
Während die beiden Partien von Bayer 04 von den Offensivreihen geprägt waren und die Zuschauer zahlreiche Tore auf beiden Seiten sehen konnten, beschränkte sich Zürich auf das Minimale: Sowohl in Larnaka als auch zu Hause gegen Rasgrad siegte der FCZ mit 1:0 und verschaffte sich damit eine Ausgangsposition, um im vierten Anlauf erstmals die K.o.-Runde der Europa League zu erreichen. So unspektakulär die Partie verlaufen sein mag – der knappe Auftaktsieg der Schweizer auf Zypern erlangte europaweite Bekanntheit: Nach dem entscheidenden Elfmetertreffer Mitte der zweiten Hälfte wollte Zürichs Torschütze Benjamin Kololli mit den eigenen Fans feiern, sprang über die Absperrung vor dem Fanblock, hatte aber nicht damit gerechnet, dass sich in der AEK Arena ein Graben dahinter befindet und stürzte in die Tiefe. Für das Internet und die Sozialen Netzwerke ein gefundenes Fressen mit zahlreichen Klicks – und für Kololli aufgrund des Siegs wohl ebenfalls zu verschmerzen. Nach dem Heimerfolg über Rasgrad durch ein spätes Tor von Kapitän Victor Pálsson steht Zürich nun auf Tabellenplatz zwei – punktgleich mit der Werkself, die Rang 1 belegt.
Zürich verfügt über ein junges, talentiertes Team, das ohne die ganz großen Namen auskommt. Der in Deutschland wohl bekannteste Akteur beim FCZ sitzt auf der Bank: Coach Ludovic Magnin (im Bild oben) absolvierte für Werder Bremen und den VfB Stuttgart insgesamt 149 Bundesligaspiele und wurde mit beiden Klubs Deutscher Meister. Nachdem er seine aktive Karriere 2012 in Zürich beendet hatte, blieb er dem Verein als Jugendtrainer erhalten und stieg letztlich im Februar dieses Jahres zum Chefcoach auf. Seinen Hintergrund im Nachwuchsbereich lässt Magnin auch bei seiner Arbeit mit der ersten Mannschaft einfließen und beruft regelmäßig auch Spieler aus den U-Mannschaften in seinen Kader, etwa den erst 16-Jährigen Becir Omeragic, der im Spiel gegen Rasgrad auf der Bank Platz nahm. Vorzeigemodell für die „jungen Wilden“ des FCZ ist Rechtsverteidiger Kevin Rüegg. Das Eigengewächs durchlief alle Jugendmannschaften des Vereins, ist nun mit 20 Jahren nicht mehr wegzudenken aus Magnins Startelf und sorgte mit seinen Leistungen bereits europaweit für Aufsehen. Auch einige Bundesligavereine sollen bereits ein Auge auf den Schweizer U21-Nationalspieler geworfen haben, der Teil des Züricher Prunkstücks ist: Magnins Defensive ließ nicht nur in den beiden ersten Europa-League-Spielen kein einziges Tor zu, sondern stellt auch die zweitstärkste Abwehrreihe in der Schweizer Super League – auch wenn es zuletzt gegen Meister Young Boys Bern gleich drei Gegentreffer beim 3:3 gab.
Für Magnin gibt es noch einige Kritik-Punkte, an denen er ansetzen muss – vor allen Dingen in der Offensive. Nach elf Spieltagen stehen gerade einmal 13 eigene Tore zu Buche, die wenigsten aller Mannschaften in der Super League. Die Verkäufe der beiden Top-Torschützen des letzten Jahres, Michael Frey (zu Fenerbahce Istanbul) und Raphael Dwamena (zu UD Levante), spülten im Sommer zwar reichlich Geld in die Kassen der Züricher, hinterließen aber auch eine gewaltige Lücke im Sturmzentrum, die bislang weder Neuzugang Assan Ceesay noch der erst 20-jährige Stephen Odey schließen konnten. Gemeinsam erzielten die beiden Afrikaner für Zürich auf gerade einmal vier Treffer in der Liga. Weitere Alternativen stehen Magnin auf dieser Position derzeit nicht zur Verfügung.
Nach dem überraschenden Abstieg in die Zweitklassigkeit im Jahr 2016 befindet sich Zürich derzeit auf dem besten Wege, sich wieder unter den Topklubs der Schweiz zu etablieren. Die vergangene Saison endete mit Rang vier in der Super League sowie dem vielumjubelten Sieg im Landespokal durch den Finalerfolg über Meister Young Boys Bern. Es soll nur der Anfang einer hoffentlich erfolgreichen Entwicklung sein, die der junge Trainer Magnin mit vielen jungen Spielern vorantreiben will. Die Qualifikation für die Europa League sowie die millionenschweren Verkäufe von Frey und Dwamena brachten dem FCZ in den vergangenen Monaten außerdem das nötige Kleingeld ein, um in den kommenden Jahren sowohl national als auch international angreifen zu können.
Gerade der späte Erfolg über Rasgrad könnte für den FCZ Gold wert gewesen sein. Die Ausgangsposition, um das Weiterkommen zu realisieren, ist somit geschaffen – und die stabile Defensive macht es jeder Mannschaft schwer, Tore gegen Zürich zu erzielen. Neben den Schweizern kassierten nur Betis Sevilla und der FC Chelsea an den ersten beiden Europa-League-Spieltagen noch kein einziges Gegentor. Sollte auch die Offensive früher oder später in Fahrt kommen, stehen die Chancen hervorragend, dass die Magnin-Elf erstmals die Gruppenphase des Wettbewerbs übersteht.

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