#DankeRudi – Die Glosse zum Völler-Abschied

Hermann Josef Weskamp war viele Jahre Sportchef der Kölnischen Rundschau und hat Rudi Völler seit seinen Anfängen bei Bayer 04 journalistisch begleitet. Eine Glosse des Autors zum Abschied Völlers aus der operativen Verantwortung beim Werksklub...
crop_19941203_Rudi_Voeller_4.jpg

Wenn die Not am größten, wenn scheinbar kein Ausweg mehr in Sicht ist, kennt die „kicker“-Branche hierzulande – so will es die Tradition von fast 60 Jahren Profifußball – kein Tabu und geht zur Not halt auch ans Eingemachte. Dabei geht es – wie könnte es anders sein – um Kohle. Wie ist es uns möglich, unsere Einnahmenseite zu verbessern?

Das war so nach der Saison 1970/71, als die Leute sich nach dem unglaublichen Bundesliga-Skandal, dem schwärzesten Kapitel einer ansonsten weitgehend lupenreinen Erfolgsgeschichte, entgeistert vom Profi-Fußball made in Germany abwendeten und in Scharen demonstrativ zu Hause blieben. Trost und neuen Schwung fand die Fußball-Gemeinschaft erst bei der Heim-WM 74 als Rettungsanker.

Jetzt ist es wieder mal so weit. Eine Pandemie lähmt seit zwei Jahren das öffentliche und private Leben im Lande. Der Ball rollt zwar, monatelang allerdings – in des Wortes wahrster Bedeutung – wie von Geisterhand gesteuert. Es geht erschwerend die Furcht um, die Liga könne womöglich einen Teil ihrer mittlerweile an einen bösartigen Virus verlorenen Sympathisanten so bald nicht in die Arenen zurückholen. Die allgemeine Gemengelage verheißt – berechtigt oder nicht – wenig Gutes. Die Fußball-Deutschen blicken aus gutem Grund beunruhigt und neidisch auf die Insel ins reichlich gepuderte Mutterland des Fußballs.

Um dem verheerenden Ungleichgewicht beizukommen, hat die neue DFL-Chefin Donata Hopfen kürzlich die Einführung von Play-offs ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Ein solches Format, ausgespielt im Rahmen einer „Fußball-Week“, könnte einerseits durch die angedachte zusätzliche Meisterrunde ein erhebliches Plus in den Kassen der qualifizierten Klubs bedeuten und im besten Fall gleichzeitig die ermüdende Dominanz des Abonnement-Champions FC Bayern München (unter)brechen.

Die Reaktionen fielen teilweise erwartet aus. Das Fachblatt „kicker“ startete im Eilverfahren eine Umfrage unter seinen Lesern. 36,9 Prozent hatten sich spontan schon mit dem Vorschlag angefreundet. 63,1 Prozent waren dagegen. Ein Ermittlungsverfahren für den Deutschen Meister, das letztlich zu einer Art Glücksspiel abgleiten könnte? Das ist mit dem traditionsbewussten deutschen Fan nicht zu machen.

Christian Streich, der weise Mann aus Freiburg, fand es „am gerechtesten, dass derjenige Meister ist, der nach 34 Spielen die meisten Punkte hat“. Auch Uli Hoeneß meldete sich selbstverständlich zu Wort: „Eine Witz-Idee. In der Bundesliga soll der Meister werden, der nach 34 Spieltagen der Beste ist und der durch Dick und Dünn gegangen ist mit seinem Team. Das ist doch nur ein Gesetz gegen Bayern München. Das hat doch nichts mit Spannung zu tun.“

Auf die denkbar klarste Art der Ablehnung stieß der Vorschlag bei Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler. Der einst gefeierte Angreifer lässt, wenn es um die Grundwerte seines geliebten Sports geht, keinen Zweifel an seinen Verteidiger-Qualitäten und fegt sämtliche Fisimatenten vom Tisch: „Ein völlig falscher Ansatz. Ich bin strikt dagegen.“

Durch eine solche Neuregelung sieht Völler den Leistungsgedanken im deutschen Fußball untergraben. Eine für ihn unerträgliche Vorstellung. Wenn die Basiswerte seiner Lieblingssportart in Gefahr geraten, versteht der Fußballversteher keinen Spaß. Dass auch der Fair-Play-Gedanke in diesem Zusammenhang Schaden nehmen könnte, macht die Sache für den Profi und Sportsmann Völler nicht besser.

Den Autor dieser kleinen Kolumne, der sich schon mehrfach als Fußball-Romantiker geoutet hat, schaudert es bei der Vorstellung, es könnte demnächst am Ende statt Sachverstand und Kontinuität der unberechenbare Zufall Regie führen.

In diesem Sinne

Hermann Josef Weskamp

Ähnliche News

Jupp Heynckes
Bayer 04 - 09.05.2025

Als Torjäger und Trainer eine Legende: Jupp Heynckes wird 80

In der langen und ruhmreichen Karriere des Jupp Heynckes nehmen seine zwei Jahre in Leverkusen nur ein schmales Kapitel ein. Dennoch hat sein Wirken unterm Bayer-Kreuz zwischen 2009 und 2011 Spuren hinterlassen. Der ehemalige Weltklasse-Stürmer und Trainer von Weltruf hat auch hier sehr erfolgreich gearbeitet, hat die Werkself zu einer Vizemeisterschaft geführt und viele Menschen im Klub nachhaltig beeindruckt. Heute feiert Jupp Heynckes seinen 80. Geburtstag. Bayer 04 gratuliert dazu aufs Herzlichste und blickt gerne noch einmal auf zwei schöne Jahre zurück.

Mehr zeigen
Bayer 04
Soziales - 08.05.2025

BioBrotbox 2025: Werkself übernimmt erstmals Schirmherrschaft

Die bundesweite BioBrotbox-Aktion geht in die nächste Runde. Und die Bundesliga-Mannschaft von Bayer 04 wird in diesem Jahr für die Stadt Leverkusen erstmals die Schirmherrschaft übernehmen.

Mehr zeigen
U19
U19 - 08.05.2025

Samstag im UHS: Ticket-Verkauf für U19-Halbfinale gegen FC Bayern gestartet

Noch ein Schritt bis zum Endspiel: Im Kampf um die Deutsche Meisterschaft empfängt die U19 von Bayer 04 am Samstag, 10. Mai (Anstoß: 11 Uhr/Stadionöffnung: 10 Uhr), den FC Bayern München. Die Tickets für das Halbfinale im Ulrich-Haberland-Stadion sind ab sofort im freien Verkauf. Alle Infos im Überblick.

Mehr zeigen
Brasil
Bayer 04 - 07.05.2025

Bayer 04 startet digitale Kanäle auf Portugiesisch

Bayer 04 Leverkusen erweitert sein digitales Angebot und startet ab sofort drei zusätzliche digitale Kanäle auf Portugiesisch. Mit einer Website, einem Instagram-Account und einem WhatsApp-Channel wird Bayer 04 alle Fans der Werkself aus Brasilien und allen anderen portugiesisch-sprachigen Ländern noch gezielter informieren und mit ihnen in den Austausch gehen.

Mehr zeigen