Als hätte es die zweimonatige Unterbrechung nie gegeben. Der Re-Start der Bundesliga verlief für Borussia Mönchengladbach wie aus einem Guss. Im Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt gingen die Fohlen bereits nach 35 Sekunden Spielzeit in Führung. Nach sieben Minuten stand es schon 2:0, nach 90 schließlich 3:1 für die Borussia. Zugegebenermaßen: In Sachen Spiele ohne Zuschauer hat Mönchengladbach auch schon ein wenig Erfahrung sammeln können. Vor der Corona-Pause war der Verein beim Spiel gegen den 1. FC Köln bereits Gastgeber der ersten Bundesligapartie vor leeren Rängen – auch da siegte das Team von Marco Rose. „Diese Erfahrung hat uns geholfen“, meint auch Mittelfeldmann Tobias Strobl. Zwei Spiele ohne Zuschauer, sechs Punkte – die Borussia scheint optimal gerüstet für den Endspurt. Zumal das Team sich am Wochenende auch in der Tabelle verbessert und den Sprung an RB Leipzig vorbei auf Rang drei realisiert hat. Kein Zweifel: Die Tabellenführung, die Mönchengladbach noch bis kurz vor der Winterpause innehatte, kommt nicht von ungefähr – Rose hat das Team zu einer absoluten Top-Mannschaft der Liga gemacht.
Auch Frankfurt bekam es zum Re-Start gleich zu spüren: Sich auf Mönchengladbach einzustellen, ist unheimlich schwierig. Denn gerade offensiv verfügt Trainer Rose über enorm viele Variationsmöglichkeiten. Alassane Plea, Marcus Thuram, Breel Embolo, Lars Stindl, Patrick Herrmann, Jonas Hofmann: Sie alle sind nicht nur enorm torgefährlich, sondern auch flexibel einsetzbar. Mal weicht Thuram vom Zentrum auf den Flügel aus, mal gibt Embolo einen verkappten Spielmacher, mal Stindl die „falsche Neun“. Selbst Vollblut-Torjäger Plea ist sich nicht zu schade, seine Mittelstürmer-Rolle abzulegen und die Außenpositionen zu besetzen. Dementsprechend gestaltet Rose auch seine Grundausrichtung gerne um. Zu Beginn der Saison ließ er größtenteils noch mit Doppel-Spitze spielen, später dann in einem 4-3-3, zuletzt immer häufiger im 4-2-3-1.
Vor allem gegen die Top-Teams der Liga versuchte der ehemalige Bundesliga-Verteidiger es aber auch gerne mit ganz besonderen taktischen Kniffen. So lief Mönchengladbach in den Rückrundenspielen gegen Leipzig und Dortmund jeweils mit Dreierkette auf, beim 2:1-Erfolg gegen den FC Bayern in der Hinrunde praktizierten die Fohlen eine Mittelfeldraute. Gut möglich also, dass Rose auch im Duell mit dem direkten Konkurrenten aus Leverkusen eine interessante Variante aus dem Hut zaubert. Die neu geschaffene Möglichkeit, fünfmal auszuwechseln, dürfte ihm sogar noch weitere Optionen schaffen, zumal die Fohlen mit Spielern wie Raffael oder Ibrahima Traoré auch eine durchaus reizvolle zweite Garde aufzubieten haben.
Einer der absoluten Schlüsselspieler im Team wird Mönchengladbach gegen die Werkself fehlen – und wohl noch einige Wochen darüber hinaus: Mittelfeldspieler Denis Zakaria verletzte sich kurz vor der Corona-Unterbrechung bei einem Zusammenprall mit Gladbachs Keeper Yann Sommer am Knie. Ursprünglich hatte man bei der Borussia gehofft, der Schweizer könne von der Pause profitieren und zum Re-Start wieder auf dem Platz stehen. Doch daraus wurde nichts: Wegen anhaltender Probleme musste sich Zakaria Anfang Mai einem arthroskopischen Eingriff am Knie unterziehen, er ist damit gegen Bayer 04 keine Option. Durchaus eine Schwächung für Mönchengladbach, denn so tief der Kader auch besetzt ist, für den europaweit begehrten „Verbindungsspieler“ gibt es bei den Fohlen keinen gleichwertigen Ersatz.
In den 10er-Jahren hat Mönchengladbach eine erstaunliche Transformation hingelegt: Vom Abstiegskandidaten zum Dauergast in den europäischen Wettbewerben – und nun sogar hin zu einem Klub, der im letzten Saisondrittel sogar noch Außenseiter-Chancen auf die Meisterschaft hat. Die Verpflichtung von Marco Rose als Cheftrainer ist der nächste Schritt, der die Fohlen auch im internationalen Vergleich auf eine höhere Ebene heben soll. Die strukturellen Voraussetzungen sowie der Kader-Stamm geben eine solche Entwicklung in den nächsten Jahren definitiv her.
Alle Zweifel, ob die tollen Leistungen der Borussia mit der Corona-Unterbrechung abreißen könnten, hat die Mannschaft in Frankfurt eindrucksvoll beiseite geräumt. Die Elf vom Niederrhein befindet sich klar auf Kurs Königsklasse. Allerdings wartet nun ein richtungsweisendes Spiel: Die Werkself als Fünftplatzierter will nämlich genau da hin, wo Mönchengladbach aktuell steht. Der Ausgang wird wohl entscheidend dafür sein, welche der beiden Mannschaften in der kommenden Saison wieder in der Champions League antreten darf.
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