Der 18. August 2017 ist der Tag der Eröffnungsspiele für Alexander Fangmann: Wie so viele andere Bayer 04-Fans fiebert er dem Saisonauftakt seines Herzensklubs bei Rekordmeister Bayern München entgegen. Den Anstoß der neuen Bundesliga-Saison wird Fangmann aber nicht live miterleben können, denn nur rund eine Stunde vor Anpfiff in der Allianz-Arena führt der 32-Jährige die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft gegen Italien als Kapitän aufs Feld – zum Eröffnungsspiel der Europameisterschaft in Berlin.
Es ist das erste große Turnier auf deutschem Boden – eine bedeutende Sache für Fangmann, denn er ist seit der ersten Stunde dabei im deutschen Blindenfußball. Alles begann 2006, als im Rahmen der Fußball-WM ein Workshop zum in Deutschland bis dahin gänzlich unbesetzten Thema Blindenfußball stattfand. Fangmann nahm teil und war sofort Feuer und Flamme. Er leistete Pionierarbeit, baute Strukturen auf und übernahm so ganz nebenbei die Rolle des Spielführers der neugegründeten Nationalmannschaft.
Schließlich konnte es nicht angehen, dass in einer derart fußballverrückten Nation noch keiner von der Sportart, die im Fünf-gegen-Fünf mit vier blinden Feldspielern und einem sehenden Torwart sowie einer Rassel im Ball gespielt wird, gehört hatte – während in anderen europäischen Nationen schon seit teilweise 20 Jahren erfolgreich Blindenfußball gespielt wurde. Mittlerweile, zehn Jahre nach Gründung der Nationalmannschaft, ist Fangmann ihr Rekordspieler und -torschütze und mit dem MTV Stuttgart fünffacher deutscher Meister in der 2008 gegründeten Bundesliga.
Auch die Kapitänsbinde der deutschen Auswahl trägt er nach wie vor und macht es so einem seiner Kindheitsidole gleich: Den heutigen Bayer 04-Sportdirektor Rudi Völler konnte Fangmann bei der Weltmeisterschaft 1990 noch spielen sehen, bevor er in Folge einer Netzhautablösung im Alter von acht Jahren sein Augenlicht verlor. Fußball spielte und verfolgte er weiterhin mit Begeisterung, schwärmte für Völler, inzwischen für Bayer 04 im Einsatz, und dessen Sturmpartner Ulf Kirsten – und war fortan Leverkusen-Fan. Nicht gerade üblich, denn Fangmann stammt aus Niedersachsen, wo die Anhänger der Werkself eher rar gesät waren. „Da war ich schon ein Exot, aber ich fand das cool“, erzählt Fangmann, als Blinder auf der Sehenden-Schule quasi ein Exot in doppelter Hinsicht.
Seine erste Saison als Werkself-Fan hätte 1996 beinahe mit dem Abstieg geendet. „Die Leistungen wurden dann aber bald immer besser und mit dem attraktiven Offensivfußball, den die Mannschaft gespielt hat, konnte man immer gut angeben“, lacht er. Auch die Tatsache, dass Bayer 04 im Jahr 1999 als erster Verein in Deutschland im Stadion die Blindenreportage einführte, verstärkte seine Sympathien für die Schwarz-Roten. „Das hat mir sehr zugesagt. Durch die Spielbeschreibung der Reporter war man total dicht dran“, sagt Fangmann, der die über 200 Kilometer nach Leverkusen als Jugendlicher mehrmals pro Saison auf sich nahm, um die Werkself von den Sehbehindertenplätzen auf der Südtribüne der BayArena aus zu unterstützen.
Seit es Fangmann aufgrund des Studiums in den Süden der Republik verschlagen hat, schafft er es – zu seinem eigenen Bedauern – nur noch selten ins Stadion. Sein letztes Heimspiel liegt bereits über fünf Jahre zurück, ein 4:1 über den FC Augsburg im Februar 2012, Stefan Kießling traf damals doppelt. Über Radio und Fernsehen ist er trotzdem live dabei, so oft es geht. „Ich lasse vieles stehen und liegen, um ein Spiel zu verfolgen, wenn ich nicht gerade selbst trainiere oder spiele.“ Wenn die Werkself Auswärtsspiele in der Nähe bestreitet, ist er aber auch häufig vor Ort – gerade in Stuttgart, wo er mittlerweile sesshaft geworden und nach dem abgeschlossenen Studium an der Uni Tübingen auf der Suche nach einem Job im Online-Journalismus ist. Das gestaltet sich durchaus schwierig, wie Fangmann erzählt. „Ich bin eben nicht der perfekte Videojournalist“, sagt er nicht ohne Selbstironie.
Wäre er in einem anderen Land geboren, könnte er einen nicht geringen Teil seines Lebensunterhalts durch sein Hobby bestreiten. In England oder Spanien, erzählt Fangmann, sind die Blindenfußballer Profis, ihr Verdienst ist vergleichbar mit den Spielerinnen der deutschen Frauen-Bundesliga. Die türkischen Nationalspieler erhielten für den Gewinn der Europameisterschaft 2015 umgerechnet sogar stolze 30.000 Euro vom Staat, in Deutschland hingegen fließen keine relevanten Summen, höchstens Aufwandsentschädigungen. Umso stolzer macht es Alexander Fangmann, dass kürzlich in Testspielen sowohl England als auch die Türkei besiegt wurden. Generell hat sich die Arbeit, die in den deutschen Blindenfußball gesteckt wird, in den vergangenen drei bis vier Jahren intensiviert, Training und Strukturen werden immer professioneller. In Vorbereitung auf die Heim-EM, die vom 18. bis 26. August in Berlin-Kreuzberg stattfindet, standen für Fangmann und die Nationalmannschaft im Winter erstmals auch Fitness-und Leistungstests sowie Einheiten mit einem Athletik-Coach an.
Das soll sich nun auch in einem entsprechenden Ergebnis bei der Europameisterschaft niederschlagen. Ziel ist das Erreichen des Halbfinals. Damit würde sich das deutsche Team für die Weltmeisterschaft qualifizieren, die im kommenden Jahr in Spanien stattfindet. „Wenn wir schon im Halbfinale sind, wollen wir aber natürlich auch gewinnen“, sagt Fangmann optimistisch. Mindestens ebenso wichtig ist ihm aber, dass das Event an sich gut organisiert und gut besucht sein wird. Vor allem auf die vielen Zuschauer, die sich aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis angekündigt haben, freut er sich.
Nach Abpfiff des Eröffnungsspiels gegen Italien müssen die sich aber erst einmal gedulden. Denn schließlich will Alexander Fangmann noch seine Werkself, der er in der neuen Saison die Rückkehr ins internationale Geschäft zutraut, beim Auftritt gegen die Bayern anfeuern. „Zum Glück ist das Mannschaftshotel direkt gegenüber des Platzes. Da wird schnell geduscht, damit ich es noch zur zweiten Halbzeit schaffe“, sagt er.
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