Chefcoach Heiko Herrlich hatte eine ausgiebige Rotation angekündigt – und nahm im Vergleich zur vergangenen Bundesliga-Begegnung mit dem VfB Stuttgart gleich zehn Veränderungen in der Startelf vor, in der lediglich Charles Aránguiz seinen Platz behielt. Der Chilene führte das Team auch als Kapitän an. Für zwei Spieler war es sogar eine Premiere: Panagiotis Retsos, der in der Sommervorbereitung erst einen Mittelhandbruch und dann einen Sehnen-Teilriss im Oberschenkel erlitten hatte, kam gegen Rasgrad zu seinem Saisondebüt. Für Jungprofi Sam Schreck bedeutete die Nominierung sogar ein komplettes Novum: Erstmals bestritt der 19-jährige Mittelfeldspieler ein Pflichtspiel mit den Profis. Auch der ein Jahr jüngere Paulinho stand wie schon im Hinspiel bei Ludogorets in der Anfangsformation. Taktisch sortierte sich das bei der Werkself diesmal in einem 4-1-4-1 ein.
Zu Beginn war der kräftig umgekrempelten Bayer 04-Auswahl die Spur Lockerheit anzumerken, die der vorzeitige Einzug ins Sechzehntelfinale nach dem Sieg gegen Zürich mit sich gebracht hat. Nicht einmal 90 Sekunden dauerte es bis zum ersten Abschluss: Lucas Alario, der diesmal zurückgezogen agierte, probierte es aus gut 20 Metern mit einem flachen Schlenzer aufs Eck, die Kugel strich einen halben Meter am Pfosten vorbei (2.). Zwei Minuten später erneut der Argentinier, als er den Ball nach Baileys abgefälschter Flanke über den Torhüter, aber auch deutlich über das Tor lupfte. Den Kopfball von Kiese Thelin packte sich Rasgrads Torhüter Renan locker (6.). Bayer 04 bestimmte die Partie eindeutig, wobei Aránguiz sich als zentraler Ballverteiler und geschickter Tempoverlagerer verdient machte.
Die Bulgaren hatten zunächst reichlich Mühe, sich überhaupt mal aus der Umklammerung zu befreien. Allerdings leistete sich Bayer 04 im letzten Drittel deutlich zu viele einfache Ballverluste, um den Gegner dauerhaft zu beschäftigen und ernstlich in Bedrängnis zu bringen. Ganz bitter dann: Panos Retsos zog sich ohne gegnerische Einwirkung eine Muskelverletzung am hinten linkeren Oberschenkel zu und humpelte sichtlich geknickt vom Platz (30.). Julian Baumgartlinger kam für den Griechen ins Spiel – und Bayer 04 stellte fortan auf Dreierkette um mit Weiser, Dragovic und Wendell. Paulinho kam noch mal aus spitzem Winkel zum Schuss (40.), ein Freistoß von Aránguiz strich über den Kasten (45.) – das war's in Hälfte eins.
Nach dem Wechsel, jetzt mit Baumgartlinger als Kapitän, gab Debütant Sam Schreck den ersten Versuch ab – drüber (48.). Leon Bailey, nun deutlich umtriebiger als noch vor der Pause, setzte sich im Strafraum gegen drei Bulgaren durch, verfehlte das Tor aber mit seinem Linksschuss klar (51.). Wendell feuerte aus dem Hinterhalt mit Schmackes ab, Renan faustete den wuchtig getretenen Ball aus dem Eck (56.). Wenig später kam der „erste“ Kapitän der Werkself ins Spiel: Lars Bender löste Aránguiz ab (63.).
Bayer 04 intensivierte erkennbar die Bemühungen, durfte sich aber beim bis dahin überhaupt noch nicht geprüften Ramazan Özcan bedanken, der gegen den allein vor ihm auftauchenden Swierczok mit dem Fuß gedankenschnell einen Gegentreffer verhinderte (68.). Unmittelbar danach war der Keeper indes ohne jede Chance: Marcelinho setzte sich im Strafraum durch und spitzelte die Kugel am Österreicher vorbei – 0:1, die Gäste führten überraschend (69.). Heiko Herrlich nahm seinen dritten Wechsel vor, brachte Kai Havertz für Schreck (73.).
Bailey tat sich die dicke Chance zum Ausgleich auf, ein Bulgare blockte seinen Rechtsschuss vom Elfmeterpunkt gerade noch ab, womöglich sogar mit der Hand. Der anschließende Nachschuss von Havertz rauschte knapp drüber (80.). Rasgrad rührte Beton ab, brachte Innenverteidiger Nedyalkov für Stürmer Swierczok (82.). Doch das half nicht gegen die energische Schlusoffensive der Werkself. Mitchell Weiser gelang nach einer Bailey-Ecke aus fast unmöglichem Winkel mit einem strammen Schuss unter die Latte das hochverdiente 1:1 (85.) – ältere Fans werden spontan an das Tor von Lothar Emmerich bei der WM 1966 gedacht haben. Sofort danach tat sich Aleks Dragovic die Chance zur Führung auf, der Ball trudelte knapp am Pfosten vorbei (86.). In der dreiminütigen Nachspielzeit versuchten sich Kiese Thelin und Alario noch mal im Abschluss – ohne Erfolg. Da Zürich daheim Larnaka überraschend mit 1:2 unterlag, kann Bayer 04 das Remis locker verschmerzen und führt die Gruppe A nun mit einem Punkt Vorsprung an.
Für Bayer 04 geht es in der Bundesliga mit der abschließenden Partie des 13. Spieltags am Montag, 3. Dezember, um 20.30 Uhr beim Aufsteiger 1. FC Nürnberg weiter.
Die Statistik:
Bayer 04: Özcan – Weiser, Retsos (34. Baumgartlinger), Dragovic, Wendell – Aránguiz (63. L. Bender) – Schreck (73. Havertz), Paulinho, Alario, Bailey – Kiese Thelin
Ludogorets Rasgrad: Renan – Cicinho, Moti, Terziev, Rafael Forster – Dyakov, Sasha (89. Bakalov) – Joao Paulo (63. Marcelinho), Goralski, Wanderson – Swierczok (82. Nedyalkov)
Tore: 0:1 Marcelinho (69.), 1:1 Weiser (85.)
Schiedsrichter: Dennis Higler (Niederlande)
Gelbe Karten: Weiser, Kiese Thelin – Moti
Zuschauer: 16.066
Rüdiger Vollborn ist seit 40 Jahren im Klub, mit 401 Bundesliga-Einsätzen der Rekordspieler des Klubs und hat als einziger Bayer 04-Profi sowohl den UEFA-Cup (1988) als auch den DFB-Pokal (1993) gewonnen. Und auch nach seiner beeindruckenden Profi-Karriere blieb der gebürtige Berliner dem Werksklub weiter erhalten, arbeitete fortan neun Jahre als Torwarttrainer. Inzwischen ist Vollborn unterm Bayer-Kreuz als Fanbeauftragter und Klub-Archivar tätig. Seit Februar 2021 nimmt das personalisierte schwarz-rote Lexikon die Werkself-Fans in der Rubrik „Rudi erzählt...“ monatlich mit auf eine kleine Reise in die Geschichte von Bayer 04.
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