Der FC Barcelona steckt 1987/88 vom ersten Saisonspiel an in einer Krise. Der englische Trainer Terry Venables, noch zwei Jahre zuvor mit Barcelona Spanischer Meister geworden, wird schon im September entlassen und durch Luis Aragones ersetzt. Außerdem herrscht ständig Unruhe zwischen der Mannschaft, dem Präsidenten Nunez und den Zuschauern. In der heimischen Liga belegt Barcelona im März 1988 einen Mittelfeldplatz.
Alles dreht sich bei der Berichterstattung zum Spiel um den deutschen Mittelfeldspieler Bernd Schuster. Schuster nach der Landung am Flughafen, Schuster beim Betreten des Hotels, Schuster beim Einlaufen zum Abschlusstraining im Müngersdorfer Stadion, Schuster im Interview vor den Kabinen, in der Hotellobby usw. – Schuster, Schuster, Schuster. Als ehemaliger FC-Spieler und Weltstar zieht er das Interesse medial auf sich.
Trotz der Unruhe im Klub hat sich der FC Barcelona nach Siegen gegen Belenenses Lissabon, Dynamo Moskau und Flamutari Vlora für das Viertelfinale qualifiziert. Die Partie wird um 20:15 Uhr vom französischen Schiedsrichter Vautrot angepfiffen. Bayer 04 spielt überlegen, ohne die Abwehr zu entblößen. Erich Seckler kommt mit dem spanischen Nationalspieler Francisco Carrasco gut klar, Alois Reinhardt engt die Kreise des Engländers Gary Lineker ein. Chancen für Barca gibt es in der ersten Halbzeit keine. Dafür setzt die Werkself immer wieder Nadelstiche. Direkt nach Anpfiff hat Kapitän Wolfgang Rolff eine große Chance. Die zweite folgt in der 22. Minute. Da zirkelt Tita eine Ecke auf den Kopf von Alois Reinhardt, dessen Weiterleitung kommt zu Cha, der sofort abzieht. Aber Zubizarreta lenkt den Ball um den Pfosten. Doch ab der 35. Minute nehmen die Spanier das Heft in die Hand. Barcelonas Abwehr steht immer sicherer, Schuster spinnt die Fäden im Mittelfeld. Bayer 04 hat nur noch einmal in der 55. Minute eine Torchance durch Bum-kun Cha. Nach dem Abpfiff ist Barcelona mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Aber auch die Werkself kann durchaus damit leben. Vor 100.000 Zuschauern in Nou Camp zu bestehen, erscheint zwar auf den ersten Blick unmöglich. Dennoch herrscht so etwas wie vorsichtiger Optimismus.
Vor dem Rückspiel in Barcelona müssen wir nach Frankfurt und verlieren dort mit 2:3. Am Dienstag, 8. März 1988, tragen wir unser Nachholspiel gegen Borussia Mönchengladbach aus und gewinnen durch zwei Tore von Tita mit 2:1. Freitagabend steigt dann das Derby gegen den 1. FC Köln im ausverkauften Ulrich-Haberland-Stadion. Ausverkauft bedeutet in diesem Fall 14.000 Zuschauer. Es wird ein richtig tolles Spiel mit zahlreichen Torraumszenen, rassigen Zweikämpfen, viel Tempo und Kampf. Am Ende sind beide Mannschaften mit dem 1:1 zufrieden. Die Werkself fliegt guten Mutes nach Barcelona.
Am Mittwoch, 16. März, wird dann um 21:15 Uhr das Viertelfinalrückspiel im Stadion Nou Camp angepfiffen. Es verlieren sich nur 20.000 Zuschauer im weiten Rund, und die angereisten 2.000 Bayer 04-Fans können sich von ihren Plätzen im Oberrang durchaus bemerkbar machen.
Von der ersten Minute an zeigt die Werkself ihr UEFA-Cup-Gesicht. Hoch konzentriert, aggressiv in den Zweikämpfen und spielfreudig nimmt Bayer 04 das Heft in die Hand, erarbeitet sich die eine oder andere kleine Torchance und lässt keine zu. Der FC Barcelona wähnt sich sicher und wartet geduldig auf Chancen, die sich nach Wiederanpfiff auch bieten. Aber in der 59. Minute schickt Herbert Waas auf der rechten Seite Christian Schreier mit einem herrlichen Steilpass auf die Reise. Dieser dringt in den Strafraum ein, Barcelonas Torwart Zubizarreta legt sich ihm in den Weg, foult ihn. Alles wartet auf den Pfiff – und dann kommt der Brasilianer Tita aus dem Hintergrund und drischt den Ball mit aller Konsequenz in die Maschen. 1:0 für die Werkself. In der letzten halben Stunde gibt es wütende Angriffe der Spanier, aber außer einer kleinen Chance von Bernd Schuster aus spitzem Winkel und einem Kopfball von Carrasco nach einem Freistoß springt nichts heraus. Dann foult der eingewechselte Falko Götz in der 85. Minute Carrasco. Den fälligen Elfmeter verschießt Bernd Schuster und die Bayer-Elf erkämpft einen am Ende verdienten 1:0-Sieg in Camp Nou. Die Nacht verbringt die Mannschaft noch in Barcelona an der Hotelbar – mit Bier und Zigarren. Samstag ist das nächste Spiel, aber so oft kommt es nicht vor, dass man den FC Barcelona schlägt und ins Halbfinale des UEFA-Pokals einzieht. Kapitän Wolfgang Rolff mahnt allerdings: „Das Gefühl ist schön, sicher. Aber erst mal warten jetzt eine Menge schwerer Aufgaben auf uns. Zum Feiern bleibt später noch Zeit.“ Wie recht er behalten sollte.
Am nächsten Morgen geht es wieder heimwärts. Der nächste Gegner in der Bundesliga ist Werder, in Bremen. Also kein leichtes Spiel und wie sich herausstellt: die Generalprobe für das UEFA-Cup-Halbfinale. Denn Bayer 04 bekommt hier das ungünstigste Los, das nur denkbar ist: Werder Bremen und dann zuerst zu Hause. Die Begeisterung in beiden Lagern hält sich in Grenzen. Das Bundesligaspiel hingegen begeistert alle. Mit frischem Selbstvertrauen aus dem Barcelona-Spiel geht die Werkself bis zur Halbzeit mit 2:0 in Führung. Christian Schreier trifft zweimal. Doch in der zweiten Halbzeit kocht das Weserstadion. Es rollt Angriff auf Angriff auf das Bayer 04-Tor. Nach einer Stunde schließt Karl-Heinz Riedle einen Angriff mit dem Anschlusstreffer zum 1:2 ab und der Druck wird immer größer. In der 86. Minute fällt der Ausgleich durch Manfred Burgsmüller und nur drei Minuten später das 3:2 für Werder – erneut durch Riedle. Wutentbrannt verlässt Erich Ribbeck die Trainerbank und verschwindet in den Katakomben. In der Nachspielzeit bekommt Bayer 04 einen Freistoß aus halbrechter Position, rund 30 Meter vom Bremer Tor entfernt. Tita hämmert den Ball rein zum 3:3-Endstand! Riesenjubel bei der Werkself. Trainer Ribbeck sagt lapidar nach dem Spiel: „Ich wusste, dass der Tita noch einen reinhaut, was soll ich mir das anschauen.“ Seine Wut über die verspielte 2:0-Führung ist noch nicht verraucht, aber die Mannschaft hat für sich gemerkt, dass man durchaus nicht chancenlos gegen den kommenden Deutschen Meister Werder Bremen in den beiden UEFA-Cup-Halbfinalspielen ist.
Drei Tage später, es ist der 22. März 1988, schlagen wir an einem Dienstagabend Schalke 04 mit 3:2, nach 1:2- Pausenrückstand. In der zweiten Halbzeit belagern wir den Schalker Strafraum und gewinnen hoch verdient durch die beiden Tore von Klaus Täuber und Erich Seckler. Mit 25:25-Punkten steht die Werkself auf Platz 7, zwei Punkte hinter Platz 6. Jetzt geht es nach Hannover, die 96er kämpfen als Aufsteiger gegen den Abstieg. Wir wollen dort unbedingt punkten. Es wird stattdessen die höchste Bayer 04-Niederlage in der Bundesliga. Hannover gerät in einen Spielrausch und jeder Schuss ist ein Treffer. Am Ende kassieren wir ein 1:6. In der letzten Partie vor dem Hinspiel im UEFA-Cup-Halbfinale gegen Werder Bremen am 6. April erlebt die Werkself ihr Waterloo.
Helmut Röhrig wird am 14.12.1944 in Leverkusen geboren. Er lernt das Fußballspielen bei Bayer 04 und wird mit der A-Jugend 1963 Mittelrheinmeister vor dem 1. FC Köln. Das erste Jahr im Männerfußball spielt er in der zweiten Mannschaft der Werkself.
Mehr zeigenBernd Schuster wird am 22.12.1959 in Augsburg geboren. Sein erster Jugendverein ist der Stadtteilverein SV Hammerschmiede. Aus dieser Zeit gibt es auch eine Anekdote, die uns ein ehemaliger Platzwart anlässlich unseres Pokalspiels in Augsburg 1993 erzählt hat. Bernd ist nach der Schule immer der erste auf dem Trainingsplatz gewesen. Auf einer Anlage mit einer Laufbahn um den Fußballplatz und Toren ohne Netze hat der junge Bernd Freistöße und Ecken geübt, wohlwissend, dass er jeden Ball selber holen muss. So übt er sowohl seine Technik als auch seine Ausdauer schon als Teenager.
Mehr zeigenWolfgang „Wolle“ Rolff wird am 26.12.1959 in Lamstedt, einer Gemeinde im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven, geboren. Beim dortigen TSV Lamstedt beginnt er auch seine Fußballkarriere. In der B-Jugend wechselt er zum OSC Bremerhaven und macht parallel eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Im Nordsee-Stadion in Bremerhaven verdient er sich seine ersten Sporen im Männerfußball.
Mehr zeigenMichal „Katsche“ Kadlec wird am 13. Dezember 1984 in der tschechischen Stadt Vyskov geboren. Im Alter von sechs Jahren zieht er mit seinen Eltern in die Pfalz, weil sein Vater Miroslav ein Angebot vom 1. FC Kaiserslautern annimmt und für acht Jahre Libero bei den Roten Teufeln spielt. Im Kindergarten in Kaiserslautern lernt Katsche Deutsch. Und er spielt früh selbst Fußball: in seiner Jugend erst für den SV Alsenborn, dann für den 1. FC Kaiserslautern.
Mehr zeigenDie Saison 1969/70 beginnt für Bayer 04 mit vier Niederlagen. Damit steht die Elf von Trainer Theo Kirchberg auf dem letzten Tabellenplatz. Erst am 10. Spieltag kann sich die Werkself mit einem 4:2-Auswärtssieg in Marl-Hüls auf einen Nichtabstiegsplatz hieven. Im weiteren Verlauf der Saison gestaltet sich das Tabellenbild immer freundlicher.
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