Saison 2020/21

Transfers vor der Saison

Zwei Abgänge vor der Spielzeit wiegen besonders schwer: Kai Havertz geht für eine Rekord-Ablöse zum FC Chelsea, Kevin Volland schließt sich der AS Monaco an. Der in der Spielzeit 2019/20 an RB Leipzig verliehene Patrik Schick wechselt mit inzwischen vorhandener Bundesliga-Erfahrung von der AS Rom an die Dhünn und unterschreibt bis 2025. Youngster Florian Wirtz, der bereits in der Vorsaison Bundesliga-Luft mit dem Kreuz auf der Brust schnuppern durfte, wird ebenfalls fester Bestandteil des Profi-Kaders. Zudem kommen Rechtsverteidiger Santiago Arias von Atlético Madrid (auf Leihbasis) sowie Torhüter Lennart Grill vom 1. FC Kaiserslautern. Und auch vom Leistungszentrum Kurtekotten stoßen Spieler hinzu: Emrehan Gedikli, Samed Onur und Cem Türkmen trainieren regelmäßig bei den Profis mit und geben in der Europa League ihr Profi-Debüt.

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Pokalauftakt nach Maß

Das erste Pflichtspiel der Saison 2020/21 bedeutet zugleich das erste Duell vor Zuschauern nach dem Lockdown im Frühjahr – wenn auch nur mit einer sehr begrenzten Anzahl an Fans. Beim 7:0-Heimerfolg gegen Eintracht Norderstedt in der 1. Runde des DFB-Pokals dürfen 300 Anhänger in die BayArena – der Nord-Regionalligist hatten zuvor sein Heimrecht aufgrund der umfangreichen coronabedingten Auflagen an Bayer 04 abgetreten. Sowohl Florian Wirtz als auch Patrik Schick erzielen gegen „EN“ ihren ersten Treffer für Schwarz-Rot.

Ungeschlagen in die Bundesliga

Auch in der Bundesliga wird die Saison 2020/21 Mitte September zunächst mit einer limitierten Zuschauerkapazität eröffnet. Die Werkself bleibt in ihren ersten vier Spielen gegen hochkarätige Gegner ungeschlagen. Nach dem 0:0 in Wolfsburg zum Auftakt empfängt der Werksklub RB Leipzig in der heimischen BayArena vor 6.042 Zuschauern – 1:1 heißt es hier am Ende. Es folgt ein weiteres Remis in Stuttgart (1:1), bevor Lucas Alario mit seinem goldenen Treffer gegen den 1. FSV Mainz 05 Schwarz-Rot am 4. Spieltag den ersten Saisonsieg beschert – der Auftakt einer rasanten Bergfahrt.

Furioser Start in die Europa League

Somit betritt die Werkself am 22. Oktober ohne eine einzige Niederlage im bisherigen Saisonverlauf die internationale Fußballbühne und unterstreicht das bereits erworbene Selbstbewusstsein mit einer Tor-Flut beim 6:2 gegen den OGC Nizza in der Europa League. Karim Bellarabi glänzt in der Partie mit einem Doppelpack, und auch der 17-jährige Florian Wirtz reiht sich erstmals bei einem internationalen Wettbewerb in die Torschützenliste ein. Die weiteren Gegner in Gruppe C lauten Slavia Prag (Tschechien) sowie Hapoel Beer Sheva (Israel).

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Die 13 – ausnahmsweise eine Glückszahl

Dass der Knoten aus sportlicher Hinsicht bei der Mannschaft von Cheftrainer Peter Bosz nach dem Ausrufezeichen gegen Nizza endgültig geplatzt ist, zeigt die beeindruckende Serie, die Bayer 04 in den nächsten 13 Pflichtspielen hinlegt und dabei zahlreiche Erfolgsgeschichten schreibt. Zwischen dem 3:1-Heimerfolg gegen den FC Augsburg am 5. Spieltag und dem deutlichen 4:0-Triumph im Derby beim 1. FC Köln am 12. Spieltag liegen sage und schreibe elf (!) Pflichtspielsiege bei nur einem Remis gegen Hertha BSC am 9. Spieltag (0:0) sowie einer 0:1-Niederlage gegen Slavia Prag am 2. Spieltag der Europa-League-Gruppenphase.

Anderthalb Monate im Siegesrausch

Die Serie zwischen Ende Oktober und Mitte Dezember 2020 zeigt Wirkung im schwarz-roten Lager – sowohl individuell wie auch als Team strotzt die Bosz-Elf in dieser Etappe nur so vor Selbstbewusstsein. Deutliche Siege gegen die TSG Hoffenheim (4:1, 11. Spieltag) oder auch Erfolge des Willens wie beim turbulenten 4:3 gegen Borussia Mönchengladbach gehören in dieser Phase zum Tagesgeschäft und befördern den Werksklub bis an die Spitze des Bundesliga-Klassements, wo sie zwei Spieltage lang bleiben sollten. Die erste Tabellenführung seit September 2014, als das damalige Team von Cheftrainer Roger Schmidt nach dem 3. Spieltag von ganz oben grüßte.

Wie national, so auch international

Auch in der Europa League läuft es bis dahin nahezu reibungslos. Ein deutliches 4:0 gegen Slavia Prag am letzten Spieltag der Gruppenphase sichert mit 15 Punkten aus 6 Partien souverän das Ticket für die Zwischenrunde. Das i-Tüpfelchen am internationalen Auftritt: Die Werkself stellt nach der Gruppenphase mit 21 Treffern die torhungrigste Offensive in der Europa League und lässt Mannschaften wie den FC Arsenal, Tottenham Hotspur oder auch den AC Mailand in diesem Ranking hinter sich.

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Serie mit Wermutstropfen

Individuell sticht in dieser Phase besonders unsere Nr. 13 hervor: Lucas Alario erzielt vom 4. bis zum 7. Spieltag sieben Treffer und hat so einen beachtlichen Anteil an der Tabellenführung der Werkself. Auch Florian Wirtz überzeugt bei seinen Auftritten und entwickelt sich zum wichtigen Stammpersonal. Emrehan Gedikli, Samed Onur und Cem Türkmen unterstreichen die gute Arbeit des Leistungszentrums Kurtekotten und geben ihr Profi-Debüt in der Europa League. Der einzige Wermutstropfen bei all der Euphorie und Heiterkeit: Anfang November beginnt der zweite coronabedingte Lockdown in Deutschland – Werkself-Anhänger können die von Erfolg gekrönten sechs Wochen nur vor den heimischen TV-Bildschirmen verfolgen.

Dämpfer am 13. Spieltag

Dass die Mannschaft in Schwarz und Rot nicht als Tabellenführer in die Winterpause geht, ist auf eine Fehlerkette in der Nachspielzeit am letzten Spieltag des Jahres 2020 zurückzuführen. Im Spitzenspiel gegen den FC Bayern München am Samstagabend steht es nach 90 Minuten 1:1. Ein leistungsgerechtes Remis – B04 ist vor der Pause besser, der Rekordmeister nach dem Wiederanpfiff. Doch wenige Sekunden vor dem Ende schlägt der Weltfußballer zu. Die Hintermannschaft der Werkself bekommt den Ball nicht schnell genug geklärt, Joshua Kimmich stibitzt die Kugel, Robert Lewandowski schießt, und Edmond Tapsoba fälscht unhaltbar ab. Der Weihnachtsmeister kommt nicht von der Dhünn, sondern von der Isar.

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Neues Jahr mit Licht und Schatten

Mit ein paar Tagen Auszeit im Rücken will die Werkself nach der unglücklichen Last-Minute-Niederlage gegen den FC Bayern im neuen Jahr wieder voll angreifen – das funktioniert trotz aller Bemühungen aber nur bedingt. Ein 1:2 gegen Eintracht Frankfurt im ersten Spiel des Jahres 2021, ein Remis gegen Werder Bremen (1:1) sowie ein erneuter Rückschlag gegen den 1. FC Union Berlin (0:1) sorgen für vier sieglose Partien in Folge. Immerhin sichert sich das Team von Peter Bosz mit 32 Punkten durch einen 2:1-Erfolg gegen Borussia Dortmund am 17. Spieltag, bei dem Florian Wirtz kurz vor Schluss den entscheidenden Treffer erzielt, den dritten Platz in der Hinrunden-Tabelle hinter dem FC Bayern (39 Punkte) und RB Leipzig (35 Punkte). Ein weiterer Lichtblick im sonst eher tristen Januar 2021: der Einzug ins DFB-Pokal-Achtelfinale. Trotz eines frühen 0:1-Rückstands und zeitweiliger Unterzahl kann Bayer 04 die Zweitrunden-Partie gegen Eintracht Frankfurt noch in ein 4:1 umwandeln.

Frischer Wind von der Insel

In der Winter-Transferperiode schlägt Bayer 04 gleich dreimal auf dem Transfermarkt zu. Jeremie Frimpong (Celtic Glasgow/Schottland), Demarai Gray (Leicester City/England) sowie Timothy Fosu-Mensah (Manchester United/England) wechseln an die Dhünn, um den Kader weiter zu verstärken.

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Rückrunde der Kontraste

Dass Serien nicht immer nur Freudentaumel und Glücksgefühle auslösen, sondern auch ihre Schattenseiten haben, zeigt sich bei Bayer 04 mit Beginn der Rückrunde. Zwischen dem 18. und 26. Spieltag gelingen Peter Bosz und seinem Team lediglich zwei Siege im deutschen Oberhaus – der 5:2-Heimerfolg am 20. Spieltag gegen den VfB Stuttgart mit drei Vorlagen von Flügelflitzer Moussa Diaby ist dabei genau wie der 1:0-Arbeitssieg bei Borussia Mönchengladbach einer der wenigen überzeugenden Auftritte der Werkself.

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Aus drei mach eins

Auch in den anderen Wettbewerben läuft es für Schwarz-Rot nicht besser: Erst scheidet man Anfang Februar gegen den Regionalligisten Rot-Weiss Essen nach Verlängerung mit 1:2 aus dem DFB-Pokal aus, dann unterliegt der Werksklub im Sechzehntelfinale der Europa League den von Gerardo Seoane trainierten Young Boys Bern mit 3:4 und 0:2 – eine Spielzeit, die so verheißungsvoll begann, droht zu einer Enttäuschung zu werden. Im verbleibenden Wettbewerb, der Bundesliga, heißt das verbleibende Saisonziel: Europa.

Wolf ersetzt Bosz

Dieses nehmen die Leverkusener Verantwortlichen jedoch ohne den bisherigen Cheftrainer in Angriff. Nach dem Ausscheiden aus den Pokal-Wettbewerben sowie der durchwachsenen Rückrunde in der Bundesliga zieht Bayer 04 nach der 1:2-Heimniederlage gegen Arminia Bielefeld und dem 0:3 bei Hertha BSC am 26. Spieltag die Konsequenzen und stellt Peter Bosz frei. Als Nachfolger wird Hannes Wolf vom DFB ausgeliehen, der zusammen mit Miguel Moreira sowie Bayer 04-Legende Peter Hermann das Team in der Endphase der Saison betreut. So soll die Werkself noch einmal neue Impulse für das Erreichen des internationalen Geschäfts bekommen.

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Wolf-Debüt glückt

Nur elf Tage bleiben dem Trainer-Team um Hannes Wolf, der von der U18-Nationalmannschaft des DFB ausgeliehen wurde, um die strauchelnde Werkself wieder auf Kurs Europa zu bringen. In intensiven, ausgiebigen Trainingseinheiten versucht der zu dem Zeitpunkt 39-Jährige, der Mannschaft die verlorengegangene defensive Stabilität zurückzubringen – mit Erfolg. Das Wolf-Debüt gegen den FC Schalke 04 gelingt: Lucas Alario sowie der für den Argentinier eingewechselte Patrik Schick sichern mit ihren Treffern zehn beziehungsweise neun den so wichtigen 2:1-Erfolg.

Derbysieger!

Die defensive Stabilität kann auch in den folgenden Spielen gegen die TSG Hoffenheim (0:0) sowie den 1. FC Köln abgerufen werden. Beim zweiten Derbysieg gegen den FC in dieser Saison – das gab es davor zuletzt 2008/09 – reihen sich der formstarke Leon Bailey zweifach (zu dem Zeitpunkt 15 Scorerpunkte) sowie Moussa Diaby beim 3:0 in die Torschützenliste ein.

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Zwar kann der hart erkämpfte Derbysieg nicht mit den Bayer 04-Fans in der BayArena gefeiert werden, dennoch versammeln sich zahlreiche schwarz-rote Anhänger – unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen sowie dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – während des Spiels auf der Bismarckstraße, um ihre Mannschaft nach vorne zu peitschen. So stellt man sich Fan-Unterstützung in besonderen Zeiten vor! Anschließend konnten Lukas Hradecky und Co. zumindest akustisch – dem Arena-Dach sei Dank – zusammen mit den Fans feiern.

Werkself international

Zwar reißt Wolfs Ungeschlagen-Serie nach sieben Punkten aus drei Partien bei der 0:2-Auswärtniederlage beim FC Bayern München. Drei weitere Spiele ohne Niederlage gegen Eintracht Frankfurt (3:1), Werder Bremen (0:0) sowie den 1. FC Union Berlin (1:1) sichern Schwarz-Rot jedoch bereits einen Spieltag vor Saisonende den Einzug ins europäische Geschäft. Das Ziel „Europa League“ ist erreicht.

Ein emotionaler Abschluss

Am letzten Spieltag ist die Werkself zu Gast im Signal Iduna Park bei Borussia Dortmund. Da beide Teams bereits vor dem Saison-Finale ihre tabellarischen Ziele erreicht haben, rückt das sportliche Geschehen bei der 1:3-Niederlage von Bayer 04 gegen den BVB schon fast in den Hintergrund.

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Es ist ein Abschluss im Zeichen der Abschiede. Schiedsrichter Manuel Gräfe etwa pfeift sein letztes Spiel. Beim BVB wird unter anderem Lukasz Piszczek verabschiedet. Und bei Bayer 04 laufen Lars und Sven Bender zum letzten Mal in ihrer Profi-Karriere auf. Nach über 15 Jahren Kampf, Leidenschaft und Einsatzwille treten die Defensiv-Routiniers von der Profifußball-Bühne ab.

Dass Sven Bender im finalen Spiel bei seinem Ex-Klub Dortmund in der 89. Minute für seinen Zwillingsbruder ausgewechselt wird, der aufgrund einer Meniskusverletzung eigentlich gar nicht mehr zum Einsatz kommen sollte, scheint der emotionale Schlusspunkt zu sein. Doch es kommt noch besser.

Lars Bender gegen Roman Bürki

Svens Zwillingsbruder Lars, der zwölf Jahre voller Stolz das Kreuz auf der Brust getragen hat, fünf davon als Kapitän – darf sich tatsächlich in diesem Spiel noch in die Torschützenliste eintragen. In der 89. Minute schnappt sich der gebürtige Brannenburger den Ball und versenkt den Elfmeter zu seinem letzten Treffer für Bayer 04 im Dortmunder Kasten – BVB-Keeper Roman Bürki lässt den Ball aus Respekt vor einer großen Karriere regungslos passieren.

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Im Anschluss an die sportlich eher belanglose Partie verabschieden sich die Zwillinge dafür umso bedeutungsschwerer. Lars Bender sendet in seinem letzten TV-Interview als Profifußballer, das er gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder gibt, eine beeindruckende Message: „Eine Fußballmannschaft ist ein Sinnbild dafür, wie eine Gesellschaft aussehen sollte. Zusammenzustehen! Ein gemeinsames Ziel zu haben! Es ist völlig egal, wer da neben dir sitzt, wie er aussieht, wo er herkommt, was für eine Religion er hat oder was für einer Kultur er entspringt. Zusammenstehen! Nicht spalten lassen! Das ist die Botschaft, die ich aussenden möchte. Das nehme ich mit aus meiner Karriere.“

Der 7. Ehrenspielführer von Bayer 04

Nicht zuletzt diese Worte dokumentieren mal wieder: Ein ganz großer Fußballer und Mensch sagt an dem Tag Servus. Wen die Leverkusener da als Profi verlieren, wissen die Verantwortlichen im Klub schon länger. Und so ist es keine Überraschung, dass Bayer 04 vor dem letzten Heimspiel der Saison bekannt gibt, dass Lars Bender zum 7. Ehrenspielführer der Werkself ernannt wird. Damit steht der „Bayer beim Bayer“ in einer Reihe mit Ulf Kirsten, Carsten Ramelow, Bernd Schneider, Simon Rolfes, Rüdiger Vollborn und Stefan Kießling. Die Ehrung in der BayArena soll aber erst dann erfolgen, wenn wieder Zuschauer im Stadion sein können. In der Saison 2021/22.

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