
Erst Sonntag, dann Freitag: Normalerweise recht wenig Zeit für einen Erstligisten, um sich auf die kommende Partie vorzubereiten. Und doch ist die kurze Bundesliga-Woche für Mainz 05 gewissermaßen „Luxus“ – wenn auch ungewollter. Im Gegensatz zu Bayer 04 waren die Nullfünfer unter der Woche nicht aktiv, da sie im DFB-Pokal Ende Oktober durch ein 2:3 nach Verlängerung die Segel beim FC Augsburg streichen mussten. Es sollte nicht das letzte enttäuschende Gastspiel in dieser Spielzeit bei den bayerischen Schwaben bleiben. Am vergangenen Wochenende kamen die Mainzer beim zuletzt kriselnden FCA mit 0:3 unter die Räder und konnten kaum die Qualitäten auf den Platz bringen, durch die sie zuvor vier Spiele in Folge ungeschlagen geblieben waren und auch den Rückrundenstart mit zwei Siegen über Stuttgart und Nürnberg erfolgreich gestaltet hatten. „Für uns war das ein gebrauchter Tag“, konstatierte Trainer Sandro Schwarz im Anschluss. Aber einer, den die Rheinhessen mit Blick auf die Tabelle noch verschmerzen können. Mit 27 Punkten liegt Mainz voll im Soll, hat satte zwölf Zähler Vorsprung auf Relegationsplatz 16 – und auch den Anschluss an die internationalen Plätze lange nicht verloren.
Als eines der wenigen Teams im deutschen Profifußball setzt Mainz derzeit auf ein 4-4-2-System mit rauten-ähnlicher Anordnung im Mittelfeld. Die Überlegungen dahinter: zwei laufstarke und offensiv ausgerichtete Außenverteidiger (zuletzt Daniel Brosinski und Aaron Martin), die die Flügel besetzen; ein Mittelfeld mit ähnlich veranlagten Spielertypen, die dadurch im Spiel situativ rotieren können sowie ein Sturmduo mit deutlich klarerer Rollenverteilung, zuletzt bestehend aus dem schnellen, umtriebigen Robin Quaison sowie dem hochaufgeschossenen Zielspieler Jean-Philippe Mateta (im Foto oben). Letzterer, mit sechs Toren bester Torschütze der Nullfünfer, ist einer von gleich fünf Neuzugängen, die vor der Saison ohne großen Namen aus dem europäischen Ausland nach Mainz kamen und direkt zum Stammspieler wurden. Auch Innenverteidiger Moussa Niakhaté, Linksverteidiger Martin sowie die Mittelfeldspieler Pierre Kunde Malong und Jean-Paul Boetius gehören in ihrem ersten Jahr in Mainz prompt zu den Leistungsträgern und stehen für die kluge Scouting- und Transferpolitik, die in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt in der jüngeren Vergangenheit verfolgt wurde.
Derzeit fehlt es in der Mainzer Mannschaft an Führungsspielern. Torwart René Adler (ehemals Bayer 04) sowie der etatmäßige Kapitän Niko Bungert, die beiden Routiniers im Team, sind in dieser Spielzeit verletzungsbedingt kein Thema; gegen Bayer 04 könnte nun auch Mittelfeldstratege Danny Latza ausfallen. Der 30-Jährige zog sich bei einem Zusammenprall mit Mitspieler Niakhaté in Augsburg eine Gehirnerschütterung zu, sein Einsatz am Freitag ist fraglich. Blieben an Führungspersönlichkeiten der zuletzt manchmal wacklige Daniel Brosinski sowie Abwehrchef Stefan Bell, der in Augsburg gelb-gesperrt fehlte – und schmerzlich vermisst wurde. Allerdings war der 27-Jährige in der Vorwoche gegen Nürnberg nicht nur mit der fünften Verwarnung der Saison aus dem Spiel gegangen, sondern auch mit einer starken Fußprellung. Kurios: Auch diese Verletzung war durch einen „Zweikampf“ mit einem Mitspieler verursacht worden, in diesem Fall Brosinski. Coach Schwarz hofft nun, dass Bell gegen die Werkself wieder auflaufen kann. Sein Einsatz dürfte allerdings deutlich wahrscheinlicher sein als der von Latza.
Durch die vielen Transfers aus dem europäischen Ausland hat Mainz eine Multikulti-Truppe auf dem Rasen, insgesamt tummeln sich 14 verschiedene Nationalitäten im Kader. Was bei all dem allerdings nicht unterschlagen werden darf: Zweites, mindestens genauso wichtiges Standbein neben dem starken Scouting-Netzwerk ist die Jugendarbeit des Vereins. In Torhüter Florian Müller, Innenverteidiger Bell sowie Mittelfeldmann Ridle Baku zählen drei Spieler zum Stammpersonal, die bereits im Nachwuchsbereich für die Nullfünfer aufliefen – eine Quote, die bei weitem nicht jeder Bundesligist aufweisen kann und sogar noch steigen könnte: Auch die U19-Spieler Ahmet Gürleyen und Jonathan Burkardt kamen in dieser Saison zu ihren ersten Bundesliga-Einsätzen. Das Fundament für nachhaltigen Erfolg in Mainz ist somit definitiv vorhanden.
Trotz der zwei Auftaktsiege im Januar zeigte Mainz einige Wackler, die junge Mannschaft wirkt häufig etwas inkonstant – gerade in Abwesenheit der „Leitwölfe“. Dass die Rot-Weißen – wie in der Vergangenheit bereits passiert – erneut einen Coup landen und in die Europa League einziehen, erscheint daher eher unwahrscheinlich. Bei zwölf Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone sollte jedoch auch nach hinten nichts mehr anbrennen, zu viel Talent steckt dafür in der Mannschaft. Am Ende sollten also eine sorgenfreie Saison und ein Platz im gesicherten Mittelfeld herausspringen. Das dürfte bei den Mainzern letztlich jeder als Erfolg verbuchen.

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