Brief vom 27. November 1903: Grundstein für Klub-Gründung 1904

Im kommenden Jahr feiert Bayer 04 ein besonderes Jubiläum: 120 Jahre Klub-Geschichte! Am 1. Juli 1904 wurde der „Turn- und Spielverein der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Leverkusen“ gegründet.
19031127_Brief_Hauschild_an_Direktion.jpg

Es waren nur ein paar Zeilen, geschrieben heute vor genau 120 Jahren, am 27. November 1903. Ein Brief mit zwei Sätzen, einem beiliegenden Rundschreiben und einer Liste mit 170 Unterschriften. Dokumente von historischer Bedeutung für unseren Klub. Denn sie waren das Fundament für die Gründung.

Der Brief im Originalwortlaut:

Leverkusen, den 27. Novbr. 1903

An die verehrliche Direktion der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. Elberfeld.

Mit höflicher Bezugnahme auf anliegendes Rundschreiben richtet der Unterzeichnete die Bitte an die verehrliche Direktion, die Gründung eines Turnvereines für Ihre Werksangehörigen (Beamte, Arbeiter und jugendliche Arbeiter) gütigst erwägen bzw. bewerkstelligen & denselben einen Turnraum & einen Spielplatz für seine Übungen zur Verfügung stellen zu wollen. Durch Gewährung obigen Gesuchs erweisen Sie Ihren Beamten & Arbeitern eine große Wohlthat, & würde diese Gründung sich den schon vorhandenen Wohlfahrtseinrichtungen würdig erweisen.

Hochachtungsvollst

Wilh. Hauschild.

Der Unterzeichner

Der damals 47 Jahre alte Unterzeichner Wilhelm Hauschild war selbst Turner bei der TG Elberfeld und einige Jahre Turnwart im Gau Wuppertal gewesen. Und er war Mitarbeiter bei der 1863 in Wuppertal gegründeten Offenen Handelsgesellschaft Friedr. Bayer & Co., aus der später die Farbenfabriken und schließlich die Bayer AG wurden. Hauschild gehörte zu jenen Angestellten, die von der Wupper an den Rhein übergesiedelt waren, seit es ab 1891 südlich von Wiesdorf eine zweite Betriebsstätte von Friedr. Bayer & Co. gab. Und er und seine Mitstreiter wollten sich nun auch in ihrer neuen Heimat sportlich betätigen. Zwar gab es im Umland bereits einige Turnvereine. So hatte sich 1881 der TV Schlebusch gegründet, ein Jahr darauf folgte der TV Opladen, der sich später in TuS 82 Opladen umbenannte. Auch in Neukirchen (1886, noch ohne den Zusatz „Bergisch“), Bürrig (1887), Rheindorf (1892) und Hitdorf (1893) konnte man schon in Vereinen turnen. Aber für die Angestellten der Farbenfabriken in Wiesdorf waren die Wege dorthin weit. Beförderungsmittel gab es kaum, Fußmärsche hätten Stunden gedauert.

„Unser Leverkusen“

Also hatten sich Wilhelm Hauschild und sein Kollege August Kuhlmann, der damalige Männerturnwart des Sonnborner TV, schon im Februar 1903 in einem Rundschreiben „an die Herren Betriebs- & Bureaubeamten Leverkusen“ gewandt. Darin stellten die beiden fest: „Nur wenige Orte gibt es im deutschen Vaterlande, wo noch kein Turn- und Spielplatz vorhanden ist, darunter auch unser Leverkusen, das doch mit seiner großen Beamten- und Arbeiterschar besondere Veranlassung hätte, eine Gelegenheit zu suchen, um für die in Folge der bestehenden Arbeitstheilung meist sehr einseitige und nur wenig Körperbewegung gewährende Thätigkeit ein Gegengewicht zu schaffen. […] Diejenigen Herren nun, welche ein Interesse daran haben, daß auch in Leverkusen Turn- und Spielgelegenheit geboten wird, werden gebeten, dies durch Namensunterschrift zu bekunden, um dann auf Grund dieser Unterschriften an die Direktion der Farbenfabriken ein Gesuch um Unterstützung der Sache richten zu können.“ Diesem Wunsch kamen im Laufe der folgenden Wochen 170 Unterzeichner nach, darunter zahlreiche Ingenieure und andere Akademiker.

„Unser Leverkusen“, wie es Hauschild und Kuhlmann nannten, damit war 1903 nur das Werksgelände südlich des kleinen Bauern- und Fischerdorfes Wiesdorf gemeint. Benannt war der Provinz-Flecken nach Carl Leverkus, der hier 1863 seine Ultramarinfabrik zur Herstellung blauer Farbstoffe aufgebaut hatte. Bis zur Gründung der Stadt Leverkusen sollte es noch bis 1930 dauern. Die Einwohnerzahl von Wiesdorf aber hatte sich zwischen 1891 und 1905 schon mehr als verdreifacht, sie stieg von 3.000 auf 10.000 Einwohner, rund 4.000 davon arbeiteten als Beschäftigte der Farbenfabriken.

Des Kaisers Halsschmerzen

Die beiden Briefe vom Februar und November entsprechen in Stil und Ton den schriftlichen Umgangsformen und Gepflogenheiten der damaligen Zeit. Es war das Amtsdeutsch des Kaiserreiches. Wir befinden uns schließlich im Jahr 1903: Die Schlagzeilen Ende November beherrscht der Gesundheits- und Gemütszustand von Kaiser Wilhelm II., der sich wegen einer Kehlkopferkrankung behandeln lassen muss. Die „Opladener Zeitung – Verkündiger und Anzeiger an der Nieder-Wupper“ berichtet von einer „ergreifenden Tragödie“, die sich gegenwärtig im Neuen Palais in Potsdam abspiele. Wilhelm II., dessen Vater Kaiser Friedrich III. an Kehlkopfkrebs gestorben war, werde „immer schweigsamer und finsterer“. Die Sache ging bekanntlich glimpflich aus, der letzte deutsche Kaiser und König von Preußen starb erst 1941 im Alter von 82 Jahren im niederländischen Exil in Doorn.

Leipzig erster Deutscher Meister

Was den Sport betrifft: Im Juli 1903 hatte zum ersten Mal ein großes Straßenradrennen mit 60 Teilnehmern durch Frankreich stattgefunden – die Premiere der Tour de France. Ende Mai war der VfB Leipzig erster Deutscher Fußballmeister geworden – mit einem 7:2-Finalsieg über den Deutschen Fußball-Club Prag in Altona. Der Deutsche Fußball-Bund als Ausrichter der Meisterschaft hatte sich drei Jahre zuvor gegründet.

Die Direktion ist erfreut

Nun also, Ende November 1903, hofften Wilhelm Hauschild und seine Mitstreiter auf einen baldigen positiven Bescheid auf ihr eigenes Anliegen. Die Antwort aus der Zentrale in Elberfeld ließ tatsächlich nicht lange auf sich warten. Am 12. Dezember 1903 teilte die Direktion mit, „dass sie sich außerordentlich freue, wenn ein Turnverein zustande käme“. Friedr. Bayer jr. und Carl Duisberg stellten zudem den Bau einer Turnhalle in Aussicht. Damit war der Startschuss gefallen für die Gründung eines einzigartigen Klubs, der bald auch den Fußballern eine sportliche Heimat bot. Die Wurzeln reichen zurück bis zu jenem 27. November 1903. Bayer 04 freut sich, im kommenden Jahr dieses Jubiläum zu würdigen.

Ähnliche News

Kerim Alajbegovic gegen Mainz
U19 - 02.05.2025

DM-Viertelfinale bei Schalke 04: Im Duell der Gruppensieger „nicht viel anders machen“

Nach dem emotionalen Last-Minute-Sieg in der Verlängerung gegen den 1. FSV Mainz 05 gastiert die U19 von Bayer 04 im Viertelfinale der DFB-Nachwuchsliga beim FC Schalke 04. Vor der Partie im Parkstadion am Sonntag, 4. Mai (Anstoß: 11 Uhr/live auf dem YouTube-Kanal des DFB), sprach Cheftrainer Sergi Runge über die Konstellation in der K.-o.-Phase, den kommenden Kontrahenten und einen personellen Ausfall.

Mehr zeigen
Bayer 04
Fans - 02.05.2025

Erfolgreicher Abschluss der Reihe: Finaler Stadtteilspieltag in Steinbüchel

Mit dem Aktionsspieltag in Steinbüchel fand die Bayer 04-Kampagne „Stadtteilspieltage“ ihren krönenden Abschluss. Nachdem in den vergangenen rund anderthalb Jahren bereits zwölf der 13 Stadtteile in Leverkusen besucht wurden, bildete Steinbüchel den finalen Halt der Reihe – und bot bei bestem Wetter zahlreiche Highlights für Groß und Klein.

Mehr zeigen
Erster Bayer-Dreier im Breisgau: Kirsten und Sergio treffen beim Auswärtssieg
Werkself-TV - 02.05.2025

Da war doch was... Erster Bayer-Dreier im Breisgau dank Kirsten und Sergio

Bis 1997 dauerte es, ehe Bayer 04 erstmals im Breisgau gewann: Trotz eines Eigentors von Robert Kovac gelang der Sieg – dank eines Doppelschlags von Ulf Kirsten und Paulo Sergio. Doch die Aufregung der Freiburger galt zwei anderen Szenen...

Mehr zeigen
U17
Jugend - 02.05.2025

Nachwuchs: U17 im Topspiel – U17-Mädels mit Auswärts-Derby

Die U19 tritt zum Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft an, die U17 im Topspiel ihrer Gruppe in der DFB-Nachwuchsliga. Außerdem spielen die U17-Mädels ihr Liga-Derby beim 1. FC Köln – das Nachwuchs-Wochenende im Überblick.

Mehr zeigen