Wir sprachen mit Sami über den 1:0-Heimsieg der Reds gegen Bayer 04 am 3. April 2002, über sein entscheidendes Tor, die einzigartige Stimmung an der Anfield Road und über seinen damaligen Eindruck vom Gegner aus Leverkusen.
Sami, wenn man Bayer 04-Fans, die damals an der Anfield Road dabei waren, zu ihren Erinnerungen an das Spiel befragt, schwärmen die meisten erstmal von der Stimmung. „You’ll never walk alone“, gesungen von fast 44.000 Zuschauern, das war für viele schon ein Höhepunkt vor dem Anpfiff. War es für dich als Spieler eigentlich auch jedes Mal aufs Neue etwas ganz Besonderes, diese Hymne zu hören?
Hyypiä: Ja, das war fantastisch. Aber als ich noch gespielt habe, hörten wir davon nicht so viel, weil wir in der Kabine noch unsere letzten Vorbereitungen machten, wenn die Hymne vor dem Spiel gesungen wurde. Mittlerweile ist es so, dass die Mannschaften auf dem Platz stehen, wenn sie gesungen wird. Wenn ich jetzt bei LFC-Spielen dabei bin, bekomme ich noch immer Gänsehaut, wenn ich diesen speziellen Gesang der Fans höre. Kein Wunder, wenn man zehn Jahre für Liverpool gespielt hat. Das war eine großartige Zeit. Und „You’ll never walk alone“ ist ein großer Teil der Historie des Klubs.
Die 90 Minuten im Viertelfinal-Hinspiel gegen Leverkusen boten wenig Spektakel. Die Werkself hat euch das Leben schwer gemacht, bis zur 44. Minute, als fast aus dem Nichts heraus ein langer Blonder ein Tor für den FC Liverpool erzielte…
Hyypiä: Ich erinnere mich, dass ich ein Tor gemacht habe (lacht), und dass wir 1:0 gewonnen haben. Michael Owen hat einen guten Pass auf mich gespielt – aus einem Meter Entfernung hätte ich beinahe über das Tor geschossen, mit dem linken Fuß. An andere Ereignisse, wie zum Beispiel das Spiel gelaufen ist, erinnere ich mich nicht mehr. Aber an mein Tor erinnere ich mich, weil ich nicht viele Tore in meiner Karriere erzielt habe.
Was wusstest du damals über Bayer 04 Leverkusen?
Hyypiä: Wir wussten nicht sehr viel. Aber wenn man sich die Spiele der Leverkusener in der Champions-League-Saison anschaut, dann fällt einem sicherlich Lucio auf. Er war damals ja noch nicht so bekannt, aber nach dieser Saison schon. Natürlich kannte man einige Leverkusener Spieler, vor allem Michael Ballack. Wir wussten, dass Leverkusen eine sehr gute Mannschaft hat. Wir haben in beiden Viertelfinal-Spielen gut gespielt, auch im Rückspiel, aber da haben wir zu viele Tore kassiert.
Für den Kicker warst du im Hinspiel der Spieler des Spiels. „Umsichtiger Abwehrstratege mit Offensivqualitäten“, hieß es in der Begründung.
Hyypiä: Okay (lacht), das ist sehr schön. Ich wusste nicht, dass es so im Kicker stand.
Es gab nach dem Schlusspfiff im Hinspiel Applaus von den Liverpool-Fans – auch für die Leistung der Leverkusener. Hast du sie auch als starken Gegner wahrgenommen?
Hyypiä: Das Publikum an der Anfield Road hat einen großen Sachverstand. Die Zuschauer haben erkannt, dass Leverkusen ein harter Gegner war. Weil sie auch sehr fair sind, haben sie Bayer zurecht applaudiert. Wir Spieler haben Leverkusen nicht unterschätzt, wir kannten ja die Ergebnisse, die sie in der ersten und zweiten Gruppenphase gegen Topteams erreicht hatten.
Klaus Toppmöller bezeichnete die 0:1-Niederlage als gefährliches Ergebnis für Bayer 04. Wie habt ihr es bewertet?
Hyypiä: Nach dem Hinspiel waren wir optimistisch und dachten, dass wir eine gute Ausgangslage haben. Denn im Rückspiel mussten wir wegen der Auswärtstor-Regelung nur ein Tor schießen, sodass Leverkusen dann schon drei Tore hätte machen müssen. Wir haben dann sogar zwei Treffer erzielt, aber selbst das hat leider nicht gereicht.
Du hast es als Innenverteidiger häufiger mit Dimitar Berbatov zu tun bekommen. Was für einen Eindruck hat er auf dich gemacht?
Hyypiä: Er war sehr gut. Wenn er damals einen besonderen Tag erwischt hatte, dann kam immer etwas Überraschendes, das man nicht für möglich gehalten hätte. Sein erster Kontakt – wow, der war so gut. Er hatte auch eine sehr gute Spielübersicht, er sah alles auf dem Platz. Er spielte sehr gute Pässe, war am Ball sehr ruhig, wusste immer, was er damit anstellen musste und er hatte großes Selbstvertrauen. Vielleicht war er als junger Spieler manchmal nicht voll konzentriert. Aber wenn er fokussiert war, war er ein unglaublicher Spieler. Damals musste er nur noch etwas konstanter werden.
Welche Gedanken hast du heute noch an das Rückspiel?
Hyypiä: Ich erinnere mich an die Stimmung in der BayArena, die sehr gut war. Die Fans standen wie ein Mann hinter Leverkusen. Erst als Jari Litmanen das Tor zum 2:3 geschossen hat, wurde es kurz still. Aber als Lucio das 4:2 mit einem Hammerschuss erzielte, ist das Stadion explodiert. Das war ein Superspiel für echte Fußball-Fans, für alle Fußball-Liebhaber. Für mich als Verteidiger war es kein gutes Spiel, da wir vier Gegentore kassiert haben. Aber das Ergebnis ging in Ordnung; Bayer 04 war einfach besser als Liverpool.
Wie oft bist du noch in Liverpool?
Hyypiä: Häufig. Ich mache für den Verein PR-Reisen – es geht nach Asien, Amerika und auch innerhalb von Europa. Zuletzt war ich wegen Corona etwas seltener in Liverpool. Aber ich bin noch immer in gutem Kontakt mit dem Verein und auch sehr froh, dass es sich so entwickelt hat. In den letzten Jahren habe ich erst richtig gemerkt, wie viele Fans der Verein in Asien, Amerika und darüber hinaus hat. Als ich selbst noch spielte, bekamen wir davon nicht so viel mit.
Und wie intensiv verfolgst du Bayer 04 heute noch?
Hyypiä: Ich versuche jedes Spiel zu sehen, schaffe es aber nicht immer. Ich denke schon lange, dass ich wieder einmal nach Leverkusen kommen muss, um ein Spiel live zu erleben. Vielleicht klappt es noch in dieser Saison. Ich habe schon Kontakt zu Simon Rolfes aufgenommen. In der Bundesliga zeigt Bayer 04 oft sehr gute Spiele. Die Leverkusener haben in Lukas Hradecky natürlich auch einen guten Torwart. Dass er Finne ist, muss ich nicht extra erwähnen, oder (lacht). Lukas ist immer positiv, das ist wichtig für eine Mannschaft. Ich drücke Bayer 04 die Daumen für eine gute restliche Saison und wünsche meinem Ex-Verein viel Glück.
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