Aus Mainz 05 wurde am Dienstagabend Mainz 5:0: Auswärts bei Werder Bremen feierte der FSV einen in dieser Höhe überraschenden wie begeisternden Kantersieg – und stellte damit sogar einen Vereinsrekord auf: Die abendliche Galavorstellung sorgte für den höchsten Auswärtssieg in der Mainzer Bundesliga-Geschichte, überhaupt haben die Nullfünfer im Oberhaus noch nie höher gewonnen. Bemerkenswert vor allem angesichts der Tatsache, dass das 5:0 in Bremen unter anderem ein Spiel von der Spitze der Mainzer Bestenliste verdrängte, das nicht einmal einen Monat alt war: Ende November hatten die Rheinhessen auswärts bei 1899 Hoffenheim mit 5:1 gewonnen – und das trotz einer kompletten Hälfte in Unterzahl. Es war damals ein Einstand nach Maß für Achim Beierlorzer, der kurz zuvor als Cheftrainer übernommen und die Nachfolge von Sandro Schwarz angetreten hatte. Nun also im fünften Spiel unter Beierlorzer schon das zweite Offensivfeuerwerk der Mainzer, die unter ihrem neuen Coach so richtig heiß laufen. Seit der 52-Jährige am Ruder ist, haben sich die Rheinhessen ein wenig aus der Abstiegszone lösen können und stehen nun auf Rang 14 mit vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz – dort, wo Beierlorzer das Team beim Amtsantritt tabellarisch vorgefunden hatte.
Mann des Dienstagabends war ohne Zweifel Robin Quaison: Der schwedische Angreifer erzielte gleich drei Tore – so viele wie noch nie in der Bundesliga. Quaison besticht vor allen Dingen durch Tempo und Technik. Und: Er könnte gegen die Werkself unter Umständen wieder einen lange vermissten Partner zur Seite gestellt bekommen. Jean-Philippe Mateta verpasste durch einen Meniskusriss fast die gesamte Hinrunde. Beim 0:4 gegen Dortmund reichte es beim Franzosen für einen ersten Kurzeinsatz in dieser Saison, in Bremen immerhin schon für 23 Minuten – und gleich das erste Tor zum 5:0-Endstand. Matetas Torgefahr fügt der unter Beierlorzer ohnehin schon gut geölten Mainzer Offensive eine weitere Dimension hinzu, schließlich markierte der großgewachsene Mittelstürmer in der Vorsaison ganze 14 Tore in der Bundesliga. Und noch nicht genug der Angriffspower: Für das Spiel gegen Bayer 04 könnte auch Karim Onisiwo in den Kader der Nullfünfer zurückkehren. Der wuchtige Österreicher verpasste die vergangenen beiden Spiele aufgrund von Knie-Problemen, könnte aber rechtzeitig zum Hinrundenabschluss wieder fit werden. Der einzige Stammspieler, der sicher ausfallen wird, ist Mittelfeldakteur Danny Latza. Dem Antreiber macht eine Rückenverletzung zu schaffen.
So gut es vor dem gegnerischen Tor auch läuft – die Achillesferse der Mainzer ist in dieser Saison die Defensive. Bereits 38 Gegentreffer kassierten die Rheinhessen, einzig Werder Bremen musste mehr einstecken. Vor allem gegen die Top-Teams der Liga zeigte sich die Mainzer Abwehrreihe überfordert: Sechs Gegentore gab es von den Bayern, acht von Leipzig, zuletzt konnte auch Beierlorzer nicht verhindern, dass Dortmund viermal ins Schwarze traf. Offensiv teilweise furios, defensiv oft anfällig: Die Mainzer Saison ist ein stetes „hopp oder topp“. Als einzige Mannschaft in der gesamten Liga haben die Nullfünfer nach 16 Spieltagen noch kein einziges Unentschieden auf ihrem Konto. Ein wenig Defensiv-Hoffnung gibt es für die Partie gegen die Werkself: Innenverteidiger Jeremiah St. Juste steht nach abgesessener Gelb-Sperre wieder zur Verfügung.
Wie bereits in den vergangenen Jahren hat Mainz eine einzigartige Mischung im Kader: Spieler aus zahlreichen verschiedenen Nationen an der Seite von Talenten aus der eigenen Nachwuchsakademie. Gegen Bremen standen gleich fünf Eigengewächse im Mainzer Kader, insgesamt versammelten sich elf Staatsangehörigkeiten. Das verdeutlicht die zwei sehr erfolgreichen Mainzer Standbeine: Die seit langer Zeit hervorragende Nachwuchsförderung und das von Sportvorstand Rouven Schröder verantwortete Scouting-Netzwerk, aus dem Mainz immer wieder entwicklungsfähige Spieler anlockt, die in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen. Auf diese Weise spülten in den vergangenen Jahren Abdou Diallo (nach Dortmund, inzwischen PSG) und Jean-Philippe Gbamin (zum FC Everton) reichlich Geld in die Kassen; Akteure wie Mateta oder Innenverteidiger Moussa Niakhaté könnten bald folgen.
Seit mittlerweile über zehn Jahren hält sich Mainz trotz bescheidener Mittel in der Bundesliga – und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich daran auch im kommenden Frühjahr nichts ändert. Wie auch in den vergangenen drei Jahren spielt der FSV in erster Linie gegen den Abstieg, doch die Qualität des Kaders ist groß genug, um dieses Ziel auch in dieser Saison wieder zu erreichen. Essenziell für das Vorhaben dürfte werden, ob es Beierlorzer gelingt, die Defensive zu stabilisieren. Gelingt das, sollte dem Klassenerhalt nichts im Wege stehen.
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