Die 40er Jahre

Während des zweiten Weltkriegs versucht die „Betriebssportgemeinschaft der I.G. Farbenindustrie AG“, wie die „Sportvereinigung Bayer 04 Leverkusen“ Anfang der 1940er Jahre heißt, den Sportbetrieb weiter laufen zu lassen. Mit den Jahren fällt das zunehmend schwerer. Trotzdem kommt es immer wieder zu Wettkämpfen und Spielen, sowohl im Feldhandball als auch im Fußball. Ein Punktspiel bei der Viktoria aus Köln dauert über sechs Stunden, weil die Spieler und Zuschauer immer wieder die Bunker wegen des Fliegeralarms aufsuchen müssen. Auch gibt es immer wieder veränderte Aufstellungen, weil auf Heimatbesuch befindliche Spieler einsetzbar sind oder andere wiederum eingezogen werden. Die Spieler, die in der Nähe stationiert sind, als Flakabwehr zum Beispiel,  werden zu den Spielen abgeholt und später wieder zurückgebracht. So gelingt es, den Spielbetrieb einigermaßen am Laufen zu halten und für etwas Abwechslung in diesen schweren Zeiten zu sorgen. Bei den Handballern und den Leichtathleten kommt es im April 1940 zwischen der TuS 04 Leverkusen und der Betriebssportgemeinschaft zu einer kurzzeitigen Verbindung zur Kriegssportgemeinschaft, lediglich um die Spiele und Wettkämpfe aufrecht zu halten.

Am 12. August 1942, noch vor dem Kriegsende, benennt sich die Betriebssportgemeinschaft wieder in die Sportvereinigung Bayer Leverkusen 04 um. Der Stadtpark ist immer noch Spielort und seit 1941 mit einer schönen Tribüne versehen. Die jungen Spieler drängen immer mehr in den Vordergrund, darunter einer, der für die nächsten Jahre bis in die 50er hinein prägend für das Bayer-Spiel ist: Richard Job. Unterstützt durch seinen Bruder Hermann, führt er seine Mannschaft als Denker und Lenker. Den Spitznamen „König Richard“ erhält er nicht nur wegen seines Namens, sondern auch aufgrund seines Auftretens auf dem Platz. Fast 20 Jahre ist er wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft, mit Ausnahme der Saison 1949/1950 – doch dazu später mehr.

© Bayer 04 Leverkusen Fussball GmbH

Bayer04 bei einem Auswärtsspiel kurz nach dem ersten Weltkrieg. Links Richard Job.

Im November 1945 beginnen die ersten Nachkriegsmeisterschaften im erweiterten Kölner Raum. Allerdings muss das von den Amerikanern erstellte Baseballfeld erst wieder entfernt werden. Das erste Meisterschaftsjahr übersteht die Bayer-Elf ganz ausgezeichnet und belegt den 2. Platz.

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Bayer 04 in der Saison 1946/47 vor den Kabinen der Sportanlage „Am Stadtpark“.  Stehend von links: Hans Steingans, Hans Frömmel, Werner Hänsel, Karl Uschkur, Johannes Höher, Paul Garlinski, Masseur Erich Meier, Karl Höhner, Richard Job, Karl Reinhardt, Willi Kastner, Berthold Henkel

In der Saison 1948/49 kommt es zum ersten großen Aufeinandertreffen mit dem 1. FC Köln. Beide Mannschaften werden Meister ihrer jeweiligen Rheinbezirksliga und spielen um den Aufstieg in die Oberliga West. Die Sportvereinigung Bayer 04 Leverkusen, wie unser Verein seit Dezember 1948 jetzt heißt, bezieht erstmals ein kurzes Trainingslager im Bayer-Erholungszentrum in Dabringhausen/Große-Ledder und bereitet sich in der ländlichen Idylle konzentriert vor. Das erste Spiel bestreiten die beiden Kontrahenten vor 22.000 Zuschauern in der Kölner Radrennbahn in Müngersdorf. 5.000 Leverkusener begleiten unsere Mannschaft und werden noch vorher mit schwarz-roten Fähnchen ausgerüstet. Die Abfahrt erfolgt um 12 Uhr vor dem Rathaus Leverkusen — immer in 300 Mann starken Straßenbahnen bis direkt vor das Kölner Stadion.

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Das alte Rathaus mit der Straßenbahn Linie 0.

Auf einem Flugblatt werden die „Schlachtenbummler“ aufgerufen, mit dem sprechchorartigen Schlachtruf „Leeee-ver-kuuuu-sen“  am Selbstvertrauen des Gegners zu rütteln. Das gelingt leider nicht so wie erhofft. Relativ wehrlos, wahrscheinlich auch beeindruckt von dieser großen Kulisse, verliert die Bayer-Mannschaft mit 0:2 und hat für das Rückspiel keine gute Ausgangsposition. Vor allem Richard Job fällt, nachdem er nach überstandener Knieverletzung letztlich doch noch fit wurde, sehr stark gegenüber seinen gewohnten Leistungen ab. Von Seiten der Vereinsführung werden ihm Kontakte zum 1. FC Köln unterstellt und eine vereinsinterne Sperre aufgebrummt. Bayer 04 verzichtet auf seinen besten Spieler, und weder die Einwände der Mannschaftskollegen noch die vieler Fans bewirken eine Einsicht bei der Vereinsführung. Richard Job selbst hält sich aus den Diskussionen raus, sagt aber gegenüber einer Zeitung: „Alle mir gemachten Vorwürfe sowie die Gerüchte über meinen etwaigen Übertritt zum 1. FC Köln entbehren jeder Grundlage. Angebote liegen aus allen Teilen Deutschlands schon seit Jahren vor. Da werde ich aber kaum der einzige sein. Die mir vorgeworfene Äußerung vor dem Kölner Spiel, dies sei mein letztes für Bayer, habe ich auch nicht andeutungsweise getan, so dass  ich den Vorwurf des Leverkusener Vereinsbeschlusses wegen grober Unsportlichkeit und mannschaftsschädigendem Verhalten aufs Schärfste zurückweisen muss.“ Er spielt also nicht und verlässt nach dem Rückspiel tatsächlich unseren Verein. Für ein Jahr wechselt er nach Voiswinkel.

Das Rückspiel steigt am 15. Mai 1949 — vor der bis dahin für unmöglich gehaltenen Zuschauerzahl von 14.000 am Stadtpark. In der ersten Halbzeit liefert „der Bayer“ einen von ohrenbetäubenden Anfeuerungsrufen der Leverkusener Jugend begleiteten heißen Kampf. Mit einem 1:1 wechselt man die Seiten, aber leider reicht in der zweiten Halbzeit die Kraft nicht mehr. Der 1. FC Köln zieht mit einem 3:1-Sieg in die Oberliga West ein. Allerdings wird ab der Saison 1949/50 das Oberhaus des Westens, die Oberliga West, um vier Mannschaften vergrößert. So bekommt unsere Mannschaft noch eine zweite Chance, die sie aber gegen Schalke 04 (0:1) und den VfL Benrath (1:0) leider nicht nutzen kann.

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Die Bayer 04 – Mannschaft der Saison 1948/49. Stehend von links: Richard Job, Hans Frömmel, Karl Höhner, August Schiefer, Johannes Höher, Hans Finken, Helmut Rennen, Werner Hänsel, Andreas Brocks, Helmut Laaser, Karl Uschkur, sitzend v. li.: Peter Röger, leider unbekannt, leider unbekannt, Manfred Höher

Ein paar Wochen später wird die Grundlage für eine rosige Zukunft unseres Vereins gelegt. Auf der Mitgliederversammlung am 18. Juli 1949 entscheiden sich 400 Mitglieder für die Einführung des Vertragsspielers. Das führt praktisch zur Teilung des Fußballlagers in eine Vertragsspieler- und eine Amateurabteilung. Diese Entscheidung ist wegweisend für die nächsten Jahrzehnte, wie wir heute wissen und für den kurzfristigen Erfolg ein paar Jahre später in den 50ern.

Quellen:

  • Walter Scharf – „50 Jahre Bayer 04 – Die Geschichte eines Sportvereins“
  • Matthias Bauschen – „100 Jahre Bayer 04 – Die Geschichte eines einzigartigen Sportvereins“
  • Werner Röhrig – Gesammelte Zeitungsausschnitte aus 100 Jahren Bayer 04 Leverkusen (Bayer 04 – Archiv)