Von Cardiff nach Leverkusen und zurück

Es dürfte kaum einen Bayer 04-Fan geben, der eine weitere Anreise zu den Heimspielen der Werkself hat als er. Wenn Mark Evans sich auf den Weg nach Leverkusen macht, liegen rund 800 Kilometer vor ihm. 800 Kilometer, die er ziemlich regelmäßig mit dem Auto fährt. Die Geschichte eines ungewöhnlichen Fans, dessen Leidenschaft für Bayer 04 schon vor 30 Jahren begann.
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Meistens steigt der 56-jährige Waliser aus Cardiff vor einem normalen Samstagnachmittag-Spiel schon am frühen Donnerstagabend in sein blaues 420er BMW-Coupé. Marks erstes Etappenziel ist Dover. An Newport vorbei führt seine Strecke über die Prince-of-Wales-Bridge weiter über Bristol, Swindon, Reading und das südliche London nach Dover. „Bis hierhin ist der Weg echt blöd, weil der Verkehr in England eine Katastrophe ist“, sagt Mark. Kurz nach Mitternacht setzt er mit der Fähre über nach Calais. „Ab hier wird es entspannter.“ Weiter geht‘s über Dunkerque, Brügge, Gent, Brüssel, Lüttich bis Aachen, wo Mark ein, zwei Stunden Pause macht. Wenn er nach gut elfstündiger Fahrt am frühen Freitagmorgen in Leverkusen ankommt, steigt er meistens im Best Western Hotel ab. Dann ist erst einmal Schlafen angesagt.

Warum um alles in der Welt Bayer 04?

Es ist eine herrlich verrückte Beziehung, die zwischen Mark und Bayer 04. Eine Beziehung, die schon vor 30 Jahren entstanden ist. 1992 war Mark als britischer Soldat in Paderborn stationiert. Viele seiner Kameraden fuhren damals am Wochenende nach Gelsenkirchen oder Dortmund ins Stadion. Und ja, viele waren auch Fans des FC Bayern. Mark aber machte sich Ende März auf den Weg nach Leverkusen, sah sich im Ulrich-Haberland-Stadion das Spiel zwischen Bayer 04 und dem VfL Bochum an. Die Werkself gewann durch ein Eigentor von Rob Reekers und einen von Martin Kree verwandelten Elfmeter mit 2:0. Kein spektakuläres Spiel. Im Stadion nur knapp 10.000 Zuschauer. Und doch der Beginn einer großen Leidenschaft. Mark fuhr nun regelmäßig nach Leverkusen. „Warum um alles in der Welt Bayer 04?“, fragten ihn seine Freunde. „Die konnten es kaum glauben, aber ich mochte einfach das Stadion, die Fans, den Fußball von Bayer 04. Für mich war das jetzt mein Verein in Deutschland.“ So einfach war das. „Und immerhin spielten damals Männer wie Ulf Kirsten, Andy Thom, Jorginho, Ioan Lupescu und Rüdiger Vollborn in der Mannschaft“, sagt Mark. „Das war eine richtig coole Truppe.“ Am Ende der Saison wurde das Team von Trainer Reinhard Saftig Sechster, verspielte nur durch eine ärgerliche 1:2-Niederlage gegen den VfB Stuttgart am letzten Spieltag Platz 4. Die Bayern und der FC Schalke landeten übrigens auf den Rängen 10 und 11.

Mark, der damals die Offizierslaufbahn eingeschlagen hatte, kickte nebenbei selbst als linker Verteidiger beim Viertligisten TuS Paderborn-Neuhaus, dem Vorgängerverein des SC Paderborn. Mit seinem Trainer fuhr er 1993 zum DFB-Pokalfinale nach Berlin und bejubelte dort den ersten nationalen Titel von Bayer 04. „Mein Coach kannte einige Werkself-Spieler persönlich, wie Paulo Sergio, der später einige Male nach Paderborn kam und uns besuchte“, erzählt Mark. Er selbst hat im Laufe der Jahre etliche weitere Bayer 04-Profis kennengelernt. Ze Roberto, Carsten Ramelow, Lucio, Dimitar Berbatov, Heung-Min Son und andere mehr. „Und das ist genau das, was ich an diesem Klub so schätze: das Familiäre, die Fans, diese Nähe zu Mannschaft und Verantwortlichen. Es sind die Leute, die ich hier treffe, die diesen Klub zu einer Herzenssache für mich machen.“

„Für Schwarz-Rot ist mir kein Weg zu weit“

Acht Jahre lang blieb Mark in Paderborn stationiert. Vorher war er bereits drei Jahre in Wolfenbüttel gewesen. 2002 kehrte er nach zwei Jahren in England noch einmal für einige Zeit nach Paderborn-Sennelager zurück. Leverkusen lag zwar nicht direkt um die Ecke, aber verglichen mit den 800 Kilometern, die er heute regelmäßig abreißt, waren die 180 Kilometer von Sennelager zur BayArena ein Katzensprung. „Viele Leute fragen mich immer: Warum nimmst du nicht den Flieger? Aber ich fahre einfach gerne Auto. Ich find’s bequemer und weil ich insgesamt fast 15 Jahre in Deutschland gelebt habe, macht mir auch die Umstellung auf den Rechtsverkehr überhaupt nichts aus.“

Manchmal nimmt er seine Lebensgefährtin oder seine Tochter Emily mit nach Leverkusen, inzwischen auch häufiger mal seinen Freund Billy, den er damals in Paderborn bei der Armee mit dem Bayer 04-Virus infiziert hat. Billy lebt in Schottland und ist Mitglied im UK-Fanclub der Werkself, der sich vor vier Jahren gegründet hat und dem mittlerweile 75 Mitglieder angehören. Auch Mark zählt natürlich dazu. „Ich habe 26 Jahre lang fast nie einen Briten in der BayArena getroffen, jetzt sind fast immer einige Fans aus dem UK in Leverkusen und auch bei Auswärtsspielen“, sagt Mark. Er selbst war in dieser Saison schon beim Pokalaus in Elversberg vor Ort und zuletzt in der Bundesliga beim Heimspiel gegen den SC Freiburg. „Ja, das alles ist schon ein bisschen crazy“, sagt Mark und muss schmunzeln. „Aber für Schwarz-Rot ist mir eben kein Weg zu weit. Ich find‘s einfach klasse, dass dieser kleine Klub es geschafft hat, fast regelmäßig in der Champions League zu spielen. Und ich stelle fest, dass der Name Bayer 04 in Wales und England und im gesamten UK viel größer geworden ist.“

In der Fanszene bekannt wie ein bunter Hund

Bis zu zehn Mal pro Saison fährt Mark allein die Strecke Cardiff – Leverkusen – Cardiff. Vor dem Anpfiff in der BayArena trifft er sich mit Freunden wie Oliver „Wuppi“ Willutzki, einem der NK12-Vorsitzenden. Ein ausgiebiger Besuch im „Stadioneck“ an der Bismarckstraße gehört zum Pflichtprogramm. Längst ist Mark in der Leverkusener Fanszene und in der Nordkurve bekannt wie ein bunter Hund. Wie viele Tausende von Kilometern er in all den 30 Jahren schon insgesamt gefahren ist, um Schwarz-Rot zu unterstützen? Er führt kein Buch darüber. Aber ein paar Weltumrundungen dürften es gewesen sein. Und die Kosten? „Ach, lass uns das Thema wechseln“, sagt er und winkt mit einem breiten Lachen ab.

Mark ist nicht nur Fan der Werkself, sondern auch Anhänger von Manchester United. Er besitzt eine Dauerkarte für die Spiele im Old Trafford. Cardiff – Manchester: Gut, das sind nur schlappe 600 Kilometer hin und zurück. Kein Vergleich mit Leverkusen. Und überhaupt: „In der Bundesliga sind die Tickets viel billiger, die Atmosphäre ist besser und das Bier auch.“ Das sind natürlich Argumente. Und trotzdem schwärmt Mark vor allem von zwei Spielen in Schottland, die ihm besonders unter die Haut gegangen sind. „Unser 3:1-Sieg im Ibrox gegen die Glasgow Rangers kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie und das 4:0 der Werkself im Celtic Park vor einem Jahr waren von der Stimmung her absolute Highlights. Das ist Fußball-Atmosphäre wie ich sie liebe.“

In den nächsten Wochen muss Mark fantechnisch ein bisschen auf die Bremse treten, weil ihn berufliche Dinge fordern. Als Major der britischen Armee ist er inzwischen für das Museum seines Regiments verantwortlich. Sein Arbeitsplatz ist unter anderem das Cardiff Castle, die mittelalterliche Burg im Zentrum der walisischen Hauptstadt. Hier sind über 300 Jahre alte historische Uniformen und Waffen ausgestellt. Militärgeschichte ist neben Fußball Marks zweites großes Hobby. Und dem kann er Gott sei Dank ganz ohne weite Reisen nachgehen.

Foto: Mark Evans (l.) und Freund Billy

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