Auch Kerem Demirbay vermochte es nicht zu fassen, dass die Werkself in diesem Duell keinen Dreier dingfest gemacht hatte: „Ich weiß gar nicht, wie ich es formulieren soll: Wir haben die Freiburger in Grund und Boden gespielt, und es ist einfach der Wahnsinn, dass der Gegner hier was mitnehmen darf. Zwei total verschenkte Punkte.“
Peter Bosz nahm im Vergleich zur Partie beim VfL Wolfsburg nur einen Wechsel in seiner Anfangsformation vor: Für Kai Havertz (Muskelfaserriss im Oberschenkel) rückte Moussa Diaby ins Team. Für den 20-jährigen Franzosen war es zugleich der erste Startelf-Einsatz in einem Pflichtspiel für Bayer 04. Neben Havertz musste die Werkself auf vier weitere Profis verzichten: Joel Pohjanpalo (Innenbandanriss im Sprunggelenk), Daley Sinkgraven (Aufbautraining nach Muskel-Sehnen-Verletzung), Leon Bailey (Rot-Sperre) – und auch Julian Baumgartlinger, bei dem muskuläre Probleme kurzfristig ein Mitwirken gegen die Freiburger verhinderten. Kapitän Lars Bender saß zunächst auf der Bank.
Dass die Leverkusener gegen das Überraschungsteam aus dem Breisgau mit reichlich Widerstand zu rechnen hatten, war allen in Schwarz und Rot schon vorab klar: Wer Leipzig, Frankfurt und Hoffenheim schlägt, Dortmund einen Punkt abringt und noch dazu die zweitbeste Defensive der Liga mit lediglich zwölf Gegentoren stellt, der rechnet sich auch in der BayArena etwas aus. Die Partie nahm sofort mächtig Fahrt auf. Gerade mal 33 Sekunden dauerte es, bis die Werkself ihren Gegner erstmals in der Abwehr beschäftigte: Beim Abschluss von Kevin Volland nach Flanke Diaby war noch ein Freiburger Abwehrbein dazwischen. Dann eine kuriose Szene: Freiburgs Keeper Flekken rutschte beim Abstoß weg, bewegte den Ball nur einen Tick und musste den Ball dann noch mal spielen, um vor Bellarabi zu klären, was einen indirekten Freistoß für Bayer 04 aus neun Metern nach sich zog. Kerem Demirbay nahm sich der Sache an, sein Versuch wurde von Höfler noch an die Latte gelenkt, der Nachschuss von Karim Bellarabi rauschte über den Querbalken – das hätte es schon sein können für die Hausherren (3.).
Der Treffer fiel kurz darauf aber auf der anderen Seite. Nach einer Ecke von Günter von rechts schlich sich Höler im Rücken von Aránguiz weg, stand am zweiten Pfosten ganz blank und traf per Kopf gegen den chancenlosen Hradecky zum 1:0 für die Freiburger (5.). Erstmals nach zuvor vier Begegnungen ohne Gegentor gegen den Sport-Club hatte Bayer 04 somit wieder einen Gegentreffer kassiert. Sonderlich lange brauchten die Gastgeber indes nicht, um diesen Nackenschlag abzuschütteln. Klasse, wie Moussa Diaby am linken Flügel zwei Freiburger mit einer frechen Körpertäuschung ins Leere laufen ließ, bis zur Grundlinie vorstieß und scharf nach innen passte, wo Heintz seinen eigenen Torhüter beinahe zum Ausgleich überwunden hätte (16.).
Kurz darauf war schon Feierabend für Mitchell Weiser, der nach einer Aktion gegen Günter im Rasen hängen blieb und mit einer Verletzung am Sprunggelenk humpelnd vom Platz geführt werden musste. Für den Rechtsverteidiger kam Lars Bender ins Spiel (26.). Zuvor hatte Bellarabi mit links auf kurze Eck gezogen, Flekken tauchte rechtzeitig ab (24.). Freiburgs Schlussmann war auch bestens im Bilde, als Nadiem Amiri Diaby mit einem hervorragenden Zuspiel in Szene setzte und Flekken gegen den Franzosen geschickt den Winkel verkürzte und so parieren konnte (28.). Wenig später verfehlten Amiri (31.) und Diaby (33.) von der Strafraumgrenze jeweils deutlich.
Dann endlich befreiter Jubel in der BayArena: Nach Pass von Demirbay verschaffte sich Moussa Diaby mit feiner Ballannahme den entscheidenden Raum und traf flach mit links aus 20 Metern ins lange Eck zum verdienten Ausgleich (36.) – der erste Bundesliga-Treffer für den 20-jährigen Flügelspieler. Bayer 04 blieb klar am Drücker: Bellarabi zog mit Wucht ab, Flekken riss rechtzeitig die Fäuste hoch (40.). Der Versuch von Aránguiz flog knapp über den Freiburger Kasten (42.). Dann ging wieder Diaby, der sich als absolut belebendes Element erwies, über links auf und davon, doch seine Hereingabe auf Volland in der Mitte geriet etwas zu scharf (43.). Volland rutschte bei einem aussichtsreichen Kopfball die Kugel über den Scheitel (45.+1), ehe Karin Bellarabi von rechts abzog und nur den Pfosten traf (45.+2). Freiburg hing in den Seilen und taumelte – und war mit dem 1:1 zur Pause bestens bedient, was auch die statistischen Werte belegten, die 15:3 Torschüsse und 80 Prozent Ballbesitz für Bayer 04 auswiesen!
Nach dem Wechsel ging es mit unverändertem Tempo weiter in eine Richtung. Glück für Freiburg, dass Koch gegen Diaby am Strafraumeck gerade noch die Fußspitze an den Ball brachte und klären konnte (47.). Und unglaublich, dass Flekken gegen Vollands Schuss aus kürzester Distanz nach Bellarabis gut getimter Flanke noch mit einer Hand retten konnte (50.) – das hätte das 2:1 für die Werkself sein müssen! Bellarabis nächste Hereingabe ließ Volland geschickt passieren, doch Amiri wurde beim Schuss geblockt (56.). Diaby fehlten bei seinem Abschluss nach längerem Lauf Kraft und Konzentration (61.).
Demirbays feiner Pass fand Bellarabi, der direkt auf Amiri weiterleitete, doch dessen Zuspiel auf Volland, der blank vor dem Tor stand, geriet ein, zwei Meter zu steil – auch hier fehlte die letzte Präzision (64.). Dann überschlugen sich die Ereignisse: Erst sendete auch Freiburg ein offensives Lebenszeichen: Hradecky rettete in höchster Not mit dem Fuß gegen den allein vor ihm auftauchenden Höler und hatte Glück, dass der Ball nach Schmids Nachschuss um Haaresbreite am Pfosten vorbei trudelte (67.). Im Gegenzug hatte die BayArena den Torschrei schon auf den Lippen, als Diaby Flekken bereits umkurvt hatte, dann aber wegrutschte und den leeren Freiburger Kasten halb im Liegen verfehlte (68.) – unfassbar!
Peter Bosz brachte Lucas Alario für Volland (74.). Demirbays zu zentral abgefeuerter Linksschuss bereitete Flekken ebenso wenig Sorgen (76.) wie der nächste Versuch, der ebenfalls zu mittig geriet (82.). Dann das nächste ganz, ganz dicke Ding: Diaby behauptete sich über links, passte quer nach innen, doch Bellarabi schaffte es am zweiten Pfosten nicht, den Ball aus wenigen Metern ins Netz zu drücken, weil sich Höfler und Heintz im Verbund erfolgreich dazwischenwarfen (87.). Die BayArena übte sich zum wiederholten Male im entsetzten Stöhnen. Paulinho kam für Amiri (89.). Drei Minuten Nachspielzeit gab's obendrauf – aber nicht mehr das erhoffte Happy End für die Werkself.
Für Bayer 04 geht es im Drei-Tages-Rhythmus mit anspruchsvollen Herausforderungen weiter. Am Dienstag, 26. November, um 18.55 Uhr steht die enorm wichtige Partie in der Champions League bei Lokomotive Moskau an, ehe es in der Bundesliga mit der Begegnung beim Rekordmeister FC Bayern München am Samstag, 30. November, um 18.30 Uhr weitergeht. Definitiv das, was Sven Bender ein „knackiges Programm“ genannt hat.
Die Statistik:
Bayer 04: Hradecky – Weiser (26. L. Bender), Tah, S. Bender, Wendell – Aránguiz, Demirbay – Bellarabi, Amiri (89. Paulinho), Diaby – Volland (74. Alario)
SC Freiburg: Flekken – Lienhart, Koch, Heintz – Schmid, Haberer, Höfler, Günter – Borrello (57. Sallai), Höler (90.+1 Frantz) – Petersen (90.+3 Schlotterbeck)
Tore: 0:1 Höler (5.), 1:1 Diaby (36.)
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
Gelbe Karten: Lienhart, Schmid, Höler
Zuschauer: 29.032
Nationalspieler Florian Wirtz ist zum zweiten Mal in Folge zum Bayer 04-„Spieler der Saison“ gewählt worden. Der 21-Jährige, der in der kommenden Saison für den Premier-League-Meister FC Liverpool auflaufen wird, setzte sich bei der von Bayer 04 jährlich ausgerichteten Wahl mit mehr als der Hälfte aller Stimmen durch.
Mehr zeigenTop-Torschützin Cornelia Kramer ist nach ihrem ersten Jahr in Schwarz-Rot zur „Spielerin der Saison“ von Bayer 04 gewählt worden. Die dänische Nationalspielerin folgt damit auf Ex-Kapitänin Elisa Senß, die die Fan-Abstimmung sowohl 2022/23 als auch 2023/24 für sich entschieden hatte. Kramer setzte sich bei mehr als 1400 abgegebenen Stimmen knapp vor Teamkollegin Karolina Lea Vilhjalmsdottir durch.
Mehr zeigenEin Jahr nach dem historischen Double steht Bayer 04 zwischen Abschieden und Aufschwung. Da, wo im letzten Jahr Jubel, Autokorso und Bierduschen den Ton angaben, geht es nun um Struktur, Entwicklung – und um die Zukunft. In dieser Bonusfolge der Audio-Doku „MeisterWERK – Keine Tradition seit 120 Jahren“ teilt Lukas Hradecky seine Erinnerungen an die Meisterfeier, Autor und Sprecher Nils Straatmann gibt zudem Einblicke in das zurückliegende U19-Finale Ende Mai und spricht mit Fernando Carro und Simon Rolfes über die Zukunft unterm Kreuz.
Mehr zeigenDas Duell von Bayer 04 in der 1. Runde des DFB-Pokals 2025/26 ist zeitgenau angesetzt. Die Werkself trifft am Freitagabend, 15. August, um 18 Uhr auf die SG Sonnenhof Großaspach. Das gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am heutigen Dienstag bekannt. Die Pokalpartie gegen den Landespokalsieger aus Baden-Württemberg findet in der WIRmachenDRUCK Arena statt. Ticket-Informationen folgen zu einem späteren Zeitpunkt.
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