Mit Rot-Weiss Essen ist es ein bisschen wie mit dem 1. FC Saarbrücken in der vergangenen Saison: Die Liga, in der das Team spielt, entspricht nicht dem wahren Leistungsniveau der Mannschaft. Bei dem Traditionsverein aus dem Ruhrgebiet handelt es sich eigentlich nur auf dem Papier um einen Regionalligisten, die Ambitionen des Vereins sind weitaus höher. So war der Aufstieg in die 3. Liga bereits vor der Saison das erklärte Ziel, das durch die Verpflichtung von Trainer Christian Neidhart untermauert worden ist. Der wurde schließlich vom SV Meppen losgeeist – einem Team, das eben in dieser 3. Liga spielt und damit eine Klasse höher als Essen. Doch bei RWE haben sie eben viel vor – und der Klub befindet sich auf einem guten Weg. In der Regionalliga West belegt das Team mit 54 Zählern (bei einem Spiel weniger) den zweiten Tabellenplatz und befindet sich an der Spitze in einem Zweikampf mit der Zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund (56 Punkte). Am kommenden Samstag steht das Gipfeltreffen zwischen beiden Teams an.
Zuvor aber tritt RWE bekanntlich gegen die Werkself an – und hier kommt die nächste Parallele zu Saarbrücken ins Spiel. Denn auch Essen hat sich in dieser Saison zum Pokalschreck für höherklassige Teams gemausert. In der ersten Runde gelang ein 1:0 gegen Bundesligist Arminia Bielefeld, in der 2. Runde ein 3:2 gegen Zweitliga-Spitzenteam Fortuna Düsseldorf. Um Essen aus dem Wettbewerb zu nehmen, muss Bayer 04 dem Viertligisten die erste Saison-Niederlage überhaupt beibringen. Bislang ist RWE in dieser Spielzeit – und damit seit Neidharts Amtsantritt – noch gänzlich ungeschlagen in Pflichtspielen.
Die Ambitionen auf höherklassigen Fußball, die in Essen gehegt werden, macht auch der Kader deutlich. In den Reihen von RWE befinden sich einige Akteure, die eine Vergangenheit in der 2. Liga oder sogar Bundesliga mitgewirkt haben. Mittelfeld-Routinier Dennis Grote etwa bestritt für den VfL Bochum ganze 69 Bundesligaspiele und erzielte zwei seiner sechs Tore gegen den FC Bayern. Stammtorhüter Daniel Davari stieg 2013 mit Eintracht Braunschweig in die deutsche Beletage auf und war in der Bundesliga-Saison der Niedersachsen ebenfalls die Nummer eins. Der Keeper bestritt darüber hinaus vier Länderspiele für den Iran und fuhr 2014 mit der Nationalmannschaft sogar zur Weltmeisterschaft nach Brasilien.
Auch darüber hinaus finden sich im Essener Kader zahlreiche Akteure, die im Nachwuchsbereich von Bundesligisten ausgebildet wurden. Mittelfeldspieler Cedric Harenbrock etwa durchlief fast alle Jugendmannschaften von Bayer 04 und ist jetzt Essens zweitbester Torschütze in dieser Saison. Auch sein Teamkollege Amara Condé verbrachte einst sechs Jahre am Kurtekotten.
Am meisten aufpassen muss die Werkself aber wohl auf einen, der keinem Leistungszentrum entstammt und noch nie höherklassig gespielt hat: Mittelstürmer Simon Engelmann spielt bereits seit 2010 mit nur einem halben Jahr Unterbrechung in der Regionalliga West – und knipst dort, wie er will. In den vergangenen beiden Jahren wurde er im Dress des SV Rödinghausen jeweils Torschützenkönig der Liga, nach seinem Wechsel bei Essen steht er schon wieder bei 20 Treffern in 22 Spielen und führt das Klassement deutlich an. Zuletzt gelang dem 31-Jährigen wieder ein Doppelpack beim 2:0 über den Bonner SC, natürlich hat er auch in beiden Pokalspielen jeweils getroffen. Als er im Sommer nach Essen wechselte, soll er laut RWE-Sportdirektor Jörn Nowak „bei diversen höherklassigen Vereinen auf dem Zettel“ gestanden haben. Wenn Engelmann so weitermacht, dürfte er wohl bald doch noch drittklassig spielen – mindestens.
Viele Schwierigkeiten hat RWE angesichts einer bislang niederlagenlosen Saison, Platz eins in der Regionalliga und gleich zwei Überraschungs-Coups im DFB-Pokal natürlich nicht. Wer nach „Problemchen“ suchen möchte, könnte vielleicht auf die relative Abhängigkeit von Top-Stürmer Engelmann hinweisen. 20 von 48 Saisontoren gehen auf das Konto des Mittelstürmers, dahinter finden sich in der internen Torschützenliste zunächst Mittelfeldspieler. Gerade von den Außenstürmern im Essener 4-1-4-1 könnte mehr Gefahr ausgehen, die beiden Rechtsaußen Joshua Endres und Isaiah Young kommen zusammen nur auf ein Saisontor. Solange man einen so verlässlichen Stürmer im Zentrum hat, fällt aber auch das nicht allzu schwer ins Gewicht.
Bayer 04 ist in jedem Fall gewarnt: Diese Essener Mannschaft ist viel besser, als es die Liga vermuten lässt. Mehr als nur realistisch erscheint, dass RWE nach zwölf Jahren Viertklassigkeit in dieser Saison wieder den Sprung zurück in den eingleisigen Fußball schafft und dort dann ebenfalls eine gute Rolle spielen kann. Und auch im Pokal hat Neidharts Team durchaus die Qualität, der Werkself das Leben schwerzumachen.
Rüdiger Vollborn ist seit 40 Jahren im Klub, mit 401 Bundesliga-Einsätzen der Rekordspieler des Klubs und hat als einziger Bayer 04-Profi sowohl den UEFA-Cup (1988) als auch den DFB-Pokal (1993) gewonnen. Und auch nach seiner beeindruckenden Profi-Karriere blieb der gebürtige Berliner dem Werksklub weiter erhalten, arbeitete fortan neun Jahre als Torwarttrainer. Inzwischen ist Vollborn unterm Bayer-Kreuz als Fanbeauftragter und Klub-Archivar tätig. Seit Februar 2021 nimmt das personalisierte schwarz-rote Lexikon die Werkself-Fans in der Rubrik „Rudi erzählt...“ monatlich mit auf eine kleine Reise in die Geschichte von Bayer 04.
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