Die Liste ihrer Dienste für Schwarz und Rot ist ellenlang: Jugendspieler und Balljunge, Amateurspieler und Profi, Junioren- und Amateur-Trainer, Teammanager und Scout, Leihspieler- und UEFA-Delegierten-Betreuer, Gastronom und gute Seele. Das kann einer allein natürlich nicht stemmen, aber als Familie haben sie bei Bayer 04 so ziemlich alles durch, was man in einem Verein an Tätigkeiten nur machen kann. Reiner Calmund hat es vor gut 20 Jahren mal auf den Punkt gebracht: „Die Drehers sind die Fußball-Familie in Leverkusen schlechthin.“
Maria und Bernd Dreher sowie ihre drei Söhne Dirk, Bernd und Axel stehen in der Tat für ein bewegtes Stück Vereinsgeschichte. Während die drei Jungs allesamt schon als Knirpse – und mit sehr unterschiedlichem Erfolg – das Bayer 04-Trikot trugen, machte sich das Ehepaar Dreher als „Eltern der Kompanie“ verdient, wie sie Reiner Calmund ebenfalls mal bezeichnete. Bernd und Maria, er gelernter Koch und sie Kellnerin, die beide zuvor schon reichlich gastronomische Erfahrung in Leverkusen gesammelt hatten, bewirteten ein Jahrzehnt lang die legendäre Schwadbud – jenen Containerbau an der Westseite des kleinen Ulrich-Haberland-Stadions, der in den Jahren zuvor noch als Umkleidemöglichkeit für die Bayer 04-Jugendteams gedient hatte.
Nach dem UEFA-Cup-Sieg 1988 entwickelte sich der beliebte Treff rasch zu einer Institution. Hier wurde Sport in allen Bayer 04-Facetten gelebt: Rentner diskutierten lebhaft ihre Eindrücke vom Training der Werkself-Profis, ehemalige Veteranen des Klubs wie Werner Röhrig und Paul Wiorek oder Kassierer Helmut Schmidt kloppten zünftig Skat, einige Handballer begingen ihren sportlichen Feierabend nach harten Übungseinheiten in der benachbarten Haberland-Halle mit einem Bierchen, Box-Meistertrainer Fritz Sdunek kehrte zu einem Kaffee in die gute Stube ein oder der für Bayer 04 faustkämpfende niederländische Europameister Arnold Vanderlijde frischte sich hier vor seiner Heimfahrt nach Enschede auf.
Sonntagsvormittag zwischen den Spielen der Jugend und Amateure lief in der Schwadbud in der Regel ein ganz besonderes Programm. Dann nämlich, wenn sich Reiner Calmund hier an den blankgescheuerten Holztischen nicht nur sein Frühstück, sondern später im Verlaufe des Tages auch Schnitzel mit Kartoffelsalat, Buletten und Bockwurst, Kaffee und Kuchen schmecken ließ. Da die Einnahme der Mahlzeiten von Calli zudem mit reichlich Anekdoten rund um den Ball garniert wurden, spitzten die übrigen Gäste immer gern ihre Ohren und kamen in den Genuss zahlreicher Geschichten und Dönekes, die eher nicht für die „großen“ Medien bestimmt waren. Derbe Sprüche und buntes Vereins-Innenleben halt zu Zeiten, als World Wide Web und Social Media noch ganz weit weg waren. „Wenn es die Schwadbud nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden“, sagte Calmund einst über das urige Kommunikationszentrum, hinter dessen Theke Bernd, der 2007 im Alter von 68 Jahren verstorben ist, und Maria Dreher als aufmerksame Gastgeber den Wünschen ihrer Kundschaft nachkamen.
Im Sommer 1997 war dann aber Schluss mit dem Familienbetrieb in der Schwadbud. Drei Jahre lief der Containertreff noch unter neuer Führung weiter, ehe er mit dem Umzug der Bayer 04-Jugendabteilung ins Nachwuchsleistungszentrum am Kurtekotten endgültig ausgedient hatte. In Vergessenheit indes geriet er nie, die Schwadbud lebte weiter in vielen Herzen als Synonym der guten alten (Fußball-)Zeit – und erwachte 14 Jahre später schließlich folgerichtig zu neuer Blüte – als traditionsreiche Fußballkneipe in der Osttribüne der BayArena.
„Früher habe ich bei Spielen auch öfters in der Schwadbud ausgeholfen im Service“, erinnert sich Dirk, der älteste der drei Dreher-Sprösslinge. Alle drei Jungs trugen in der Jugend das Bayer 04-Trikot, aber nur einer von ihnen brachte es später auch zu professionellen Weihen. Bernd Dreher Junior, der mit zehn Jahren vom SV Schlebusch in die D-Jugend zu Bayer 04 wechselte und sich später als sehr talentierter Torhüter in den Blickpunkt spielte, rückte 1986 in den Profikader der Leverkusener auf und gewann zwei Jahre später mit der Werkself den UEFA-Cup. „Das war ganz sicher mein prägendster Moment mit Bayer 04, einfach überragend“, sagt der heute 53-Jährige. Neunmal stand er in der Bundesliga für Schwarz und Rot zwischen den Pfosten, sein Profi-Debüt absolvierte er im April 1987 beim 1:1 in Kaiserslautern.
„Aber für mich gab‘s zu der Zeit kein Vorbeikommen an Rüdiger Vollborn. So saß ich samstags in der Bundesliga immer auf der Bank und habe dann sonntags bei den Amateuren in der Oberliga gespielt“, erzählt Bernd. „Ich stand dann vor der Frage, ob ich weiter bei Bayer 04 zweiter Keeper sein will oder woanders erster Torhüter.“ „Woanders“ gewann diesen Grundsatzentscheid, Dreher wechselte 1990 zu Bayer Uerdingen und erlebte mit den Krefeldern in den kommenden sechs Jahren als gesetzter Schlussmann zwei Auf- und Abstiege. Dann rückte er freiwillig wieder ins zweite Glied, aber auf allerhöchstem Niveau: Auf Vermittlung von Manager und Spielerberater Norbert Pflippen folgte der Wechsel zu Bayern München als Back-up für Oliver Kahn. „Wenn du so ein Angebot bekommst, sagst du nicht Nein.“
Beim nationalen Branchenführer blieben Einsätze zwar eher die Ausnahme, dafür aber kam Bernd Dreher am Saisonende aus dem Feiern kaum noch heraus: Am Ende seiner Karriere standen sieben Meisterschaften und fünf Pokalsiege mit den Bayern sowie 2001 der Gewinn von Champions League und Weltpokal. Als Bernd Dreher als Torwart-Trainer und reaktivierter Profi der Münchner am 19. Mai 2007 beim 5:2-Sieg gegen Mainz sein letztes Pflichtspiel bestritt, war er mit 40 Jahren, 6 Monaten und 17 Tagen der fünftälteste jemals in der Bundesliga eingesetzte Spieler (mittlerweile ist er von Bremens Claudio Pizarro auf Rang sechs verdrängt worden). Als Torwart-Trainer folgten weitere Stationen bei Schalke 04, Austria Salzburg, SSV Reutlingen und in der bulgarischen Provinz bei Ludogorets Rasgrad.
Während Bernd Dreher seinen Lebensmittelpunkt in einem bayrischen Dorf in der Nähe Ottobrunns behalten hat, sind seine beiden Brüder Dirk und Axel Leverkusen treu geblieben. Axel, mit 47 der jüngste im Dreherschen Bunde, arbeitet als Sportlehrer an einer Düsseldorfer Schule und ist seit 15 Jahren als Trainer in der Jugendabteilung von Bayer 04 tätig, nachdem er von 1979 bis 1993 sämtliche Juniorenteams in Schwarz-Rot durchlaufen hat und auch für die 2. Amateurmannschaft am Ball war. Zudem ist er seit zwölf Jahren in verantwortlicher Position bei der Bayer 04-Fußballschule dabei. Dirk ist seit 2016 als Nachfolger von Michael Kentschke Manager der Bayer 04-Traditionsmannschaft – und war unterhalb der Profi-Ebene zuvor schon so ziemlich für alles zuständig. Als die Werkself im Mai 1979 mit einem 3:3 gegen Uerdingen den Sprung in die Bundesliga schaffte, „drehte“ der zuvor als Balljunge eingesetzte Dirk Dreher mit den Spielern ausgelassen einige Ehrenrunden. 1980 war er mit 15 bereits als E-Jugendtrainer im Einsatz, ehe er 1992 als Co-Trainer der U17 und 2000 als Assistenzcoach der U19 Deutsche Meisterschaften mit Bayer 04 feierte. Als langjähriger Co-Trainer der Amateure respektive U23 arbeitete er Thomas Hörster, Peter Hermann, Ralf Minge und Ulf Kirsten zu und gab 2003 zu Hörsters Zeiten als Cheftrainer bei der Werkself auch mal den „Tribünen-Adler“, der seine Erkenntnisse in der Halbzeitpause der Bundesligaspiele an den Profi-Coach weitergab.
Dirk Dreher war danach drei Jahre lang Teammanager der „Zweiten“ und nach deren Abmeldung vom Spielbetrieb 2014 für kurze Zeit mit der Aufgabe des Verbindungsmannes für die ausgeliehenen Nachwuchsspieler von Bayer 04 wie Maxi Wagener oder Jonas Meffert betraut. Anschließend war der gelernte Chemielaborant bis 2016 im Scouting für Bayer 04 tätig, mit vielen Beobachtungstouren nach England, Italien, Norwegen, Schweden oder Dänemark und der EM 2016 in Frankreich als Höhepunkt. Dazu betreut Dreher seit zehn Jahren bei internationalen Spielen in der BayArena den UEFA-Delegierten. Und er ist seit 2012 Sprecher der Vereine der Regionalliga West, obwohl sein Klub dort schon seit fünf Jahren gar nicht mehr vertreten ist. „Neutraler als ich kann in dem Job ja niemand sein“, sagt Dreher schmunzelnd und fügt hinzu: „Dass ich da im Sommer erneut für drei Jahre einstimmig gewählt worden bin, ist schon ein toller Vertrauensbeweis.“
Enorme Wertschätzung genießt er auch bei Bayer 04, was seine aktuelle Arbeit als Manager der Traditionsmannschaft angeht. Drehers gutes Netzwerk hilft natürlich bei der Rekrutierung frischer Kräfte fürs Team. Ob Sascha Dum, Marko Babic, Hanno Balitsch, Zoltan Sebescen, Philipp Wollscheid oder Jörg Reeb: Die Liste der „Neu-Erwerbungen“ kann sich sehen lassen. Dazu sind dank seiner Kontaktpflege auch verdiente Ex-Profis wie Ulf Kirsten, Jens Nowotny oder Bernd Schneider wieder näher ans Team gerückt. Neben aller Repräsentanz und Teilnahmen bei Benefizspielen hat Dreher bei vielen der Jungs auch wieder den sportlichen Ehrgeiz geweckt, wie er betont: „Als wir im September mit unserem Ü40-Team bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin den zum Greifen nahen Titel verpasst und im Elfmeterschießen noch verloren haben, waren schon einige dabei, die richtig sauer waren. So muss das auch sein.“
Dass Maria Dreher ihre drei Jungs mal auf einen Schlag in Leverkusen um sich hat wie in früheren Jahren, ist eher selten geworden. Bernd wohnt in Bayern schließlich nicht gerade um die Ecke. Da braucht es dann schon eher besondere Anlässe, wie das Treffen der UEFA-Cup-Helden von 1988 zum 25-jährigen Jubiläum, als Bernd mal wieder in der alten Heimat weilte. Die Fußball-Familie Dreher dürfte ganz sicher aber auch im kommenden März mal wieder zusammenfinden, wenn Oberhaupt Maria ihren 80. Geburtstag feiert...
Am 3. Spieltag der UEFA Champions League 2024/25 gastiert die Werkself beim französischen Klub Stade Brest. Das Spiel findet am Mittwoch, 23. Oktober, um 18.45 Uhr im Stade du Roudourou (Guingamp) statt. Alle Infos zum Ticketverkauf für die Partie.
Mehr zeigenBesondere Bühne für den Frauenfußball: Wenn die Bayer 04-Frauen am Samstag, 12. Oktober (Anstoß: 14 Uhr), beim SV Werder Bremen antreten, dann wartet auf das Team von Trainer Roberto Pätzold eine außergewöhnlich große Kulisse. Rund 19.000 Tickets sind bereits für das Highlight-Spiel im Weserstadion verkauft worden.
Mehr zeigenDer frühere Bayer 04-Nachwuchsspieler Georg Koch, jahrelang als Torhüter in der Bundesliga und bis 2023 beim FC Viktoria Köln als Funktionär aktiv, hat ein Benefizspiel organisiert. In diesem werden am Samstag, 12. Oktober (Anstoß: 15 Uhr), sein Heimatverein VfR Marienfeld und die Traditionsmannschaft von Fortuna Düsseldorf aufeinandertreffen. Die Erlöse kommen der Kinderkrebshilfe St. Augustin zugute. Der 52-jährige Koch ist selbst unheilbar an Bauchspeicheldrüsen-Krebs erkrankt.
Mehr zeigenBayer 04 Leverkusen muss in den kommenden Wochen auf Außenbahnspielerin Synne Skinnes Hansen verzichten. Die Norwegerin zog sich im Spiel gegen den FC Carl Zeiss Jena (1:0) einen Teilsehnenriss im rechten Oberschenkel zu.
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