Christian, lassen Sie uns über das 2:2 auf Schalke reden. Hätte es die Auszeichnung damals schon gegeben, wären Sie sicher zum „Man of the Match“ gewählt worden…
Schreier: Wahrscheinlich. Mir ist die Partie tatsächlich noch in sehr guter Erinnerung. Es war das letzte Saisonspiel und wir brauchten unbedingt diesen einen Punkt, um uns erstmals für den UEFA-Cup zu qualifizieren. Der Hamburger SV saß uns als Tabellensiebter im Nacken. Aber wir wollten das unbedingt schaffen, waren total motiviert. Und dann fing es ja auch für mich wirklich toll an (lacht)…
Sie sprechen vom ersten Ihrer beiden Treffer…
Schreier: Genau, es waren gerade sieben Minuten gespielt, ich hatte rund 25 Meter vor unserem Tor den Ball, war in der Vorwärtsbewegung. Ich drehte mich dann kurz um, ohne wirklich aufzublicken und spielte die Kugel zu Rüdiger Vollborn zurück. Dachte ich zumindest. Rüdiger stand nämlich nicht da, wo ich ihn erwartet hatte, sondern etwas seitlich von seinem Kasten. So landete mein Rückpass im eigenen Tor – ein wirklich kurioses Ding. Wir lagen durch meinen Patzer 0:1 hinten, und ich war ganz schön perplex.
Und es kam ja noch dicker: Schalke 04 machte kurz nach dem Wechsel durch Ralf Regenbogen auch noch das 2:0. Da war der UEFA-Cup in weite Ferne gerückt.
Schreier: Ja, das war ein Schock. Aber wir hatten trotzdem enormes Vertrauen in unsere Offensiv-Qualitäten. Bum-kun Cha und Herbert Waas hatten in dieser Saison zusammen bereits über 30 Tore geschossen, ich selber kam bis dahin auf 11 Treffer. Und Schalke 04 gehörte in der Spielzeit nicht gerade zu den Spitzenmannschaften. Also haben wir schon noch an uns geglaubt.
Auf königsblauer Seite spielten damals immerhin Klaus Fichtel, Olaf Thon, der spätere Bayer 04-Trainer Michael Skibbe und Klaus „Boxer“ Täuber, der 1987 ihr Teamkollege unterm Bayer-Kreuz wurde…
Schreier: Von den Namen her waren sie gut besetzt, das stimmt. Umso wichtiger war, dass Herbert Waas nur ein paar Minuten nach dem 2:0 für die Schalker der Anschlusstreffer für uns gelang. Dann haben wir noch mal ordentlich Gas gegeben.
Und es kam die 74. Minute…
Schreier: …die ich nie vergessen werde. Florian Hinterberger setzte sich auf der linken Außenbahn durch und flankte scharf nach innen. Ich stand am kurzen Eck im Fünfmeterraum mit dem Rücken zum Tor, irgendein Schalker war nah an mir dran. Ich nahm den Ball an und schoss mit der rechten Hacke ins kurze Eck. Schalkes Keeper Walter Junghans kam auf dem glitschigen Boden zwar noch ans Leder, aber erst hinter der Linie. Ich war total glücklich und erleichtert. Erst war ich der Buhmann, dann auf einmal der Held. So schnell geht das im Fußball.
Mit diesem Tor machten Sie auch Ihrem Spitznamen „Hacki“ mal wieder alle Ehre…
Schreier: (lacht) Irgendwie muss der ja seine Berechtigung haben. Aber im Ernst: Ich habe im Training und auch in Spielen tatsächlich sehr oft mit der Hacke gespielt. Das war eine Art Markenzeichen von mir. Aber dass mir dann so ein wichtiger Treffer mit der Hacke gelang, darauf bin ich schon stolz.
„Hacki“ nannte man Sie aber auch noch aus einem anderen Grund…
Schreier: Na ja, ich kam 1984 als gelernter Stürmer aus Bochum nach Leverkusen. Dort hatte ich mit Bum-kun Cha und Herbert Waas allerdings im Angriff extrem starke Konkurrenz. Also wurde ich von Erich Ribbeck, den ich als Trainer schon von der deutschen Olympia-Auswahl kannte, zum Mittelfeldspieler umfunktioniert. Meistens agierte ich zusammen mit Falko Götz und Atze Zechel auf einer Seite. Und ja, ich konnte schon rennen, war konditionell immer gut drauf. Manchmal spielte ich sogar eine Art Manndecker. Und trotzdem schoss ich immer noch meine Tore, meistens mindestens zehn pro Saison.
Wie habt ihr damals den ersten Einzug in einen internationalen Wettbewerb gefeiert?
Schreier: Wir haben ihn schon ordentlich begossen und sind abends noch in Leverkusen unterwegs gewesen. Aber das war’s dann auch.
Es war insgesamt eine turbulente Saison, in der ihr nach dem 13. Spieltag und einem 5:1-Sieg gegen den Meisterschaftsaspiranten Werder Bremen sogar mal als Titelanwärter gehandelt worden seid. Auch in diesem Spiel machten Sie ein Tor.
Schreier: Richtig, was das betrifft, war Bremen mein Lieblingsgegner. Gegen Werder habe ich fast immer getroffen. Aber auch nach diesem tollen Sieg haben wir uns nicht mit dem Thema Meisterschaft beschäftigt. So realistisch waren wir schon.
Sie waren auch derjenige, der dann ein paar Monate später beim ersten UEFA-Cup-Spiel der Vereinsgeschichte in Kalmar die ersten beiden Treffer für Bayer 04 erzielte…
Schreier: Ja, das passte natürlich ganz gut und war eine runde Sache für mich. Und weil ich auch später in unserer großen UEFA-Cup-Saison 1987/88 noch einige Treffer erzielte, hatte ich noch einen zweiten Spitznamen weg: Mr. Europacup. 1988 ist für mich ohnehin das erfolgreichste Jahr meiner Karriere gewesen. Erst gewannen wir den UEFA-Cup, dann holte ich mit Deutschland bei den Olympischen Spielen in Seoul die Bronzemedaille und schoss im Spiel um Platz drei gegen Italien den 3:0-Endstand.
Zur Person:
Christian Schreier, am 4. Februar 1959 in Castrop-Rauxel geboren, bestritt 331 Bundesligaspiele für den VfL Bochum (98), Bayer 04 (203) und Fortuna Düsseldorf (30).
Er erzielte 106 Tore, davon alleine 63 für die Leverkusener, für die er sieben Jahre (1984 bis 1991) aktiv war. Schreier bestritt 1984 ein A-Länderspiel unter Teamchef Franz Beckenbauer gegen Argentinien und nahm an zwei Olympischen Spielen teil (1984 und 1988). Größte Erfolge: UEFA-Cup-Sieger mit Bayer 04 1988, Olympia-Bronzemedaillengewinner 1988.
Nach seiner aktiven Spielerkarriere war er unter anderem Trainer beim 1. FC Saarbrücken und dem 1. FC Union Berlin sowie Sportlicher Leiter beim SC Paderborn. Schreier lebt seit vielen Jahren im Wattenscheider Ortsteil Eppendorf und ist in der Fußballschule des VfL Bochum tätig. Auf Torejagd geht er immer noch gerne für die Traditionsmannschaft von Bayer 04.
Im Rahmen der neuen Rubrik „Rudi erzählt...“ nimmt Vereinslegende Rüdiger Vollborn die Werkself-Fans monatlich mit auf eine kleine Reise in die Geschichte von Bayer 04. In der Kategorie „Geburtstagskind des Monats“ erzählte Vollborn im Monat Februar von Christian Schreier, stellte den Lesern und Fans darüber hinaus Fotos von damals sowie ein Highlight-Video mit Schreiers schönsten Toren im Trikot der Werkself zusammen. HIER geht's zum Beitrag.
Außenbahnspielerin Synne Skinnes Hansen verlässt Bayer 04 Leverkusen am Saisonende. Die 29-Jährige, deren Vertrag ausläuft, wechselt in ihre norwegische Heimat zu Valerenga IF.
Mehr zeigenRüdiger Vollborn ist seit 40 Jahren im Klub, mit 401 Bundesliga-Einsätzen der Rekordspieler des Klubs und hat als einziger Bayer 04-Profi sowohl den UEFA-Cup (1988) als auch den DFB-Pokal (1993) gewonnen. Und auch nach seiner beeindruckenden Profi-Karriere blieb der gebürtige Berliner dem Werksklub weiter erhalten, arbeitete fortan neun Jahre als Torwarttrainer. Inzwischen ist Vollborn unterm Bayer-Kreuz als Fanbeauftragter und Klub-Archivar tätig. Seit Februar 2021 nimmt das personalisierte schwarz-rote Lexikon die Werkself-Fans in der Rubrik „Rudi erzählt...“ monatlich mit auf eine kleine Reise in die Geschichte von Bayer 04.
Mehr zeigenDie B-Junioren von Bayer 04 sind aus dem ARAG-FVM-Pokal ausgeschieden. Im Duell mit dem 1.FC Köln verlor das Team mit 0:2. Die Gäste waren am Ende der ersten Halbzeit in Führung gegangen. Trotz einer engagierten Leistung von Bayer 04 gelang der Ausgleich nicht mehr.
Mehr zeigenDas Torwartspiel gemeinsam analysieren und weiterentwickeln – so lautet das Ziel der jährlich stattfindenden Torwarttrainer-Meetings des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Unter der Leitung von DFB-Torwartkoordinator Marc Ziegler treffen sich jedes Jahr die Torwarttrainer der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga, aufgeteilt in regionale Gruppen. Nach 2023 fand das Treffen für die Torwarttrainer der Profi-Klubs aus der Region West am gestrigen Dienstag, 29. April, zum zweiten Mal in der BayArena statt. Werkself-Torwarttrainer David Thiel fungierte dabei als Gastgeber der Runde und hielt einen Impulsvortrag.
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