In der Woche vor dem Spiel wird die Werbetrommel gerührt. Erst verkündet der Vorstand von Bayer 04 die Vertragsverlängerung von Erfolgstrainer Manfred Rummel und sorgt somit für das Ende aller Spekulationen, das womöglich im Falle des Aufstiegs ein anderer Trainer unter das Bayer-Kreuz kommt. Allerdings führt Fußballobmann Hermann Büchel durchaus Gespräche mit möglichen Verstärkungen – auch im Falle des weiteren Verbleibs in der Oberliga. Spektakuläre Einkäufe wird sich der von der Bayer AG unterstützte Klub nicht leisten können, denn der Vorstand von Bayer 04 ist zur Sparsamkeit angehalten.
Für das wichtige Heimspiel gegen die Solinger, die höchstwahrscheinlich mehrere tausend Schlachtenbummler mitbringen werden, hofft die Werkself auf viele eigene Fans. Zur Unterstützung werden 5.000 schwarz-rote Bayer 04-Fähnchen verteilt und unter dem Motto „Werden Sie wieder ein echter Bayer 04-Fan“ ist ein Werbeblatt im Druck.
Am 1. Juni 1975 ist dann Großkampftag im Ulrich-Haberland-Stadion. 15.000 Zuschauer wollen dieses vorentscheidende Aufstiegsduell sehen. Etwas nervös startet die Werkself, deren Spiel aus dem Mittelfeld in den ersten Minuten zu ungenau ist. Die Solinger stehen defensiv gut und versuchen, mit Kontern zum Erfolg zu kommen. In der 21. Minute scheint die Taktik aufzugehen. Der in Opladen geborene Spielertrainer der Solinger, Horst Stockhausen, erzielt mit einem Schrägschuss das 1:0 für die Gäste. Aber Bayer 04 antwortet vier Minuten später. Torjäger Matthias Brücken verwandelt einen klugen Pass in die Tiefe zum 1:1. Das gibt den Leverkusenern Auftrieb, die nun mit mehr Tempo agieren und sich die eine oder andere Torchance herausspielen. Aber es bleibt beim für Union Solingen glücklichen 1:1 zur Halbzeit.
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Dramatisch verläuft die zweite Hälfte, als beide Mannschaften alles auf eine Karte setzen und unbedingt gewinnen wollen. In der 52. Minute zirkelt der Solinger Gerd Knoth einen Freistoß über die Mauer und bringt seine Farben damit wieder in Führung. Doch nur sieben Minuten später kann Bayer 04 durch einen wunderschönen Flugkopfball von Gerd Kentschke ausgleichen.
Als dann zehn Minuten vor dem Ende dem Solinger Klaus Uphoff der Ball im Strafraum an die Hand springt, entscheidet Schiedsrichter Rainer Waltert auf Elfmeter für Bayer 04. Libero Willi Rehbach tritt an und verwandelt sicher. Fünf Minuten vor dem Abpfiff sind die Bayer 04-Fans nicht mehr zu halten. Lautstark ertönt der Gesang „Und wir steigen wieder auf, Hallelujah“ durch das Stadion. Am folgenden Wochenende steht das Rückspiel von Union Solingen in Hannover an, also hat die Werkself zwei Wochen zur Vorbereitung auf das so wichtige Heimspiel gegen Arminia Hannover.
Nachdem die Niedersachsen gegen Union Solingen mit 3:1 gewinnen konnten, steht die Werkself mit 4:0 Punkten gegenüber den beiden Kontrahenten, die jeweils 2:4 Punkte aufweisen, auf dem 1. Platz. Im Heimspiel gegen Arminia Hannover reicht der Werkself ein Punkt, um den direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord zu schaffen. Spielführer Hans-Werner Marx fasst die Stimmung der Mannschaft vor dem Spiel zusammen: „Eine ganze Saison lang haben wir für diese 90 Minuten gearbeitet. Jetzt trennt uns noch ein Punkt vom begehrten Ziel. Niemand von uns wird so dumm sein und es, wo es darauf ankommt, an der nötigen Einstellung fehlen lassen.“
Es ist der 15. Juni 1975. Das Ulrich-Haberland-Stadion ist mit über 10.000 Zuschauern wieder gut gefüllt. Die Hektik und Nervosität auf den Rängen und vor allem auf dem Spielfeld sind riesengroß. Dreimal verpassen die Stürmer der Werkself das mögliche Führungstor. Mit einem 0:0 geht es in die Kabinen und beide Mannschaften können erstmal durchatmen.
Bayer 04 hat dann in der zweiten Hälfte den besseren Start. Eine Flanke von Peter Surbach jagt der Hannoveraner Ulf Meisner in der 54. Minute in das eigene Tor. Aber dieser Führungstreffer bringt nicht die erhoffte Ruhe, im Gegenteil. Kapitän Hans-Werner Marx unterläuft ein kapitaler Fehler, den Arminia zum Ausgleich nutzt.
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Im folgenden offenen Schlagabtausch hat Bayer 04 die besseren Spielerpersönlichkeiten. Ein bis zur völligen Erschöpfung kämpfender Gerd Kentschke – nach dem Spiel muss er unter eine Sauerstoffmaske, um wieder auf die Beine zu kommen – bereitet in der 66. Minute das 2:1 durch Manfred Schumann vor. Und als dann sechs Minuten später Mittelfeldspieler Wolfgang Fabian mit einem unhaltbaren Schuss von der Strafraumgrenze das 3:1 erzielt, da steht das Stadion Kopf.
Doch viel zu früh ist die Werkself auf Sicherung dieses Vorsprungs bedacht. In der 82. Minute kommen die Arminen nochmal auf 2:3 heran, aber bis zum Ende passiert nichts mehr. Die letzten Minuten gehen im Siegestaumel der Bayer 04-Fans unter und beim Schlusspfiff stürmen die Zuschauer auf das Spielfeld. Endlich ist das Ziel erreicht: Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord.
Eine Woche später geht zwar noch das letzte Gruppenspiel zwischen Union Solingen und Bayer 04 über die Bühne, aber die 1:3-Niederlage interessiert in den Reihen der Leverkusener Fans keinen mehr.
Dieser Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord ist der Beginn einer langen Reise im professionellen Fußball. Der Aufstieg in die 1. Bundesliga vier Jahre später, der UEFA-Cup-Sieg 1988, der DFB-Pokalsieg 1993, die tollen Jahre unter Christoph Daum, das „Vizekusen“-Jahr 2002, die Pokal-Endspiele 2009 und 2020 und nicht zuletzt die Traumsaison 2023/24 wären ohne den Aufstieg von 1975 nicht möglich gewesen.
Danke an alle, die mit diesem Aufstieg den Weg geebnet haben für die letzten schönen, aufregenden, spannenden, emotionalen 50 Jahre, die wir Bayer 04-Fans erleben durften.
Wolfgang Vöge wird am 15. September 1955 in Ahlen, Westfalen, geboren und ist das vierte von sieben Kindern eines Bergmanns. Sein Vater, Erich Vöge, ist zudem Fußballschiedsrichter. Schon früh entwickelt Wolle, wie er von Freunden und Teamkollegen genannt wird, eine große Leidenschaft für den Fußball und ist ein begeisterter Fan des BVB. Seine ersten fußballerischen Erfolge erzielt er im Amateurbereich bei seinem Heimatverein SV Ahlen, für den er in seiner Debütsaison bereits 26 Tore schießt und dadurch die Aufmerksamkeit der Scouts auf sich zieht. Dies führt 1975 zu einem Wechsel zu Borussia Dortmund.
Mehr zeigenJens Melzig wird am 28. September 1965 in Cottbus geboren. Melle, wie er in Leverkusen genannt wird, beginnt seine Karriere bei seinem Heimatverein Energie Cottbus. Dort fällt er als junger Spieler schon früh durch Zweikampfstärke und Spielintelligenz auf. Ab 1984 gehört er zur ersten Mannschaft von Energie Cottbus und spielt für den Klub in der DDR-Liga sowie in der Oberliga. Mit 144 Einsätzen und 12 Toren entwickelt er sich zu einer festen Größe in der Abwehr. In dieser Zeit prägt er den Verein maßgeblich mit – als zweikampfstarker Innenverteidiger, der auch Führungsqualitäten zeigt.
Mehr zeigenAndreas Thom wird am 7. September 1965 im brandenburgischen Rüdersdorf bei Berlin geboren. Schon als Kind zeigt Andreas ein außergewöhnliches Talent am Ball. Er tritt früh dem Nachwuchs des BFC Dynamo Berlin bei, einem der führenden Fußballklubs der DDR. Dort erhält er eine gezielte, leistungsorientierte Ausbildung im Rahmen des DDR-Sportsystems. Sein Talent, seine Spielübersicht und seine Technik führen dazu, dass er bereits mit 17 Jahren in der ersten Mannschaft des BFC Dynamo debütiert.
Mehr zeigenLucio, mit vollem Namen Lucimar Ferreira da Silva, wird am 8. Mai 1978 in Planaltina, einem Vorort der brasilianischen Hauptstadt Brasília, geboren. Schon in seiner Kindheit zeigt sich seine Leidenschaft für den Fußball. Auf den staubigen Straßen seines Heimatortes verbringt er unzählige Stunden damit, dem Ball nachzujagen – oft barfuß, wie viele brasilianische Kinder. Trotz der einfachen Verhältnisse, in denen er aufwächst, unterstützt ihn seine Familie stets in seinem Traum, eines Tages ein großer Fußballspieler zu werden. Seine ersten Schritte im Vereinsfußball macht er bei kleinen lokalen Klubs, bevor er als Jugendlicher zum Verein Guará und später zum Traditionsklub Internacional Porto Alegre wechselt. Von dort verpflichtet Bayer 04 den international völlig unbekannten Verteidiger im Januar 2000.
Mehr zeigenIm Video seht ihr eindrucksvolle und wichtige Tore der Bayer 04-Geschichte aus dem Monat September. Es geht dabei nicht immer um die Schönheit der Tore, sondern es sollen euch auch besondere Spiele und Spieler in Erinnerung gerufen werden.
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