Spiel des Monats: DFB-Pokalsieg 1993

Am Donnerstag, 10. Juni 1993, fliegt der Bayer 04-Tross in die Bundeshauptstadt. Es sind knallige 30 Grad bei wunderschönem Sonnenschein. Untergebracht sind wir im BFV-Heim in Wannsee, einem alten Gebäude mit neuem Anbau direkt am Wasser gelegen. Sehr idyllisch, wenig Komfort und absolute Ruhe. Hier bereiten wir uns auf unser Highlight in dieser Saison vor: Das DFB-Pokalendspiel gegen die zweite Mannschaft von Hertha BSC.

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Am nächsten Tag haben wir noch ein leichtes Training am Siebenendenweg bei der kleinen Hertha in Zehlendorf. Allerdings weiß dort keiner was davon, die Tore sind verschlossen. Also gibt es nur einen Weg: über das Tor klettern und springen. Gut, dass sich dabei keiner verletzt.

Als wir am nächsten Morgen, dem Spieltag, aufwachen, sind die Temperaturen um gefühlt 20 Grad gesunken und es regnet. Für viele Bayer 04-Fans, die sich am Spieltag von Leverkusen aus bei strahlendem Sonnenschein und großer Hitze per Bus, Auto und Sonderzug auf den Weg nach Berlin machen, wird es bei Ankunft ein Kälteschock. Und auf Regen ist auch keiner eingestellt. Bayer 04-Manager Reiner Calmund reagiert prompt. Er lässt kurzerhand 10.000 Regenjacken in Rot besorgen und verteilt diese unter den Bayer-Fans.

Bei der Abschlussbesprechung zum Spiel gibt Trainer Dragoslav Stepanovic die Marschroute vor. Konzentriert, engagiert und mit Druck wollen wir spielen. Nichts zulassen und unsere Chancen nutzen.

Im Bus bei der Fahrt zum Spiel herrscht große Anspannung. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt und konzentriert sich auf seine Aufgabe. In der Kabine dasselbe Bild, bis die „Hertha-Bubis“ ihre nebenan befindliche Kabine betreten. Laute Musik dröhnt aus einer extra dafür aufgebauten Musikanlage. „Eye Of The Tiger“ von der Gruppe Survivor aus dem Rocky-Film knallt uns um die Ohren, stört uns aber nicht in unserer Vorbereitung. Da das Frauenfinale läuft, geht es zum Warmmachen auf das Maifeld. Mit Stollenschuhen auf Asphalt, durch Menschenmassen durch und nach dem Warmmachen auch wieder zurück. Es gibt aber keine Kommentare oder ich höre sie einfach nicht, weil ich sehr auf dieses Spiel fokussiert bin.

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Von Beginn an nehmen wir das Heft in die Hand, pausenlos ausgepfiffen von 60.000 Berlinern. Da die Herthaner selten den Ball haben, um eigene Angriffe zu starten, sind die Pfiffe der ständige Geräuschpegel im Stadion. Zur Halbzeit steht es zwar nur 0:0, aber das tangiert uns überhaupt nicht. Wir haben die Order vom Trainer durchgezogen, nichts zugelassen und selbst die eine oder andere kleine Chance herausgespielt.

In der 77. Minute dann die Erlösung. Nach einer Flanke von Pavel Hapal schraubt sich Ulf Kirsten am höchsten und netzt zum entscheidenden 1:0 ein. Beim Schlusspfiff grenzenloser Jubel. Im Grunde haben wir ja nur das erreicht, was alle von uns erwartet haben, aber für uns war es doch eine große Erleichterung, den Pokal so verdient gewonnen zu haben, auch wenn das Ergebnis das nicht so deutlich ausdrückt.

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Bei der Pokalübergabe schaltet die ARD einfach ab und zeigt die Tagesschau. Am Abend ein ähnliches Bild beim Aktuellen Sportstudio des ZDF. Mit uns gefreut haben sich nur die Bayer 04-Fans, aber die auch noch am nächsten Tag am Rathaus. Nach unserer eigenen Feier am Abend und wenig Schlaf fliegen wir am nächsten Morgen nach Köln. Von dort fahren wir mit dem Bus zum Leverkusener Rathaus und werden von 5.000 Bayer 04-Fans gefeiert. Teilweise von denselben, die am Tag zuvor im Stadion waren und die Nacht durchgefahren sind.

Für mich war es mein zweiter Titel mit meinem Bayer, leider auch seitdem der letzte. Es wird mal wieder Zeit!

Zu einem längeren Bericht in einer Sonderausgabe des Werkself-Magazins zu unserem Pokalsieg 1993 geht es HIER!

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