen.
Im Juli ging der Transfer-Ritt weiter: Granit Xhaka zog es zum Premier-League-Aufsteiger AFC Sunderland, Matej Kovar auf Leihbasis zur PSV Eindhoven. Vom niederländischen Meister nach Leverkusen kam derweil Malik Tillman. Auch Jarell Quansah vom FC Liverpool und Christian Kofane vom spanischen Zweitligisten Albacete Balompié verstärkten die sich nach und nach neu aufbauende Mannschaft. Farid Alfa-Ruprecht wurde ebenso wie Oermann und Faye verpflichtet und weiterverliehen.
Mit den neuen Spielern im Kader und dem neuen Trainer Erik ten Hag stand dann ein Highlight der besonderen Art an: Das Trainingslager in Brasilien – ein Höhepunkt der zahlreichen Aktivitäten von Bayer 04 im brasilianischen Markt. Schon zu Beginn des Monats hatte der Werksklub eine eigene Fußballschule in São Paulo eröffnet, in den Wochen zuvor zudem neue portugiesisch-sprachige Kanäle gelauncht, um die langjährige und besondere Verbindung zum größten Land Südamerikas zu stärken. Im Trainingslager in Rio de Janeiro arbeitete die Mannschaft dann zehn Tage lang zwischen Zuckerhut, Cristo Redentor und Copacabana intensiv auf die neue Saison hin. Zwar ging vor Ort das erste Testspiel gegen die U20 von CR Flamengo verloren (1:5), doch nahm der Bayer 04-Tross aus der brasilianischen Metropole unzählige positive Eindrücke und Erkenntnisse mit. Zu Hause in Deutschland folgte ein Test in Bochum, den die Werkself 2:0 gewann.



















Noch mehr Transferbewegungen als in den beiden vorherigen Monaten gab es im August: Lukas Hradecky etwa, Kapitän, Rückhalt, Identifikationsfigur, verließ Bayer 04 nach sieben Jahren und wechselte zur AS Monaco. Für immer unvergessen: Sein Gang mit Xabi Alonso in die Kurve mitsamt Meisterschale. Dass er diesen historischen und für viele unbeschreiblichen Moment später demütig als „Ehre“ und „den schönsten Moment meiner Karriere“ bezeichnete, zeigte einmal mehr, aus welchem Holz dieser Profi geschnitzt ist. Er erinnerte sich im Zuge seiner Wechselverkündung wie folgt an damals: „Die Fans haben uns mit den Händen zugewinkt. Und da sie einen großen Anteil an der Meisterschaft hatten und gerade auch in schlechteren Zeiten immer hinter uns gestanden haben, wollte ich ihnen etwas zurückgeben.“ Gesagt, getan: Er klettere über die Bande, enterte das Vorsänger-Podest und reichte den Ultras unter riesigem Jubel die Schale. Damit war ein Moment geboren, der tatsächlich für die Ewigkeit taugen dürfte, und mit dem der stolze Vater einmal mehr bewiesen hatte, dass er die Fan-Seele wirklich versteht.
Nach und nach brachen sie also auf, die Helden der Double-Saison. Ebenfalls verließen Amine Adli (AFC Bournemouth), Victor Boniface auf Leihbasis (Bremen) und Piero Hincapie (FC Arsenal) die Mannschaft. „In Leverkusen habe ich gelernt, was alles mit harter Arbeit und mit Identifikation möglich ist. Ich werde die Unterstützung aller Mitarbeiter und der Fans von Bayer 04 niemals vergessen“, sagte Hincapie, der für Simon Rolfes ein Paradebeispiel war „für unser Konzept, junge Spieler zu Profis zu entwickeln, mit denen wir selbst unsere Ziele erreichen, und sie gleichzeitig in der absoluten Weltspitze zu etablieren.“ Und wo die nächsten tragenden Säulen die Leverkusener Bühne verließen, stießen neue Protagonisten ins Licht. Verpflichtet wurden Janis Blaswich (RB Leipzig), Loïc Badé (FC Sevilla), Eliesse Ben Seghir (AS Monaco), Ernest Poku (AZ Alkmaar), Ezequiel Fernández (Al-Qadsiah FC), Claudio Echeverri (Manchester City/Leihe) und Lucas Vázquez, der mit Real Madrid unter anderem fünfmal die Champions League gewann. Neu war auch folgendes: Robert Andrich durfte sich als Nachfolger von Hradecky offiziell über das Kapitänsamt freuen - für den Mittelfeld-Kämpfer eine „Riesen-Ehre, eine Riesen-Wertschätzung“, wie er damals betonte.
Eine auf zahlreichen Positionen neu zusammengestellte Mannschaft stand nun unterm Bayer-Kreuz – mit ebenso viel Hunger, an jene Erfolge anzuknüpfen, wie Motivation, eine eigene Geschichte zu schreiben. Das Team brauchte jetzt aber Zeit, sich zurechtzufinden. Nicht etwa nur in einem neuen Klub, sondern in einer neuen Liga, einem neuen Land, einer neuen Kultur. Die Testspiele gegen Fortuna Sittard (2:1) und den SC Pisa (3:0) endeten siegreich, jenes gegen Klub-Weltmeister FC Chelsea nicht (0:2). Als nächstes ging es zur SG Sonnenhof Großaspach. Beim Regionalligisten stand mit dem Pokal-Erstrundenduell der Pflichtspiel-Auftakt an. Die mit 40-minütiger Gewitter-Unterbrechung und zwei Platzverweisen für die Gastgeber gezeichnete Partie endete zu Gunsten der Werkself (4:0).










Weniger erfolgreich gestaltete sich eine Woche später der Liga-Auftakt gegen die TSG Hoffenheim (1:2). Das anschließende 3:3 in Bremen, bei dem die Werkself einen Zwei-Tore-Vorsprung trotz Überzahl verspielte, sorgte dann erneut für enttäuschte Gesichter – nicht nur bei Spielern und Fans. Die Klubführung um Fernando Carro und Simon Rolfes entschied sich gemeinsam mit dem Gesellschafterausschuss dazu, die Zusammenarbeit mit Erik ten Hag zu beenden. „Niemand hat sich diesen Schritt gewünscht“, betonte Rolfes damals. Aber er hatte erkannt: „Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass der Aufbau einer neuen und erfolgreichen Mannschaft in dieser Besetzung nicht zielführend gestaltet werden kann.“
Auf ten Hag folgte Kasper Hjulmand, dessen letzte Trainerstation zuvor bis Sommer 2024 die dänische Nationalmannschaft gewesen war und der seitdem an einem Campus-Projekt für den dänischen Fußballbund gearbeitet hatte. Dem Ruf von Bayer 04 konnte der 53-Jährige dann aber nicht widerstehen. „Das Campus-Projekt war eine Herzensangelegenheit und als Trainer war ich eigentlich nicht auf dem Markt. Nur ein Klub konnte mir dieses Gefühl geben, wieder eine Mannschaft übernehmen zu wollen – und das war Bayer 04“, sagte Hjulmand bei seiner Vorstellung.
In dem Dänen sah Simon Rolfes das fehlende und passende Puzzlestück für das neu gebaute Team: „In der aktuellen Situation ist vor allem ein gutes Miteinander wichtig. Die Chemie muss stimmen. Er passt zu unserem Fußball und auch zu den Menschen hier.“ Viel Zeit, sein neues Team kennenzulernen, hatte Hjulmand aber nicht. Doch das störte ihn wenig: „Natürlich kann nicht alles sofort perfekt funktionieren. Im Nationalteam aber habe ich gelernt, immer präzise und effizient zu arbeiten.“ Und in der Tat war schnell zu spüren, dass es bergauf ging. Nach den Ereignissen des Sommers kehrte nun Ruhe ein und die Mannschaft entwickelte einen neuen, erstarkten Teamspirit. So kamen die sportlichen Ergebnisse: Gegen Frankfurt etwa siegte das Team bei Hjulmands Einstand kämpferisch in doppelter Unterzahl 3:1. Nach einem Remis gegen Mönchengladbach (1:1) gewann die Mannschaft dann 2:1 bei St. Pauli. In der Königsklasse hatten sie sich derweil mehr erhofft: Zum Auftakt der neuen UCL-Saison stand ein 2:2 beim FC Kopenhagen. Den Ausgleich in der Schlussphase der Partie erzielte Alejandro Grimaldo auf die ihm – so schien es – in diesen Wochen einzig bekannte Art und Weise: per direktem Freistoß. Schon zuvor hatte der Standardkünstler gegen Frankfurt den Ball gleich zweimal über die Mauer hinweg ins Netz gezirkelt. Bitter in dieser Partie aber: Exequiel Palacios verletzte sich und sollte bis zum Jahresende fehlen.
Pünktlich zum Oktober-Start stand das erste Heimspiel der neuen UCL-Saison an. Gegen die PSV Eindhoven zeigte die Werkself Dominanz, Tempo, Kontrolle, kam aber trotzdem nicht über ein 1:1 hinaus. Anders drei Tage später: Zu Hause gegen Union Berlin siegte die Mannschaft äußerst souverän 2:0. „Wir haben heute gespielt, als würden wir schon viele Jahre zusammen spielen“, sagte Torschütze Ernest Poku im Nachgang. Und auch Mark Flekken erkannte, dass dieses neu aufgebaute Team immer besser zueinander fand: „Man merkt, dass das Selbstvertrauen in der Mannschaft wächst, dass die Verbindungen wachsen.“ Zwei Wochen später dann, als das Team nach der Länderspielpause 4:3 in Mainz gewann, brachte Jonas Hofmann das Gefühl dieser Wochen wie folgt auf den Punkt: „Es fühlt sich an, als würden die Räder immer mehr ineinandergreifen.“














Siege in diesem Monat gab es auch gegen den SC Freiburg (2:0) und in der zweiten Pokalrunde beim SC Paderborn 07. Dabei bot jener Abend in Ostwestfalen alles, was Laterkusen einst zum Mythos machte: Grimaldo schlenzte wie gewohnt einen Freistoß ins Tor, musste dann aber mit seinem Team in der 90. Minute den Ausgleich und kurz nach Anpfiff der Verlängerung den Rückstand hinnehmen. Sollte es das Aus im Pokal sein? Mit Nichten! Mit gleich drei Toren in der Nachspielzeit schossen Jarell Quansah (105.+1), Ibrahim Maza (120.+2) und der seit Wochen in bestechender Form aufspielende Aleix Garcia (120.+4) Laterkusen in Ostwestfalen ins Achtelfinale. Die einzige Niederlage im Oktober – und die erste für Kasper Hjulmand – gab es in der Königsklasse gegen Titelverteidiger Paris Saint-Germain. Gegen den französischen, mit Weltstars gespickten Triple-Sieger und Klub-WM-Finalisten setzte es ein 2:7.
Die Geschichten von der Personalfront in diesem Monat: Jeanuel Belocian (gegen Union) und Martin Terrier (gegen Mainz inklusive Tor) feierten nach jeweils neunmonatiger Verletzungspause ihr Comeback. Patrik Schick (gegen Freiburg) kehrte nach einmonatiger Unterbrechung zurück. Exequiel Palacios verlängerte seinen Vertrag bei Bayer 04 vorzeitig um zwei weitere Jahre bis 2030. Bitter dagegen: Ezequiel Fernández und Axel Tape verletzten sich. Auch Lucas Vázquez und Nathan Tella standen in diesen Wochen nicht zur Verfügung.
Anfang Oktober machte sich ein demnach ausgedünnter Kader auf den Weg nach München. Und in der Allianz Arena sollten leider gleich zwei Serien reißen. Zum einen verlor die Werkself erstmals seit drei Jahren wieder ein Bundesligaspiel gegen den FC Bayern. Zum anderen, und viel bedeutender: Das 0:3 an diesem 1. November bedeutete nach 889 (!) Tagen das Ende der historischen Rekordserie von 37 Liga-Auswärtsspielen ohne Niederlage. Historisch wurde es auch eine Woche später – diesmal im positiven Sinne: Nachdem die Werkself unter der Woche bei Benfica Lissabon ihren ersten UCL-Sieg der Saison gefeiert hatte (1:0), begeisterte die Mannschaft die Fans in der BayArena mit einem furiosen 6:0 gegen den 1. FC Heidenheim 1846, das unzählige Geschichten, Rekorde und Debüts mit sich brachte. Unter anderem schnürte der in diesen Wochen hervorragend aufgelegte und später als „Rookie des Monats“ November ausgezeichnete Ibrahim Maza seinen ersten Profi-Doppelpack. Außerdem gewann die Werkself nie zuvor ein Heimspiel im Oberhaus mit mehr Toren Differenz.












Nach dem Fußballfest gegen Heidenheim war Länderspielpause, angesichts der Formkurve zur Unzeit. Doch mit der gleichen Stärke ging es danach weiter. In Wolfsburg gewann die Werkself 3:1, ehe sie sich drei Tage später auf der ganz großen Bühne Europas bewies: Bei Manchester City überzeugte Schwarz-Rot mit Mut und Klasse und siegte 2:0. Ein glücklicher Kasper Hjulmand erklärte im Nachgang: „Ich habe den Jungs gesagt, dass ich sehr stolz auf sie bin. Dieses Team hat so viel Potenzial, einen so großen Charakter. Es ist eine Nacht, an die wir uns noch lange erinnern werden.“ Einige Tage später stand das erste Duell des Dortmund-Zweiteilers bestehend aus dem Bundesligaspiel und dem Pokal-Achtelfinale an. Trotz kämpferischer Leistung unterlag Bayer 04 in der ausgeglichenen Liga-Partie 1:2.
Drei Tage später dann, im Pokalspiel, siegte Bayer 04 1:0 und zog damit ins Viertelfinale ein, in dem im nächsten Jahr St. Pauli wartet. Auf die gelungene BVB-Fortsetzung folgte eine 0:2-Niederlage gegen Augsburg. Der dicht getaktete Jahresabschluss mit sieben Partien in 21 Tagen ging weiter mit dem UCL-Duell gegen Newcastle United (2:2). Im abschließenden Heimspiel des Jahres gewann die Werkself dann 2:0 gegen den 1. FC Köln. Dabei staunten Trainer, Mitspieler, Fans, Kommentatoren und Medienvertreter allesamt nicht schlecht, als Martin Terrier in der 66. Minute den Scorpion-Kick auspackte und die Werkself kunstvoll in Führung brachte. Der Franzose hatte sich damit für das laut eigener Aussage „schönste Tor meiner Karriere“ den perfekten Moment ausgesucht. Schließlich war es sein Treffer, sein Dosenöffner, der den Weg zum Derbysieg ebnete. Torschütze Nummer zwei, Robert Andrich, nannte Terriers Kunstschuss im Nachgang ein „Wahnsinns-Tor“, Trainer Kasper Hjulmand einen „magic moment“. Und Werkself-Radio-Kommentator Niko Hartmann verlor bei diesem Geniestreich sogar völlig die Zurückhaltung: „Ein Riesen-Tor! Mit der Hacke! Volley! Das Tor des Jahres in der BayArena! Und das im Derby gegen den 1. FC Köln!“, schrie er voller Inbrunst, voller Leidenschaft.
Das letzte Kapitel dieses Jahres war aber noch nicht geschrieben, ein Spiel hatte die Werkself noch vor der Brust. Zum Abschluss des Jahres bei RB Leipzig feierte die Mannschaft mit einem 3:1-Sieg das perfekte Ende dieser ereignisreichen zwölf Monate. Martin Terrier schoss erneut ein Tor und netzte damit erstmals in zwei Liga-Spielen hintereinander ein, auch Patrik Schick traf und krönte sich vorbei an Dimitar Berbatov zum alleinigen ausländischen Leverkusener Rekord-Torschützen. Den Schlusspunkt setzte dann ein 18-Jähriger: Montrell Culbreath aus der U19 feierte sein Profi-Debüt und veredelte es mit dem Tor zum Endstand. Er hatte sich damit selbst das „größte Weihnachtsgeschenk überhaupt“ gegeben, wie er im Nachgang betonte. Culbreath ist nun der (null)viertjüngste Leverkusener Bundesliga-Torschütze aller Zeiten. Außerdem erfreulich: Axel Tape, Lucas Vázquez und Ezequiel Fernández feierten nach mehrwöchigen Verletzungspausen ihre Comebacks.















Viele schöne Geschichten, die der Jahresabschluss mit sich brachte. Und eine davon spannte den Bogen zurück zum Anfang dieser Reise: Wie schon beim Auftakt im Januar in Dortmund, als Nathan Tellas 25-Sekunden-Tor das Jahr furios eröffnete und Bayer 04 dem BVB die damals erste Heimniederlage der Saison zugefügt hatte, war es zum Ende dieser zwölf Monate Leipzig, dass sich erstmals im eigenen Stadion der Werkself geschlagen geben musste. Das Jahr beendet Bayer 04 nun mit 29 Punkten auf Rang drei und mit 33 Toren, der aktuell zweitbesten Offensive. Kasper Hjulmand beendet es seinerseits mit einem Bundesliga-Punkteschnitt von 2,15 - es ist der derzeit zweitbeste Wert eines Bayer 04-Trainers und nur Xabi Alonso kommt mit 2,16 auf eine noch höhere Marke. Hjulmands letzte Worte nach dem Sieg in Leipzig galten aber wie gewohnt dem Team: „Ich bin sehr, sehr stolz auf das, was die Mannschaft in den letzten Monaten geleistet hat. Wir sind sehr gut dabei - in allen drei Wettbewerben.“ Und auch Simon Rolfes resümierte positiv vorausblickend: „Die ersten sechs Monate des ‚Kennenlernens‘ liegen hinter uns. Jetzt gilt es, die Mannschaft ans Leistungslimit zu bringen und wirklich erfolgreich zu sein. Unsere Ambitionen und unser Ehrgeiz werden auch im neuen Jahr hoch sein.“
Zwölf Monate liegen nun hinter Bayer 04, die geprägt waren von emotionalen Abschieden, vom Mut im Wandel, dem Vertrauen in Entwicklung, dem Ende historischer Rekorde und dem Beginn neuer Geschichten. Und insbesondere vom Glauben an einen gemeinsamen Weg, mit der Überzeugung, dass Erfolg nicht immer geradlinig verläuft - aber vor allem aus Geduld und Zusammenhalt entsteht.
Auf ein spektakuläres 2026, liebe Bayer 04-Fans!