FCS-Experte: Von Lottner zu Kwasniok hat Sinn gemacht

Diesem Spiel haben alle Leverkusener entgegengefiebert. In dieser Woche sollte das Halbfinale im DFB-Pokal beim 1. FC Saarbrücken über die Bühne gehen – doch die Coronavirus-Pandemie hat der Werkself und seinen Anhängern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber was für ein Gegner hätte dem Team von Cheftrainer Peter Bosz gegenübergestanden? Wir haben uns mit einem Experten über den FCS unterhalten.
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Das Kapitel 3. Liga war mit dem Abstieg 2014 nach vier Spielzeiten erst einmal beendet. Fortan hat sich der 1. FC Saarbrücken daran versucht, in die Drittklassigkeit zurückzukehren – bislang jedoch ohne Erfolg. In dieser Saison, die wegen der Coronavirus-Pandemie aktuell bis auf Weiteres ausgesetzt ist, sieht es mit Platz 1 in der Regionalliga Südwest aber vielversprechend aus, das Ziel Aufstieg bei einer Fortsetzung der Spielzeit letztlich zu erreichen.

Doch nicht nur im Ligabetrieb läuft es für die Blau-Schwarzen: Für bundesweites Aufsehen sorgten sie vor allem im DFB-Pokal, warfen unter anderem die Bundesligisten 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf aus dem Wettbewerb. Als erster Viertligist überhaupt steht der FCS im Halbfinale – und wurde Bayer 04 zugelost.

Patric Cordier begleitet den FCS seit über 25 Jahren journalistisch – seit zwölf Jahren als freier Journalist für die Saarbrücker Zeitung – und hat in dieser Zeit laut eigener Aussage nur eine Handvoll Pflichtspiele der Saarbrücker verpasst. Der 51-Jährige spricht unter anderem über den überraschenden Trainerwechsel im Dezember 2019, die Väter des Aufschwungs und die Sehnsucht nach dem Duell mit der Werkself.

Herr Cordier, heute stieg auch der FCS unter Sicherheitsauflagen wieder in das Training ein. Sie waren als einer von vier ausgewählten Journalisten vor Ort. Wie sah die Einheit aus?
Die Mannschaft hat in sechs Vierer-Gruppen in einem Drei-Schicht-System auf zwei Plätzen trainiert. Der Verein hat dabei alle Hygiene-Hinweise der DFL und die Vorgaben der lokalen Behörden sehr konsequent durchgesetzt – sei es die Abstandsregeln, keine Zuschauer etc. Das Team hat vorrangig leichte Lauf- und Ballübungen absolviert. Viel wichtiger war aber, dass man allen die Freude angesehen hat, endlich wieder auf dem Rasen trainieren zu dürfen.

Wie bewerten Sie den Saisonverlauf der Saarbrücker bis zur Spielpause aufgrund der Coronavirus-Pandemie?
Der 1. FC Saarbrücken war und ist, wie schon in den Jahren zuvor, wieder der große Titelfavorit. Der Verein gab vor dem Saisonstart den Aufstieg als Ziel aus. Dem wurde und wird alles untergeordnet. Von daher ist der erste Platz nicht verwunderlich – die Leistung im DFB-Pokal aber natürlich allemal.

Sie sprechen es an. Der Regionalligist setzte sich unter anderem gegen den 1. FC Köln (3:2) und Fortuna Düsseldorf (7:6 n.E.) durch.
Ich stand mit einigen Kollegen in den Schlussminuten des Viertelfinales am Spielfeldrand, und wir waren uns einig: Das ist Sportgeschichte! In der 1. Runde kann ein Amateurverein – auch wenn der FCS eher einem Profiklub gleicht – mal weiterkommen. Danach sollten die Bundesligisten aber gewarnt sein. Nun steht Saarbrücken als erster Viertligist überhaupt im Halbfinale. Alle sehnen das Spiel gegen Bayer 04 herbei. Auch wenn die Qualität der Mannschaft nochmal höher ist als die der bisherigen Gegner – wieso sollte der Saarbrücker Traum nicht weiter gehen?

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FCS-Torhüter Daniel Batz hielt im DFB-Pokalspiel gegen Fortuna Düsseldorf fünf Elfmeter.

Welche Akteure sind in dieser Saison die Schlüsselspieler beim FCS?
Die Mannschaft ist für diese Liga insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Das fängt mit Daniel Batz im Tor an. Er hat mit seinen fünf gehaltenen Elfmetern gegen Düsseldorf in den Medien eine Aufmerksamkeit erreicht, die für einen Regionalliga-Torwart außergewöhnlich ist. Davor bilden Christopher Schorch und Boné Uaferro eine stabile Abwehr. Im Mittelfeld ist Eigengewächs und Kapitän Manuel Zeitz da, Steven Zellner macht den Allrounder und vorne schießt Sebastian Jacob die Tore (17 in 19 Ligaspielen, Anm. d. Red.). Auch wenn ich die Antwort als Journalist selbst nicht gerne höre, muss ich sagen: Den FCS zeichnet das Mannschafts- und Gesamtgefüge aus.

Dirk Lottner war auch mal Spieler bei Bayer 04 (1997 bis 1999). Wie kam es nach dreieinhalb Jahren Zusammenarbeit mit dem FCS und trotz Tabellenführung zu der Trennung vom Cheftrainer im Dezember?
In der Vereinsführung war man von der Spielweise und der taktischen Ausrichtung mit der Dreierkette nicht mehr überzeugt. Im Anschluss an die 0:1-Niederlage beim Verfolger TSV Steinbach (30. November 2019, Anm. d. Red.) hat das letztlich auch zur Entlassung geführt. Er hat hier über dreieinhalb Jahre gute Arbeit geleistet. Aber die Aufgabe war einzig und allein, aufzusteigen – und daran ist er gescheitert. Dem Ziel wurde am Ende alles untergeordnet. Auch Dirk Lottner. Die Veränderung – auch wenn es vielerorts komisch beäugt worden ist, als Spitzenreiter den Trainer zu entlassen – hat schon Sinn gemacht. Der Verein hat mit Nachfolger Lukas Kwasniok einen neuen Impuls gesetzt.

Aus der Entfernung betrachtet scheint Lukas Kwasniok ein durchaus charismatischer Cheftrainer zu sein. Was zeichnet ihn aus? Welchen Anteil hat er am Höhenflug in DFB-Pokal und Meisterschaft?
Er ist im besten Sinne ein Fußballlehrer und versucht in jeder Trainingseinheit, seine Spieler weiterzuentwickeln. Er kann auch mal lautstark über den Platz brüllen und erklärt die Dinge im nächsten Moment dann sachlich. Letztlich ist er ein sehr akribischer Arbeiter mit einem Arbeitstag, der gefühlt 22 Stunden umfasst.

Welche anderen Väter hat der Aufschwung in Saarbrücken?
Der heutige Sportliche Leiter Marcus Mann ist mit dem FCS 2010 als Spieler und Kapitän in die 3. Liga aufgestiegen und weist eine hohe Identifikation mit dem Verein auf. Er ist ein ruhiger und akribischer Arbeiter, der sehr gut vernetzt ist. Geschäftsführer David Fischer hat zur Professionalisierung im Umfeld beigetragen. Mit Mann und auch Vize-Präsident Dieter Ferner ist eine gewisse Ruhe in den Verein eingekehrt, die bei einem Traditionsverein heutzutage nicht immer gegeben ist. Das ist für uns Journalisten mitunter auch schade, da nicht mehr so viele Informationen wie zuvor durchsickern (lacht). Es zahlt sich aus, dass Präsident und Hauptsponsor Hartmut Ostermann – der mit seiner Hotelkette hier den Fußball auf diesem Niveau überhaupt erst ermöglicht – den Experten freie Hand lässt.

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Der Austragungsort der DFB-Pokalspiele des FCS: Das Hermann-Neuberger-Stadion in Völklingen.

Nochmal kurz ein Rückblick auf die bisherigen Pokalspiele: Welchen Anteil hatte die Atmosphäre in Völklingen an den Pokal-Ergebnissen?
Für Bundesliga-Mannschaften ist es sicher ein Kulturschock. Sie kommen in ein halbes Stadion, denken sich mit Sicherheit: „Auf welchem Dorfsportplatz bin ich denn jetzt gelandet?“ Auf der einen Seite gibt es keine Tribüne. Nur einen Bach, dahinter ein Schwimmbad. Wir haben vor der Auslosung gescherzt: Hoffentlich wird es der FC Bayern. Die steigen vorne aus dem Bus aus, schauen sich das Stadion an und steigen direkt hinten wieder ein.

Der FCS ist nach Völklingen ins Hermann-Neuberger-Stadion gegangen, weil der Ludwigspark umgebaut wird. Wie ist der Stand bei dem Stadionprojekt?
Die Fans haben den Traum und die Hoffnung, dass ihre Mannschaft in der kommenden Spielzeit in der 3. Liga dort spielt. Auch, wenn das Stadion noch nicht ganz fertig sein sollte. Für sie ist diese Pokal-Saison nach den schwierigen Jahren mit dem Abstieg und verpassten Aufstiegen Balsam für die Seele. Und für viele ist es mit Sicherheit ein körperlicher Schmerz, beim Spiel gegen Bayer 04 aufgrund der Pandemie nicht live in Völklingen dabei sein zu können.

Hat der Verein vielleicht auch vor dem Hintergrund des Stadionumbaus eine Perspektive, wieder in den bezahlten Fußball – sprich: Bundesliga oder 2. Liga – zurückzukehren?
Durch die Pokal-Saison hat der FCS – auch nach der einen oder anderen negativen Schlagzeile in den vergangenen Jahren – bundesweit für Aufsehen gesorgt und wieder einige Sympathisanten dazugewonnen. Wie Aufsteiger Waldhof Mannheim (derzeit Zweiter in der 3. Liga, Anm. d. Red.) könnte sicherlich auch Saarbrücken in der 3. Liga vorne mitspielen. Da gehört zwar am Ende immer eine Portion Glück dazu, aber das Potenzial, auch für die 2. Bundesliga, ist vorhanden. Mit den handelnden Personen ist man auf einem guten Weg, die Geduld war zuletzt da – und jetzt gilt es, dass sich der FCS mit dem Aufstieg und vielleicht dem DFB-Pokalfinale belohnt.

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Journalist Patric Cordier (r.) im Gespräch mit FCS-Cheftrainer Lukas Kwasniok. Foto: Schlichter
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