„Uns gibt es nur ganz oder gar nicht“

Knapp 45 Minuten – also eine Halbzeit lang – beantworteten Lars und Sven Bender die Fragen der zugeschalteten Journalisten. Die beiden Brüder sprachen über ihre letzten Tage als Profisportler, den Abschied ohne Fans und ihre eigene, nicht immer konventionelle Art.
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Das war den Bender-Brüdern zum Abschluss der virtuellen Medienrunde am Dienstagmittag wichtig. Stellvertretend für beide richtete sich Sven zu guter Letzt direkt an die Journalisten: „Wir möchten uns bei euch für den immer respektvollen Umgang miteinander in all den Jahren recht herzlich bedanken.“ Diese Abschiedsworte der Bender-Brüder zeigen einmal mehr, für welche Werte die 32-jährigen Routiniers der Werkself auf und neben dem Platz stehen.

Noch zwei Partien sind zu gehen, dann ist Feierabend: Lars und Sven Bender sagen Servus. Die gebürtigen Rosenheimer gaben im Dezember 2020 bekannt, dass sie ihre beeindruckenden Profi-Karrieren im Sommer beenden werden. Lars war bereits im Jahr 2009 von 1860 München unter das Bayer-Kreuz gewechselt und hatte die Werkself seit 2015 bis zum Beginn der laufenden Spielzeit als Kapitän angeführt. Sein Zwillingsbruder Sven kam 2017 von Borussia Dortmund nach Leverkusen und nahm seitdem wie sein Bruder eine wichtige Führungsrolle auf und neben dem Platz ein.

Lars Bender zum bevorstehenden Karriereende: Wir haben in jedem Training und in jedem Spiel einhundert Prozent gegeben. Manchmal wurde uns nahegelegt, auch mal etwas weniger zu machen. Das haben wir ausprobiert, aber es hat nicht so gut geklappt. (lacht) Von daher sind wir zu der Erkenntnis gekommen, aufgrund unserer mittlerweile vielen Verletzungen nicht mehr mit voller Energie agieren zu können. Und das würde sich für uns ein Stück weit wie Betrug an uns, unseren Verein und unseren Fans anfühlen. Denn uns gibt es nur ganz oder gar nicht. …. Wir konnten uns ja in gewisser Weise schon länger auf unseren Abschied vorbereiten. In dieser Zeit wird einem bewusst, was man eigentlich alles erlebt hat. Es kommen viele Erinnerungen und Emotionen hoch. Ich persönlich denke dabei vor allem an großartige Menschen, die ich in all den Jahren hier im Verein kennenlernen durfte. Es sind Freundschaften fürs Leben entstanden. Letztlich spüre ich zum einen Wehmut, zum anderen aber auch Freude auf das „neue“ Leben.

Sven Bender zum Abschied ohne Fans: Wir hätten es gerne anders gehabt, wissen aber um die besondere Situation in dieser Zeit. Sicherlich hätten sich einige Fans gerne persönlich im Stadion von uns verabschiedet – und wir uns genauso von ihnen. Aber die Entscheidung, seine Karriere zu beenden, sollte nicht von der Art des Abschieds abhängig gemacht werden. Für uns war und ist die Bindung zu den Fans im Stadion in jedem Spiel von großer Bedeutung. Im Endeffekt haben wir uns ja 15 Jahre lang bei jedem Spiel vorgestellt und nach dem Spiel wieder verabschiedet. All die gemeinsamen Erlebnisse werden auf ewig hängenbleiben.

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Sven zur Entscheidung, nach der Zeit bei 1860 München getrennte Wege zu gehen: Wir haben vor unserem Wechsel eigentlich jede Minute miteinander verbracht. Für unsere sportliche und persönliche Entwicklung war es sehr wichtig, auch mal getrennte Wege zu gehen. Wir wussten, dass der Schritt in dem Moment notwendig war. Uns beiden hat das einen unfassbaren Schub gegeben. Wir beide haben uns dann in eine andere Richtung entwickelt. Als wir hier dann wieder zusammengefunden haben, habe ich gemerkt, dass es wieder gut funktionieren kann, zusammenzuspielen.

Lars Bender über Sportgeschäftsführer Rudi Völler: Ich bin froh, dass sie bei mir damals so viel Überzeugungsarbeit geleistet haben, und ich am Ende zu Bayer 04 gewechselt bin. Was Rudi als Menschen angeht: Er verstellt sich nicht, ist zu jeder Zeit authentisch und ehrlich. Wenn er in den Raum kommt und etwas erzählt, hört man hin. Sein Erfahrungsschatz ist riesig.

Sven zu ausgefallenen Führungsspielern und dem Personalumbruch: Vor allem in der Rückserie sind viele erfahrene Spieler ausgefallen, dennoch darf uns solch ein Einbruch nicht passieren. Grundsätzlich schafft es der Verein Jahr für Jahr, eine gute Truppe auf den Platz zu stellen. Wir beide waren mit unserer Art in der Kabine dominant. Ab Sommer sind unsere Fußstapfen dann frei und da kann man reintreten. Ich bin mir sicher, dass Leverkusen auch nächste Saison eine sehr gute Truppe haben wird.

Lars zu Entscheidungen in der Vergangenheit, die er aus heutiger Sicht anders treffen würde: Ich hätte in dem einen oder anderen Moment auch mal ein Spiel sausen lassen und nicht immer alles darauf setzen sollen, schnellstmöglich auf den Platz zurückzukommen. Da waren der Ehrgeiz und die Liebe zum Spiel vielleicht etwas zu groß.

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Lars Bender über die Abstinenz von ihm und seinem Bruder Sven im Social-Media-Bereich: Man hat uns oft nahegelegt, das doch mal auszuprobieren. Das haben wir auch getan. Aber wir waren nicht überzeugt von dem, was wir gesehen haben. Wir wollten lieber beim echten, zwischenmenschlichen Kontakt bleiben. Uns war es wichtiger, beispielsweise Autogrammwünsche zu erfüllen und auch mal ein, zwei Minuten mit den Menschen zu sprechen als ständig jedem Bescheid zu geben, dass wir gerade beim Frühstück sitzen. (lacht)

Sven Bender zur Zukunftsplanung von ihm und seinem Zwillingsbruder Lars: Zuallererst einmal geht es für uns zurück in Richtung Heimat. Auf diese Zeit freuen wir uns sehr. Und was das Berufliche angeht: Lars und ich haben auch schon während unserer Karriere immer über den Tellerrand hinausgeschaut und uns neben dem Fußball etwas aufgebaut. Aber wie bisher behalten wir unser Privatleben auch weiterhin für uns. Was sich sportlich in der Zukunft ergeben wird, werden wir sehen. Da sind wir in Gesprächen.

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