Geschichte: Vor 50 Jahren – Aufstiegssaison 1974/75 (April)

Im April 1975 geht es in die heiße Phase der Saison. Von den restlichen sieben Meisterschaftsspielen fallen sechs in diesen Monat. Und es ist spannend an der Tabellenspitze.
Bayer 04 im Jahr 1975

Der Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen fährt am 6. April zum Tabellenletzten SSV 05 Troisdorf – und geht kläglich unter. Eine bis zum Letzten kämpfende Troisdorfer Mannschaft lehrt einer lustlos wirkenden Werkself das Fürchten. Selten zuvor hat eine Leverkusener Fußballtruppe so konfus und überheblich den Erfolg gesucht. Angefangen bei Torhüter Hubert Makel über den sonst so zuverlässigen Willi Rehbach, die völlig enttäuschenden Mittelfeldspieler Hans-Werner Marx und Peter Surbach bis zu den stumpfen und einfallslosen Stürmern Matthias Brücken, Manfred Schumann und Kaus Röhrig. Mit 4:1 fighten die Troisdorfer die Werkself nieder. Das Ehrentor schießt Willi Rehbach mit einem Elfmeter. Positiv sind lediglich die Ergebnisse der Konkurrenten, denn trotz der heftigen Schlappe bleibt die Werkself weiterhin Tabellenführer.

Als eine Woche später Viktoria Köln ins Ulrich-Haberland-Stadion kommt, erwarten die Bayer 04-Fans Wiedergutmachung. Die nur einen Punkt hinter der Werkself stehenden Kölner gehen in der 20. Minute durch einen Elfmeter in Führung. Aber den Schock des Rückstandes überwindet die Bayer-Elf ziemlich schnell. Mit den gleichen Stürmern wie bei der deftigen Niederlage eine Woche zuvor bringen sie die Kölner Abwehr oft in arge Bedrängnis. Doch die Viktoria, die konsequent verteidigt, übersteht die Drangperiode bis zur Halbzeit.

In der 53. Minute dann die Erlösung – Ausgleich durch Willi Rehbach per Elfmeter. Am Ende wird der Kölner Torhüter Horst Holubek zum Helden des Spiels, denn er fingert im weiteren Verlauf des Spiels schier unhaltbare Schüsse der Werkself noch um den Pfosten. So bleibt es beim 1:1. Und trotz des Punktverlustes ist Bayer 04 weiterhin alleiniger Tabellenführer.

Drei Tage später steigt das Lokalderby gegen die Amateurmannschaft des 1. FC Köln. Die Marschroute von Bayer 04-Trainer Manfred Rummel, die ersten zwanzig Minuten vorsichtig zu agieren und keinen Treffer zu kassieren, geht daneben, denn der Kölner Amateurmannschaft gelingt schon in der 12. Minute die Führung. Danach entwickelt sich ein offenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten, aber es bleibt bei diesem einen Treffer und einer erneuten Niederlage. Aus drei Spielen holt die Werkself anstatt der erhofften sechs Punkte nur einen – und ist immer noch Tabellenführer, allerdings jetzt punktgleich mit Viktoria Köln und dem SC Brühl. Es entwickelt sich ein spannender Vierkampf um die Meisterschaft, denn nach Minuspunkten, bei noch drei ausstehenden Nachholspielen, liegt der SC Jülich 10 sogar noch vor den drei Kontrahenten.

Am Sonntag, dem 20. April, kommt der BC Oberbruch Heinsberg ins Ulrich-Haberland-Stadion. Doch in der ersten Halbzeit bestätigt sich die gerade in dieser Phase der Saison sehr ungünstige Krise. Abspielfehler eklatanter Art, Missverständnisse am laufenden Band und ein müdes Mittelfeld ohne spielbestimmende Persönlichkeit verunsichern die Werkself noch mehr. In der 35. Minute kratzt Wolfgang Fabian einen Ball von der eigenen Torlinie, gefolgt von der einzigen Chance von Bayer 04 in der ersten Halbzeit, einem Kopfball von Klaus Röhrig an die Latte. Gellendes Pfeifkonzert der 1200 Zuschauer zur Halbzeit.

Ein für die Werkself schmeichelhafter Führungstreffer durch einen abgefälschten Freistoß von Willi Rehbach in der 48. Minute beruhigt alle im Stadion. Fünf Minuten später gelingt Manfred Eickerling das 2:0. Ein Doppelpack von Torjäger Matthias Brücken in der 66. und 67. Minute erhöht auf 4:0. Bis zum Schluss fallen noch drei Tore, zwei für Bayer 04 durch Hans-Werner Marx und Norbert Sobbe und ein Treffer für die Gäste. Die Leistung in Halbzeit zwei weckt Hoffnung vor den beiden Spitzenspielen gegen die beiden Mitkonkurrenten SC Jülich 10 und SC Brühl.

Bei sommerlichen Temperaturen schauen sich 800 Zuschauer die Partie beim SC Jülich 10 an. Ein schwaches Spiel von beiden Seiten, auch wenn vor allem die Werkself Chancen zu einem Tor hat. Am Ende steht ein 0:0, das keinem von beiden hilft, denn der SC Jülich 10 benötigte beide Punkte, um noch ins Meistergeschehen eingreifen zu können. Und die Werkself ist mit diesem Ergebnis einen Punkt hinter den direkten Konkurrenten SC Brühl gerutscht.

Und dieser SC Brühl kommt am vorletzten Spieltag ins Ulrich-Haberland-Stadion, welches laut dem Solinger Trainer Horst Stockhausen, der die Leverkusener als möglichen Gegner für die Aufstiegsspiele in die 2. Bundesliga Nord beobachtet hat, einem „Friedhof gleicht. In unserer Verbandsliga wird kaum besser gespielt, doch das Publikum steht hinter uns, peitscht uns nach vorn und bejubelt selbst Aktionen, die nur einen Hauch von Torgefährlichkeit auslösen.“ Der Hannoveraner Trainerkollege Horst Schüler, auch zum „Spitzeln“ im Ulrich-Haberland-Stadion, nennt das Leverkusener Publikum „undankbar, weil es nur auf Fehlleistungen und spielerische Missverständnisse lautstark reagiert.“

Bayer 04 im Jahr 1975

Am Mittwochabend, 30. April, steigt um 19.30 Uhr dieses vorentscheidende Spiel um die Verbandsliga-Meisterschaft des Fußballverbandes Mittelrhein. Vor 2.500 Zuschauern beginnt die Werkself so, wie man sie schon lange nicht mehr gesehen hat: mit ungeheurem Elan, bedingungslosem Einsatz und Offensivfußball ohne Pause. Heute geht es um alles oder nichts.

Der SC Brühl wird förmlich in seine Hälfte eingeschnürt und die Chancen häufen sich. Denn die Bayer-Elf nutzt jede sich bietende Möglichkeit zu einem Abschluss. In der 30. Minute gelingt Matthias Hemmersbach aus leicht abseitsverdächtiger Position das 1:0. Matthias Brücken hat die große Chance, noch vor der Pause das zweite Tor nachzulegen, aber es bleibt beim 1:0.

In der zweiten Halbzeit lässt der Angriffsschwung etwas nach und der SC Brühl kommt auf. Zwar gibt es nach dem Seitenwechsel noch einige gute Bayer-Möglichkeiten, doch es will einfach kein zweiter Treffer gelingen. Das Tor fällt dann für die Brühler. Einen gravierenden Schnitzer von Torhüter Hubert Makel, der eine Flanke völlig falsch berechnet, nutzt ein Brühler Stürmer zum Ausgleich. Was dann kommt, ist nur noch in geringem Maße planvoll. Die Werkself bäumt sich gegen das drohende Verhängnis auf, doch die Minuten verstreichen.

Es ist die 93. Minute, Schiedsrichter Löhr lässt wegen einiger Verletzungspausen nachspielen, und Norbert Sobbe schaufelt eine Flanke vor das Brühler Tor. Matthias Brücken schraubt sich hoch und köpft in Richtung Tor. Erwartungsvoll schauen Spieler und Zuschauer, um dann, als sich der Ball ins Tor senkt, in grenzenlosen Jubel auszubrechen. Nach einer über weite Strecken sehr guten Partie der Werkself hat diese es nun selbst in der Hand, am letzten Spieltag die Meisterschaft zu feiern und sich für die Ende Mai beginnenden Aufstiegsspiele zur 2. Bundesliga Nord zu qualifizieren.

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