„Das Gegentor tut weh, weil die Ergebniskonstellation gefährlich bleibt“, resümierte Kapitän Lars Bender nach Abpfiff. „Aber Fakt ist, dass wir in Porto auch voll auf Sieg spielen, um da gar nichts anbrennen zu lassen.“
Für Bayer 04 war es nach dem „Abstieg“ aus der Champions League die erste Partie in der Europa League, aber bei dieser Begegnung gegen einen hochkarätigen Gegner war den Besuchern in der BayArena schnell klar: Hier riecht es noch nach Königsklasse. Dafür veränderte Chefcoach Peter Bosz seine Startelf auf vier Positionen: Links in der Viererkette durfte Daley Sinkgraven für Wendell ran, außerdem kamen Charles Aránguiz (als alleiniger Sechser) und Kerem Demirbay (auf der Acht an der Seite von Nadiem Amiri) neu in die Elf. Lars Bender rückte wieder nach rechts. Jonathan Tah und Mitchell Weiser saßen auf der Bank. In der Offensive startete Lucas Alario anstelle von Leon Bailey, Kevin Volland rückte dadurch auf die linke Außenbahn. Die beiden Edeljoker aus dem Union-Spiel fehlten im Aufgebot: Karim Bellarabi musste aufgrund einer Erkältung passen, Moussa Diaby weilte in Frankreich, weil seine Partnerin ein Kind erwartet.
An einem Tag, an dem der Fußball in den Hintergrund ein wenig in den Hintergrund rückte, begann die Partie zunächst mit einer Schweigeminute für die Opfer des schrecklichen Anschlags in Hanau, zu deren Gedenken beide Mannschaften mit Trauerflor aufliefen. Ein Transparent in der BayArena fasste in Worte, was viele anlässlich des Karnevals verkleidete Fans untermalten: Leverkusen ist bunt!
Der zu Beginn wolkenbruchartige Regen in Leverkusen machte beiden Mannschaften die Sache erst einmal nicht gerade leicht, ein geordnetes Kombinationsspiel aufzuziehen. Zunächst spielte sich die Partie hauptsächlich im Mittelfeld ab. Die im 4-3-3-System angeordnete Werkself kontrollierte die Partie, Porto stand tief und strukturiert. So dauerte es 17 Minuten bis zur ersten Chance - aber die hatte es dann so richtig in sich: Einen herrlichen Diagonalball von Kerem Demirbay legte Kevin Volland in den Rücken der Abwehr, wo Kai Havertz zum Abschluss kam und die Kugel an die Latte setzte. Auch der noch abgefälschte Demirbay-Nachschuss flog nur knapp am Kasten vorbei. Schade, dieser Spielzug hätte definitiv einen Treffer verdient gehabt!
Doch auch ohne das 1:0 im Rücken übernahm Bayer 04 nun zunehmend das Kommando und schnürte das portugiesische Spitzenteam teilweise regelrecht am Strafraum ein. Kam Porto doch einmal zu Umschaltaktionen, arbeitete die Werkself exzellent gegen den Ball und sorgte dafür, dass die Gäste nicht einmal ansatzweise kontrolliert ins letzte Drittel gelangten. Die Führung für die Bosz-Elf war somit folgerichtig: Kerem Demirbay verlängerte eine klasse Flanke von Lars Bender per Kopf an den zweiten Pfosten, wo sich Lucas Alario davongeschlichen hatte und den Ball locker in die Maschen drückte (29.). Der Videoschiedsrichter sorgte noch kurz für Irritationen und nahm den Treffer erst fälschlicherweise zurück, doch die Entscheidung wurde wieder rückgängig gemacht - an diesem Tor gab es nichts auszusetzen, 1:0 für Bayer 04.
Es dauerte bis zur 35. Minute, ehe Lukas Hradecky bei nasskaltem Wetter erstmals eine Art Aufwärmübung absolvieren durfte: Einen Distanzschuss von Sergio Oliveira hatte der Finne im Werkself-Tor aber sicher. Die Schwarz-Roten gaben das Heft des Handelns allerdings nicht aus der Hand: Kerem Demirbay setzte einen Freistoß aus aussichtsreicher Position über das Tor (37.), Lucas Alario köpfte eine Freistoßflanke von Nadiem Amiri links vorbei (40.). So wirklich gefährlich für Bayer 04 wurde es erst kurz vor der Pause. Uribe feuerte einen fulminanten Schuss in Richtung rechtes Kreuzeck, doch Lukas Hradecky zeigte eine exzellente Flugparade (43.). Doch nicht unterkühlt! Wenig später ging es für den Schlussmann gemeinsam mit den 21 anderen Akteuren und einer verdienten Werkself-Führung in die trockene Kabine.
Nach dem Seitenwechsel ergriffen die nun geforderten Gäste stärker die Initiative. Am Ende einer brenzligen Szene im Werkself-Strafraum parierte Lukas Hradecky einen Kopfball von Sergio Oliveira (51.). Doch in die bis dato stärkste Phase Portos hinein stach die Werkself zu: Charles Aránguiz schlug einen überragenden Ball in den Lauf von Kevin Volland, der seinen Gegenspieler Manafa im anhaltenden Dauerregen so richtig nassmachte. Portos Abwehrspieler wusste sich nicht anders zu helfen und brachte den durchgebrochenen Werkself-Angreifer im Strafraum zu Fall. Klarer Fall: Elfmeter. Nun wurde es ein wenig kurios: Kai Havertz trat an und scheiterte an Portos Keeper Marchesin. Weil dieser sich allerdings noch vor dem Schuss mit beiden Füßen von der Torlinie wegbewegt hatte, ließ Schiedsrichter Vincic den Elfmeter regelkonform wiederholen. Und Kai Havertz? Der schien gar keine Nerven zu haben, trat ein zweites Mal an und verwandelte diesmal ganz cool zum 2:0 (57.). Ganz schön abgebrüht, Kai!
Die Werkself blieb nun am Drücker und kam zu weiteren Chancen: Nadiem Amiri scheiterte nach einem Konter an Marchesin (60.), ein Schuss von Kerem Demirbay flog links vorbei (69.). Allerdings agierte auch Porto nun deutlich offensiver als noch im ersten Durchgang - und zeigte seine immense Qualität bei Standardsituationen: Alex Telles schlug eine Freistoßflanke von rechts mit ganz viel Zug an den Fünfmeterraum, wo der eingewechselte Zé Luis zum Kopfball kam. Lukas Hradecky riss reflexartig noch die Arme nach oben, kam so tatsächlich noch an den Ball - doch es half nichts mehr: Auf der Linie berührte Luis Diaz den Ball noch einmal mit der Schulter, die Kugel wäre aber wohl auch ohne sein Zutun ins Tor gefallen - Auswärtstreffer für Porto (73.).
Bayer 04 reagierte trotz des Rückschlags völlig unbeeindruckt und spielte weiter munter nach vorne. Nadiem Amiri traf den Ball beim Fallrückzieher nicht voll, nur wenige Momente später schoss Kai Havertz am Ende einer exzellenten One-Touch-Kombination am Tor vorbei (75.). Zwar spielte Porto nun auch durchaus gefällig mit, doch gefährlich wurde fast nur die Werkself. Lucas Alario verpasste eine langgezogene Havertz-Flanke nur knapp (79.), ein Schuss von Nadiem Amiri war zu harmlos (83.). Porto hatte zwar einige im Ansatz gute Angriffe, prallte aber häufig an der hochkonzentrierten Werkself-Abwehr ab und hatte im zweiten Durchgang nur noch eine nennenswerte Chance: Uribe nickte in der Nachspielzeit eine Flanke am Tor vorbei.
Es sollte die letzte Möglichkeit der Partie bleiben, Bayer 04 nimmt einen verdienten 2:1-Erfolg mit ins Rückspiel am kommenden Donnerstag in Porto (27. Februar, Anpfiff 18.55 Uhr), ist aber auch gewarnt: mit einer 0:1-Niederlage in Portugal wäre die Werkself ausgeschieden. Zuvor steht aber das nächste Heimspiel an: In der Bundesliga empfängt Bayer 04 am Sonntag (15.30 Uhr) den FC Augsburg.
Die Statistik:
Bayer 04: Hradecky – L. Bender, S. Bender, Tapsoba, Sinkgraven - Aránguiz (72. Baumgartlinger) -Amiri, Demirbay - Havertz, Volland (90.+4 Paulinho) - Alario (79. Bailey)
FC Porto: Marchesin - Manafa (61. Nakajima), Mbemba, Marcano, Alex Telles - Uribe, Sergio Oliveira - Corona, Luis Diaz (77. Danilo) - Soares (63. Zé Luis), Marega
Tore: 1:0 Alario (29.), 2:0 Havertz (57., Foulelfmeter), 2:1 Luis Diaz (73.)
Schiedsrichter: Slavko Vincic (Slowenien)
Gelbe Karten: Demirbay - Corona, Manafa, Uribe, Marcano
Zuschauer: 26.838
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