
„Es war nicht alles überragend, aber es waren gute Ansätze dabei“, analysierte Kapitän Lars Bender nach Abpfiff. „An sich war es wichtig, wieder gut reinzukommen und das ist uns gelungen.“
Über einen Monat nach dem DFB-Pokalfinale in Berlin war die Werkself wieder in einem Pflichtspiel gefordert - und mit ihr auch ihr Trainer. Denn in Mitchell Weiser, Kerem Demirbay (beide Gelbsperre), Karim Bellarabi (muskuläre Probleme), Paulinho (Kreuzbandriss) und Nadiem Amiri (nach Corona-Kontakt vorsorglich in häuslicher Quarantäne) musste Peter Bosz auf gleich fünf Spieler verzichten. Neu in der Startaufstellung waren unter anderem Exequiel Palacios und Florian Wirtz. Für beide Akteure war es der erste Einsatz auf europäischer Ebene.
Eine starke Botschaft sendeten beide Teams mit dem Anpfiff: Alle 22 Spieler gingen für einige Sekunden auf die Knie, um ihre Solidarität mit "Black Lives Matter" zu signalisieren. Dann rollte der Ball in der weiterhin leeren BayArena - und zwar schnell in Richtung Rangers-Tor. Bereits in den Anfangsminuten brachte die Werkself einige ansehnliche Kombinationen auf den Rasen, Moussa Diaby gab einen ersten Warnschuss ab (9.).
Etwas überraschend: Kai Havertz übernahm im 4-2-3-1 der Leverkusener die rechte Außenbahn, Europa-Debütant Wirtz spielte auf der Zehn. Der Werkself-Youngster leitete mit einem Eckball die nächste Möglichkeit ein, Sven Benders frecher Hacken-Abschluss wurde jedoch geblockt (10.). Allerdings wurde die durchweg gute Stimmung der Anfangsphase auch schnell getrübt: Charles Aránguiz sah für eine Grätsche im Mittelfeld Gelb und wird Bayer 04 damit im Viertelfinale gesperrt fehlen (15.).
Zeit zum Ärger blieb aber kaum, denn nur Sekunden später sorgte die Werkself für das erste spielerische Highlight: Kevin Volland legte einen Pass von Lars Bender ab zu Kai Havertz, der technisch hochwertig abnahm, aber nur die Latte traf (16.). Dieser Schuss hätte definitiv einen Treffer verdient gehabt. Gleiches galt wenig später auch für einen herrlichen Zauberpass von Exequiel Palacios genau in den Lauf von Kai Havertz, der daraufhin frei durch war, die Kugel aber Zentimeter am rechten Pfosten vorbeilegte (22.). Doch auch ohne Führungstreffer kontrollierte die Werkself das Geschehen auf dem Feld nach Belieben und ließ quasi keine nennenswerten Angriffe der Rangers zu, die Abwehr um den umsichtigen Sven Bender hatte ausgesprochen wenige Probleme.
Stattdessen setzte Bayer 04 immer wieder offensive Ausrufezeichen: Ein Distanzhammer von Moussa Diaby schoss knapp über die Latte (32.), wenig später zimmerte der Franzose einen Zuckerpass von Kai Havertz volley über den Giebel (38.). Nach einem der wenigen Angriffe der Schotten konterte die Werkself dann blitzschnell über links, schließlich wurde Florian Wirtz' Abschluss aus guter Position von Helander geblockt (43.). Eine Halbzeitführung für die Bosz-Elf wäre überfällig gewesen, doch da auch ein Flachschuss von Kevin Volland vorbeirauschte (45.), blieb die erste Hälfte torlos.
Am Spielstand sollte sich nach dem Wiederbeginn aber relativ schnell etwas ändern. Diesmal gelang Charles Aránguiz ein herrlicher Flugball über die Rangers-Abwehr hinweg zu Moussa Diaby, der den Ball im Strafraum stark mit der Brust mitnahm und dann mit Zug unter die Latte schickte - ein auf allen Ebenen blitzsauberes Tor (51.). Kai Havertz hätte beinahe schnell nachgelegt, scheiterte aber freistehend an McGregors Fußabwehr (54.).
Für die Rangers, die die Werkself-Defensive lange Zeit überhaupt nicht in die Bredouille bringen konnten, änderte der Treffer an der Situation zwar wenig - weiterhin brauchten die Schotten drei Tore -, doch jedem Beobachter war spätestens jetzt klar, dass Bayer 04 die nächste Runde erreichen würde. Zu dominant, zu souverän trat die Bosz-Elf auf. Der Zug in der Partie war damit ein wenig verflogen - und Peter Bosz entschied sich zu einem Dreifachwechsel: Für Lars Bender, Florian Wirtz und Moussa Diaby kamen Aleksandar Dragovic, Julian Baumgartlinger und Leon Bailey (68.).
Quasi aus dem Nichts kamen dann die Schotten zu ihrer ersten Torchance - und damit um ein Haar zum Ausgleich: Nach einer klasse Freistoßflanke von Barisic verschätzte sich Lukas Hradecky, sodass Goldson zum Kopfball kam. Edmond Tapsoba passte aber glänzend auf, eilte auf die Linie zurück und klärte dort artistisch (71.). Etwas später war es Charles Aránguiz, der sich in einen gefährlichen Abschluss des eingewechselten Stewart warf (81.). In der Nachspielzeit durfte auch Lukas Hradecky nochmal zupacken und parierte einen Barisic-Schuss im Nachfassen (90.+2). Für Bayer 04 kamen Leon Bailey (85.) und Kai Havertz (87.) in der Schlussphase noch zu zwei Abschlüssen. Erfreulicher Schlusspunkt aus Werkself-Sicht: Adrian Stanilewicz wurde kurz vor Ende für den starken Exequiel Palacios eingewechselt und kam so zu seinem zweiten Einsatz im Profiteam.
Der Einzug in die nächste Runde war für Schwarz-Rot letztlich nie wirklich in Gefahr - und bedeutet für die Historie des Vereins einen großen Schritt: Bayer 04 steht erstmals seit 2008 wieder im Viertelfinale eines internationalen Wettbewerbs. Dort trifft die Werkself nun am Montagabend um 21 Uhr in Düsseldorf auf den italienischen Vize-Meister Inter Mailand, der Halbfinalist wird in nur einem Spiel ermittelt - allerdings ohne das Zutun von Charles Aránguiz.
Die Statistik:
Bayer 04: Hradecky – L. Bender (68. Dragovic), S. Bender (77. Tah), Tapsoba, Sinkgraven – Aránguiz, Palacios (87. Stanilewicz) – Havertz, Wirtz (68. Baumgartlinger), Diaby (68. Bailey) - Volland
Glasgow Rangers: McGregor - Tavernier (77. Patterson), Goldson, Helander, Barisic - Davis (66. Jones) - Jack, Aribo - Barker (61. Hagi), Morelos (77. Stewart), Kent (66. Arfield)
Tor: 1:0 Diaby (51.)
Schiedsrichter: Danny Makkelie (Niederlande)
Gelbe Karten: Aránguiz, Sinkgraven, Tah - Barker, Hagi

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