Knut, erst einmal wünschen wir dir für dein neues Lebensjahr natürlich alles Gute und vor allem Gesundheit! So richtig etwas unternehmen kannst du aufgrund der Pandemie ja nicht. Wie verbringst du deinen 53. Ehrentag stattdessen?
Reinhardt: Danke euch für die Glückwünsche. Das stimmt, feiern im größeren Kreis beispielsweise ist auch in diesem Jahr leider nicht drin. Aber es gibt neben der Pandemie noch einen weiteren Grund dafür: Ich habe heute einen Elternsprechtag in der Schule…
…und wir freuen uns, dein erster Termin an diesem Tag sein zu dürfen und sind gespannt, welches Feedback du für deine Zeit bei Bayer 04 geben kannst.
Reinhardt: Ich habe meine gesamte Jugend in diesem Verein verbracht, dort seit der D-Jugend alle Mannschaften durchlaufen. Mit 17 bin ich dann Bundesligaspieler geworden und habe damals mein Debüt gegen Bayern München geben dürfen. Ich hatte einen guten Lauf in Leverkusen und im jungen Alter sogar schon den UEFA-Cup gewonnen. Aber es waren nicht nur die sportlichen Erfolge, die meine Zeit bei Bayer 04 geprägt haben. Ich habe in diesen Jahren viele tolle Menschen kennengelernt.
Nach deinem Karriere-Ende 2001 hast du ein Lehramt-Studium begonnen und bist heute als Lehrer an einer Realschule tätig. Wie kam es zu dieser Berufswahl?
Reinhardt: Es war nicht einfach, nach der Karriere etwas Neues anzufangen. Als Fußballer ist man in der Regel nur Fußballer und in allen anderen Bereichen unqualifiziert. (lacht) Ich wollte etwas machen, das mich wirklich ausfüllt und wofür ich brennen kann. Als ich dann angefangen habe, Mathe und Sport zu studieren, hat das erst keiner so wirklich ernst genommen. Aber ich habe es durchgezogen – und darüber bin ich heute sehr froh.
Wirst du von deinen Schülern ausschließlich als Lehrer wahrgenommen oder doch auch das eine oder andere Mal als Champions-League-Sieger und Deutscher Meister?
Reinhardt: Ich bin nicht der typische Lehrer, sondern eher eine Art Lernbegleiter. Ich habe selbst so viel erlebt, war gefühlt ganz oben, aber auch ganz unten. Ich versuche eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, um sie bestmöglich zu fördern. Anfangs wurde ich als der klassische Lehrer angesehen, mittlerweile googeln die Kinder aber immer häufiger meinen Namen. Und dann sind viele doch etwas überrascht, wer da vor ihnen steht. Das mache ich mir gerne zunutze und motiviere sie auch mal mit Autogrammkarten.
Mit welcher Intention?
Reinhardt: Fußball und Schule haben vieles gemeinsam. Man muss nicht immer der talentierteste Schüler sein, um etwas zu erreichen. Einsatzbereitschaft und Ehrgeiz können vieles bewirken. Und so ist es auch im Fußball. Das Einhalten von klaren Regeln ist in beiden Bereichen gleich bedeutsam – im Schulsystem und im Fußball. Wer sich nicht an die Grundsätze und Vorgaben hält, fliegt. Vom Platz oder eben von der Schule.
Im Fußball gewinnt man Titel. An diesen lässt sich letztlich auch der Erfolg des Einzelnen messen. Wie ist das bei Lehrern?
Reinhardt: Gerade ist der Alltag schwierig, weil wir aus der Distanz unterrichten müssen. Mir fehlt der direkte Kontakt zu den Schülern, der normale Unterricht. Viele Kinder haben zudem gar nicht die Endgeräte, um den Online-Unterricht vernünftig verfolgen zu können. Von 25 Kindern pro Klasse verliere ich dadurch durchschnittlich in etwa ein Fünftel. Das ist viel. Zu viel. Durch die Corona-Pandemie sind viele Probleme zum Vorschein gekommen. Aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.
Zurzeit finden die Abiturprüfungen statt. Auch du hast damals dein Abi gemacht. War es im Nachhinein die richtige Entscheidung?
Reinhardt: Ich war mit 16 kurz vor dem Sprung zu den Profis und habe mit 17 schon mehr verdient als mein Vater. Damals habe ich mich immer wieder gefragt, wozu ich das Abi überhaupt brauche. Es war eine schwierige Selbstfindungsphase und ich hatte nichts als Fußball im Kopf. Mein Vater war aber zum Glück sehr bodenständig und hat mir immer wieder gesagt, dass ich mein Abi machen soll. Auch wenn es kein Gutes werden würde. (lacht) Ich musste in dieser Zeit auf einiges verzichten, weil die Lehrer damals nicht so tolerant waren, wie es heute der Fall ist. Es gab keine Sportklassen oder Fußballinternate. Ich musste mich selbst durchboxen. Aufgrund meines Werdegangs kann ich heute sagen: Es war absolut wichtig und richtig, diesen Abschluss zu machen. Deshalb würde ich das auch jedem anderen jungen Spieler raten.
Bei der Werkself steckt Florian Wirtz in einer ähnlichen Situation und muss mit 17 Jahren derzeit den Spagat zwischen Profifußball und Abi-Prüfungen meistern. Wie bekommt man diese Doppelbelastung unter einen Hut?
Reinhardt: Als Profifußballer hat man einen Vorteil: Man ist gut organisiert und kann Leistung im richtigen Moment abrufen. Als Leistungssportler weiß man meist ganz genau, in welchen Momenten es drauf ankommt und was man tun muss, um durchzukommen. Meine Devise war immer, durchzukommen. Es musste keine Eins sein. Und wenn ich es damals geschafft habe, dann wird Flo Wirtz es heute auch schaffen.
Zur Person:
Knut Reinhardt wurde 1968 in Hilden geboren. Seine fußballerischen Anfänge erlebte er beim SSV Lützenkirchen und TuS 05 Quettingen, bereits in der D-Jugend zog es ihn allerdings zu Bayer 04. Fortan durchlief Reinhardt sämtliche Nachwuchsteams des Werksklubs und gab im Alter von 17 Jahren schließlich sein Bundesliga-Debüt. Nach vier Profi-Jahren unterm Bayer-Kreuz wechselte der Mittelfeldspieler zu Borussia Dortmund und fand dort seine zweite sportliche Heimat. Der UEFA-Cup-Sieger von 1988 heimste mit dem BVB zwei Meistertitel (1995 & 1996) sowie den Champions-League-Sieg (1997) ein. Acht Jahre in Schwarz und Gelb absolviert, ging Reinhardt noch einmal zum 1. FC Nürnberg, wo er 2001 schließlich seine Karriere beendete. Anschließend begann er ein Lehramt-Studium und arbeitet heute als Lehrer an einer Realschule.
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