Durch das 0:0 bei der TSG 1899 Hoffenheim am Ostersonntag konnte die SpVgg Greuther Fürth den Abstieg zumindest noch einmal um eine Woche verschieben. Vier Spieltage vor Saisonende beträgt der Abstand des Tabellenletzten auf den Relegationsplatz elf Punkte. Nur mit einem Sieg gegen Bayer 04 am Samstag würde das Kleeblatt immerhin noch die theoretische Chance auf den Klassenerhalt wahren – allerdings auch dann nur bei einem entsprechenden Ausgang des Spiels zwischen dem Tabellenfünfzehnten Hertha BSC und dem Sechzehnten Stuttgart. Selbst unter den größten Fans der Franken dürfte es kaum noch jemanden geben, der tatsächlich an eine Rettung in letzter Minute glaubt. Sie käme einem (Fußball-)Wunder gleich. Seit acht Spielen sind die Fürther sieglos, in den vergangenen vier Partien erzielten sie keinen einzigen Treffer und stellten damit einen Vereinsnegativrekord in der Bundesliga ein.
Dabei zeigt ein Blick auf die Rückrundentabelle, dass der Aufsteiger durchaus bessere Chancen auf den Klassenerhalt hätte haben können. In diesem Jahr sammelte das Team von Trainer Stefan Leitl immerhin schon zwölf Punkte, und damit sieben Zähler mehr als in der kompletten Hinrunde. Platz 15 bedeutet dies aktuell in der Rückrunde. In den letzten vier Spielen blieb das Team zwar torlos, verlor aber nur gegen Borussia Mönchengladbach (0:2) und holte drei Remis gegen den SC Freiburg, Eintracht Frankfurt und eben Hoffenheim. „Am Ende haben wir uns vielleicht sogar mehr erhofft, weil wir ein wirklich gutes Spiel gezeigt haben“, sagte Stürmer Branimir Hrgota nach dem 0:0 bei der TSG.
Wie so oft im Laufe dieser Saison plagen Stefan Leitl auch im Endspurt arge personelle Probleme. In Sinsheim musste Stürmer Havard Nielsen schon nach elf Minuten wegen einer Muskelverletzung vom Platz. Der 28-jährige Norweger wird wohl gegen Bayer 04 nicht mitwirken können. Ein dickes Fragezeichen steht auch hinter den Einsätzen der drei Mittelfeldspieler Jeremy Dudziak (Achillessehnenprobleme), Paul Seguin (Muskelfaserriss) und Max Christiansen (muskuläre Probleme). Zudem fehlte am Mittwoch auch Abwehrchef Nick Viergever im Training, sein Einsatz am Samstag ist aber nicht ausgeschlossen. Der rechte Verteidiger Marco Meyerhöfer fällt wegen seines in Frankfurt erlittenen Knöchelbruchs mehrere Monate aus. Definitiv fehlen wird darüber hinaus der gelbgesperrte Abwehrspieler Maximilian Bauer. Immerhin konnten in den vergangenen Partien die lange Zeit Verletzten Gideon Jung und Jessic Ngankam wieder einige Minuten Spielpraxis sammeln. Letzterer hatte sich im Juli 2021 das Kreuzband gerissen und feierte nach monatelanger Pause beim 0:2 gegen Mönchengladbach ein gelungenes Comeback als Joker im Angriff. „Man hat gesehen, dass er ein Junge mit großem Potenzial ist“, lobte Leitl den 21-Jährigen, der von Hertha BSC ausgeliehen ist.
Fürths Coach hat nach der 1:6-Heimpleite gegen RB Leipzig Mitte März taktisch umgestellt und lässt seitdem mit Dreierkette spielen, die bei gegnerischem Ballbesitz auf den Außenpositionen von Gian-Lucca Itter (links) und Simon Asta oder wie zuletzt in Sinsheim vom nominellen Stürmer Jamie Leweling (rechts) zur Fünferkette ausgebaut wird. Ein System, das erkennbar für deutlich mehr defensive Stabilität bei den Grün-Weißen gesorgt hat. Nur zwei Gegentore musste Keeper Andreas Linde in den vergangenen vier Spielen hinnehmen. Auf der Sechser-Position hat der junge, im Winter von Borussia Dortmund verpflichtete Tobias Raschl (22) bislang überzeugt. Für die offensiven Akzente im Mittelfeld sind vor allem der US-Amerikaner Julian Green und Timothy Tillmann zuständig. Vorne war Kapitän Branimir Hrgota hingegen zuletzt oft auf sich alleine gestellt. Der 29-jährige Schwede ist mit acht Treffern und vier Vorlagen bester Torschütze und Scorer seines Teams.
Hinten erstmal die Schotten dicht machen, so lautete in den vergangenen Wochen das Motto der Kleeblätter, mit dem sie gut gefahren sind. „Wir standen sehr kompakt und haben sehr wenig zugelassen“, sagte Leitl nach dem 0:0 im Kraichgau. Der Trainer sieht die Fortschritte seines Teams vor allem „im disziplinierten Spiel gegen den Ball“ und betont: „Der Weg, den wir in der Rückrunde beschritten haben, ist äußerst positiv.“
Die hinzugewonnene Stabilität in der Defensivarbeit hat freilich auch eine Schattenseite. In den vergangenen acht Spielen erzielten die Fürther nur vier Treffer, darunter ein Eigentor des Bochumers Bella Kotchap. Insgesamt kommen die Grün-Weißen auf magere 24 Saisontore. Nur die Bielefelder trafen noch einmal weniger. Bezeichnend auch, dass Torjäger Hrgota fünf seiner acht Tore per Elfmeter erzielte. Aus dem Spiel heraus entwickelt das Kleeblatt einfach zu wenig Torgefahr. Beleg dafür sind unter anderem die nur 284 Torschüsse und 252 Flanken, womit die Franken auch in dieser Statistik den letzten bzw. vorletzten Platz einnehmen.
Dass die SpVgg Greuther Fürth in der Saison 2022/23 wieder in der 2. Bundesliga spielen wird, daran zweifeln wohl auch die größten Optimisten am Sportpark Ronhof nicht mehr. Vielleicht wird der Abstieg schon am Samstag nach dem Spiel gegen die Werkself besiegelt sein. Wie dem auch sei: In der Rückrunde haben die Franken bewiesen, dass sie durchaus auch im deutschen Oberhaus konkurrenzfähig sind. Einen realistischen Blick auf die eigene Situation hatten sie in Fürth ohnehin schon immer. „Viele hatten wohl erwartet, dass wir nach der Vorrunde mit nur fünf Zählern auseinanderfallen würden“, schreibt Geschäftsführer Holger Schwiewagner in der aktuellen Ausgabe des Kleeblatt-Magazins. „Doch die Politik der ruhigen Hand, verbunden mit akribischer und harter Arbeit, hat gezeigt, wozu wir in Fürth fähig sind. Dass wir dabei immer wieder an die Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen, liegt in der Natur der Sache.“ In den letzten beiden Heimspielen dieser Saison gegen Bayer 04 und Borussia Dortmund wollen die Grün-Weißen noch einmal beweisen, dass sie sich auf Augenhöhe mit diesen Gegnern bewegen können.
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