
Viel Zeit, die Tabellenführung auszukosten, bleibt bei Borussia Mönchengladbach derzeit gar nicht. Seit der Länderspielpause jagt eine Herausforderung die nächste: Erst in Dortmund, dann in Rom, anschließend gegen Frankfurt, dann schon wieder in Dortmund – und am Samstag in der BayArena. Ereignisreiche Tage mit ereignisreichen Spielen liegen hinter der Borussia. In der Bundesliga verteidigten die Fohlen am Sonntag ihre Tabellenführung durch ein spektakuläres 4:2 über Eintracht Frankfurt. Das Team von Trainer Marco Rose liegt bereits seit Anfang Oktober ganz vorne in der deutschen Eliteliga, derzeit einen Punkt vor dem FC Bayern. Aus dem DFB-Pokal musste sich die Borussia am Mittwochabend hingegen verabschieden. Bei Borussia Dortmund führten die Gladbacher zwar bis zur 77. Spielminute, doch der Ex-Leverkusener Julian Brandt kegelte Sommer & Co. mit einem Doppelpack noch aus dem Wettbewerb. Noch nicht ganz so erfolgreich verliefen außerdem bislang die Mönchengladbacher Auftritte in der Europa League: Nach dem 0:4 gegen den Wolfsberger AC zum Auftakt reichte es in den beiden folgenden Auswärtsspielen bei Basaksehir und der AS Rom jeweils nur zu einem 1:1 und damit bislang noch zu keinem Sieg. Aber: Die Mannschaft zeigte stets Moral, glich sowohl in der Türkei als auch in der italienischen Hauptstadt jeweils in der Nachspielzeit aus.
Marco Rose, zuvor bereits bei RB Salzburg hochgradig erfolgreich, brachte im Sommer eine klare Spielphilosophie mit an den Niederrhein – und die geht bislang auf. Mönchengladbach agiert zumeist im 4-3-3 mit drei Mittelfeldspielern, die in erster Linie das Zentrum des Spielfelds kontrollieren sollen. Schlüsselspieler für dieses Vorhaben: der Schweizer Denis Zakaria (im Bild oben). Der 22-Jährige spielt auf der „Sechs“ eine bislang herausragende Saison, ist für zahlreiche Ballgewinne verantwortlich und auch für die Spieleröffnung ein wichtiger Taktgeber. Vor dem Dreier-Mittelfeld lässt Rose in der Regel noch einen Dreier-Sturm auflaufen, wobei sich Neuzugang Breel Embolo oft auf die Spielmacher-Position fallen lässt und das Mittelfeld-Trio zur Raute ergänzt. Gerade offensiv hat Rose viele personelle Optionen, neben Embolo überzeugten bislang auch die beiden Franzosen Alassane Plea und Marcus Thuram, die beiden besten Torschützen der Borussia in dieser Saison. Und: Gegen Bayer 04 kann Rose auch wieder auf ein ganz wichtiges Puzzlestück zurückgreifen - seinen Kapitän. Gut ein halbes Jahr hatte Lars Stindl mit einem Schienbeinbruch gefehlt, kam somit erst Mitte Oktober zu seinen ersten Minuten unter Rose. Bis zum Mittwoch agierte der 31-Jährige nur als Einwechselspieler, machte als solcher aber gleich auf sich aufmerksam: In Rom erzielte er vom Elfmeterpunkt den späten Ausgleich, gegen Frankfurt legte er einen Treffer auf. Beim Pokalspiel in Dortmund lief Stindl nun erstmals nach seiner Verletzung von Beginn an auf und hielt gleich 90 Minuten durch. Gut möglich, dass Stindl am Samstag in der BayArena sein Startelf-Comeback in der Bundesliga geben wird.
Stindls Einsatzchancen sind auch deshalb so hoch, weil Mönchengladbach derzeit von einigen Verletzungssorgen geplagt wird. Am Sonntag gegen Frankfurt musste Embolo früh ausgewechselt werden, er ist für die Partie in Leverkusen ebenso fraglich wie Sturmkollege Plea, beide standen in Dortmund nicht im Kader. Dazu fehlen Fabian Johnson und Raffael bereits seit Längerem. Und nicht nur in der Offensive ist die Borussia personell ausgedünnt, auch ganz hinten drückt der Schuh, nachdem gegen Frankfurt nicht nur Embolo, sondern auch Innenverteidiger Tony Jantschke vorzeitig vom Platz musste. „Es zeigt, dass wir am Limit sind und nicht überdrehen dürfen“, meinte Rose. Nach dieser Maxime handelte er auch im Fall Matthias Ginter. Trotz der Personalnot in der Innenverteidigung schickte Rose den Nationalspieler im Pokalspiel gegen Dortmund nach überstandener Schulterverletzung noch nicht zurück auf den Platz, hielt ihn für den Notfall aber auf der Bank bereit und ließ, da auch Jantschke fehlte, den 19-jährigen Louis Beyer von Beginn an ran. Ginters Rückkehr soll am Samstag in der BayArena erfolgen, aber wie für viele andere Fohlen-Spieler gilt: Sicher ist der Einsatz noch nicht.
Die Entscheidung schien auf den ersten Blick unpopulär - doch sie scheint zu fruchten: Obwohl Mönchengladbach unter Dieter Hecking durchaus erfolgreich spielte und erst am letzten Spieltag der vergangenen Saison von der Werkself aus den Champions-League-Rängen gekegelt wurde, entschieden sich die Verantwortlichen noch deutlich vor Ende der Saison dafür, in die Spielzeit 2019/20 mit einem neuen Trainer gehen zu wollen: Rose statt Hecking. Die Maßnahme war eher ausgelegt auf den mittel- und langfristigen Erfolg des Teams. Rose, bereits seit Jahren von zahlreichen Bundesligisten umworben, stellt diesen Erfolg nun bereits kurzfristig ein. Mit vielen entwicklungsfähigen Spielern an Bord wird Mönchengladbach unter dem neuen Trainer in Zukunft also noch einiges zuzutrauen sein.
Borussia Mönchengladbach kämpft am Samstag in Leverkusen darum, eine weitere Woche an der Spitze der Bundesliga verbringen zu können. Langfristig dürfte es sicherlich schwierig werden, den Konkurrenten aus München hinter sich zu halten - doch wenn sich das Gladbacher Lazarett lichten sollte, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Borussia schlechter werden sollte. Nachdem die Fohlen in der vergangenen Saison noch knapp scheiterten, sind die Voraussetzungen für einen Einzug in die Königsklasse nun vielversprechend.


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