Dr. Malte Krüger – Wie fit ist die Werkself?

Der Mann weiß genau, ob Karim Bellarabi, Kevin Volland und Moussa Diaby im Training an ihre Leistungsgrenze gegangen sind. Bei wem im Winter die Vitamin-D-Werte zu niedrig sind und deshalb Muskelverletzungen drohen. Und welcher Spieler nicht ganz fit ist und geschont werden sollte. Dr. Malte Krüger ist Sportwissenschaftler – und ein wichtiger Baustein für die Trainingssteuerung bei der Werkself.
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Wie fit sind die Profis beim Trainingsauftakt? Wer ist angeschlagen? Wie gut läuft die Regeneration nach Belastungsspitzen? Wie sorgt man dafür, dass die aufgeputschten Fußballer nach einem Abendspiel voller Adrenalin in den Schlaf finden? Auf all diese Fragen hat Dr. Malte Krüger eine Antwort. Der 37-jährige Wuppertaler ist bei der Werkself Leitender Sportwissenschaftler in der Direktion Medizin von Dr. Karl-Heinrich Dittmar.

Aber wofür braucht man einen promovierten Sportwissenschaftler, wenn die Medizinische Abteilung von Bayer 04 doch über Ärzte, Physiotherapeuten, Masseure und Psychologen verfügt, die sich intensiv um jeden Spieler kümmern? Das liegt auch an der Trainingsphilosophie von Peter Bosz. Krüger: „Trainer Bosz liebt es kurz und knackig.“ Und das bedeutet für Krüger und sein Team, dass sie die körperliche Belastung der Profis ständig im Auge behalten und Rückmeldungen ans Trainerteam geben.

Als Peter Bosz während der Saisonvorbereitung im Sommer 2019 in Zell am See die Profis nur am Vormittag hart, aber konzentriert auf dem Platz arbeiten ließ, wunderten sich viele Medien. So wenig Training? Wellness-Urlaub im Salzburger Land? Die BILD-Zeitung titelte hingegen: „Nur ein Training am Tag: Trainer Bosz erklärt seinen Power-Plan“. Ja, am liebsten lässt Peter Bosz nur eine Einheit am Tag trainieren, die hat es aber in sich. Die Profis werden an ihre Leistungsgrenzen gebracht. „Einmal 100 Prozent sind besser als zweimal 50 oder sogar 60 Prozent“, so die Philosophie von Bosz.

Zeitliche Spielräume für die Regeneration

Die Einheiten sind so hart, dass eine zweite Trainingseinheit das Verletzungsrisiko zu stark erhöhen könnte. Bosz‘ Trainingsstrategie, die auch europäische Topvereine wie Barcelona und Chelsea anwenden, steigert nicht nur die Kondition, sondern schafft zeitliche Spielräume. So hat die Mannschaft mehr Zeit für Spieltaktik, Video-Analysen und Standardsituationen – und für die Regeneration. Und die ist besonders wichtig, damit die Profis zu den Spieltagen wieder topfit sind. Doch wie soll Bosz wissen, ob seine Spieler ihre Leistungsgrenzen im Training erreichen?

Da kommt Dr. Malte Krüger ins Spiel. Zum Saisonbeginn wird jeder Spieler rund drei Stunden auf Herz und Nieren getestet. So wird ein großes Blutbild erstellt, das weit „größer“ ist als bei jedem Normalsportler. Auf dem Laufband sind die Profis mit Atemmaske unterwegs, um die Zusammensetzung der ausgeatmeten Luft zu analysieren. Sie gibt Aufschluss, wie der Körper den Sauerstoff verarbeitet, Kohlenhydrate und Fett abbaut. Auch Mineralienwerte wie der Vitamin-D-Gehalt sind wichtig. „Ist der Vitamin-D-Gehalt zu niedrig, drohen Muskelverletzungen“, so Krüger. Auch der Körper, der Muskelapparat, Bewegungsabläufe werden untersucht. Kondition und Fitness. Marker im Blut zeigen an, in welchem Zustand sich ein Spieler befindet. Der gläserne Fußballer.

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Auf dem Laufband:Julian Baumgartlinger und Co. werden bei den leistungsdiagnostischen Tests auf Herz und Nieren geprüft.

Doch die Leistungsdiagnostik zum Saisonbeginn und nach der Winterpause sind nur der Anfang. Bei jedem Training erfasst Krüger individuelle Leistungswerte jedes Spielers. So überträgt ein GPS-Sender, der auf dem Rücken befestigt ist, Leistungsparameter auf sein Laptop. „Wie viele Kilometer läuft ein Spieler, wie viele Sprints und Sprünge macht er, wie stark beschleunigt und bremst ein Spieler, Drehbewegungen und Tempo: All das halten wir in Echtzeit fest und können dem Trainerteam sogar während der Übungen signalisieren, welcher Spieler zu wenig belastet wird und welcher vielleicht überlastet wird, was zu Verletzungen führen kann“, so Krüger.

Das Heranführen an Belastungsgrenzen sollen u.a. Ausdauer und Kraft steigern und das konditionelle Profil verbessern. „Die höhere Belastungsverträglichkeit, die überschwelligen Reize, sollen dafür sorgen, dass die Spieler mehr Luft haben und auch nach der 70. Minute so viel Kraft und Frische haben, dass sie wenig Fehler machen. Das steigert die Wahrscheinlichkeit für sportliche Erfolge“, erklärt Krüger den Sinn der Belastungssteuerung. Dass wir über Hochleistungssport reden, wird spätestens klar, als Krüger von den Ersatzspielern spricht. „Auch diese trainieren unter der Woche so, dass sie zum Spiel topfit sind. Wenn sie aber nicht eingesetzt werden, fehlt die Hauptbelastung am Samstag. Wir müssen diese Höchstbelastung eines Spiels im Training zumindest teilweise nachholen.“ Das Ziel: Auch die Ersatzspieler sollen im gleichen Rhythmus aus Belastung und Regeneration bleiben.

Kooperation mit der Deutschen Sporthochschule

Und wo lernt man Belastungsmonitoring, wie man Spieler so genau einschätzen und ihr Training individuell steuern kann? An der Deutschen Sporthochschule Köln natürlich. Dort hat Krüger am Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik studiert sowie promoviert und schon 2009 Kontakt mit den Bayer 04-Profis gehabt. Denn die Werkself kooperiert schon seit vielen Jahren mit der Sporthochschule und profitiert von den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaftler. Dr. Krüger wurde Leiter der Hochschulkooperation mit Bayer und wechselte Anfang 2019 ganz unter das Bayer-Kreuz.

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Mann der Daten: Dr. Malte Krüger erfasst Leistungs- und Belastungswerte von jedem Spieler bei jedem Training.

Und wie sieht ein typischer Arbeitstag des Sportwissenschaftlers aus? Spätestens zwei Stunden vor Trainingsbeginn ist Krüger im Stadion, checkt für jeden Spieler die aktuellen Leistungs- und Belastungswerte und bespricht sich mit Mannschaftsärzten, Physiotherapeuten und dem Trainerteam. So wird die individuelle Trainingsbelastung für jeden Spieler festgelegt. Während des Trainings beobachtet Krüger die Spieler und wertet live die Trainingsdaten aus. So kann das Trainerteam die Belastung nachsteuern, wenn das notwendig ist.

Und nun zurück zur Ausgangsfrage: Was können Spieler tun, die nach einem Spiel vollgepumpt sind mit Adrenalin und nicht schlafen können? „Die können zum Beispiel in die Kältekammer gehen. Das mögen zwar besonders unsere Südamerikaner nicht. Aber so können unter anderem Stresshormone schneller abgebaut und die Entspannung damit gefördert werden. Und Schlaf ist nun mal das beste Rezept zum Regenerieren.“ Gut zu wissen.

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