Vor 21 Jahren: Leverkusener Rekord-Beteiligung beim DFB

Neun Werkself-Profis bei einem Länderspiel: Diesen Rekord stellte Bayer 04 vor exakt 21 Jahren, am 29. März 2000, an einem verregneten Abend in Kroatien auf. Wir blicken zurück auf ein besonderes Fußballduell.
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Es schüttete wie aus Kübeln an diesem Abend im spärlich besetzten Maksimir-Stadion von Zagreb. Vor allem die erste Halbzeit erinnerte angesichts der riesigen Pfützen auf dem Rasen an das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Polen am 3. Juli 1974. „Fußball? Das sah zeitweise eher nach Wasserball aus!“ schrieb die Rheinische Post nach dem 1:1 zwischen Kroatien und der DFB-Auswahl am 29. März 2000. Für die Tageszeitung gehörte die Partie vor genau 21 Jahren deshalb „zu den kuriosesten Begegnungen in der Geschichte deutscher Fußball-Länderspiele“.

Außergewöhnlich an dieser Test-Partie zehn Wochen vor Beginn der Europameisterschaft in Belgien und den Niederlanden waren freilich nicht nur die fast irregulären Platzverhältnisse. Als geradezu historisch erwies sich nämlich die Tatsache, dass neun Spieler von Bayer 04 auf dem Aufstellungsbogen zu finden waren. Gleich sieben Werkself-Profis hatte der damalige Teamchef Erich Ribbeck ins DFB-Team berufen, zwei Spieler aus Leverkusen standen im Kader von Kroatiens Nationalcoach Miroslav Blazevic.

In der deutschen Auswahl kamen Jens Nowotny, Michael Ballack und Ulf Kirsten als Startelfspieler sowie Carsten Ramelow, Paulo Rink und Stefan Beinlich als Einwechselspieler zum Einsatz. Lediglich Oliver Neuville blieb auf der Bank. Auf kroatischer Seite spielten Boris Zivkovic und Robert Kovac. Acht eingesetzte Nationalspieler von einem Verein in einem Match: Das hatte es zuvor – so fanden Statistiker heraus – in den 92 Jahren deutscher Länderspielgeschichte noch nie gegeben. ZDF-Kommentator Béla Réthy stellte gleich zu Beginn der Partie erstaunt fest: „Eine Leverkusener Mehrheit in der deutschen Nationalmannschaft: Das ist eine absolute Premiere.“ Der sonst so dominante Bayern-Block bestand dieses Mal unter anderem aufgrund der kurzfristigen Absagen von Markus Babbel und Jens Jeremies nur aus dem Duo Oliver Kahn und Thomas Linke.

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Der Leverkusener Michael Ballack (Deutschland, M.) und Kollegen stapfen mit Kroatiens Mario Stanic durch sumpfiges Gelände.

„Bedeutendes Kapitel in der Geschichte von Bayer“

Trotz des vom Regen überfluteten Rasens boten beide Teams an diesem Abend streckenweise ansehnlichen Kombinationsfußball. Die deutsche Elf war in der zwölften Minute durch einen Kopfball des Berliners Marko Rehmer nach Flanke von Didi Hamann in Führung gegangen. Die Kroaten glichen in der 70. Minute durch Niko Kovac aus, der bis Sommer 1999 ja auch noch unterm Bayer-Kreuz gespielt hatte und dann zum Hamburger SV gewechselt war.

Wie sein Bruder Robert wurde auch Niko Kovac in Leverkusen unter Christoph Daum Nationalspieler – wie so viele andere Werkself-Profis in den vier Daum-Jahren. Der damalige Bayer 04-Coach mochte nach diesem historischen Länderspiel mit Leverkusener Rekordbeteiligung seinen Stolz auch nicht verhehlen und sah ein „bedeutendes Kapitel in der Geschichte von Bayer eingeläutet“. Wobei er die Bedeutung von der „Präsenz unserer Spieler in der Nationalelf“ ableitete und mit einem Lächeln hinzufügte: „Leverkusen ist nicht aufzuhalten.“

Zehn Bayer 04-Profis hatten es zwischen 1983 und 1996 ins deutsche Nationalteam geschafft. Herbert Waas war der erste, Ulf Kirsten der bis dato letzte. In den vier Jahren unter Daum von 1996 bis 2000 gaben mit Nowotny, Beinlich, Ramelow, Rink, Neuville und Ballack gleich sechs weitere Leverkusener ihr Debüt in der DFB-Auswahl. Und sie alle – plus Ulf Kirsten – standen eben auch an jenem 29. März 2000 im Kader von Erich Ribbeck. Und der Teamchef kannte Bayer 04 ja bestens aus eigener Erfahrung. Er hatte den Klub 1988 zum UEFA-Cup geführt und war zwischen 1995 und 1996 noch einmal dort tätig gewesen. Jetzt, vier Jahre später, suchte „Sir Erich“ seinen finalen Kader für die im Juni startende EM.

Und er fand reichlich geeignete Kandidaten bei seinem ehemaligen Verein, der eine fantastische Saison spielte. Anderthalb Wochen vor dem Kroatien-Spiel hatte das Daum-Team mit dem 9:1 in Ulm den höchsten Sieg der Vereinsgeschichte geholt – und sollte sich mit den Bayern noch einen bis zum letzten Spieltag packenden Kampf um die Meisterschaft liefern, den Schwarz-Rot in Unterhaching bekanntermaßen dramatisch verlor.

„Note 1 mit Sternchen“ für Nowotny

Zurück zum Länderspiel in Zagreb: Für Béla Réthy war Jens Nowotny damals der „Man of the Match“. „Für mich der überragende Mann, Note 1 mit Sternchen“, sagte der Kommentator über den Leverkusener Kapitän, der fast jeden Zweikampf gewann und die deutsche Abwehr gegen die in der zweiten Hälfte immer stärker werdenden Kroaten zusammenhielt. Gute Bewertungen erhielt auch Michael Ballack, der für die Rheinische Post zu den besten Akteuren im deutschen Team zählte: „Bei seinem vierten Länderspiel-Einsatz überzeugte der frühere Kaiserslauterer nicht nur durch spielerische Akzente, sondern auch durch seine Kopfballstärke.“ Carsten Ramelow, der mit Beginn der zweiten Hälfte für den Torschützen Marko Rehmer aufs Feld kam, ging gewohnt robust zur Sache, hatte ebenfalls einige gute Szenen und setzte einmal seinen Teamkollegen Ulf Kirsten mit einer Flanke fein in Szene. Aber der „Schwatte“ agierte in seinem 47. Länderspiel glücklos. Paulo Rink, der sieben Minuten vor Schluss für ihn eingewechselte „Brasilo-Deutsche“ (Béla Réthy), konnte wie Stefan Beinlich, der in der 88. Minute kam, keine Akzente mehr setzen.

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Im Platzregen von Zagreb: Der Leverkusener Paulo Rink (Deutschland, o.) stürzt über den grätschenden Kroaten Stjepan Tomas.

Während manche Beobachter dieses 1:1 im Vorfeld der EM wegen der katastrophalen Platzverhältnisse als „Muster ohne Wert“ (Rheinische Post) bezeichneten, sahen andere eine „zufriedenstellende Vorstellung und einen Schritt nach vorne“ (ZDF-Reporter Michael Palme). Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, damals bereits 39 Jahre alt, zeigte sich nach seinem 145. Länderspiel zuversichtlich: „Das ist der richtige Weg, um bei der Europameisterschaft vielleicht weiter vorne mitzuspielen, als man uns das nach den letzten Leistungen zugetraut hat.“

Leider trog diese Hoffnung. Die EM in Belgien und den Niederlanden, bei der bis auf Neuville und Beinlich alle Leverkusener aus dem Kroatien-Spiel im deutschen Kader standen, wurde sportlich eine riesige Enttäuschung. Das DFB-Team schied in der Vorrunde aus, auf Erich Ribbeck folgte als Teamchef Rudi Völler. Zwei Jahre später zog Deutschland unter ihm bei der WM in Südkorea und Japan ins Finale gegen Brasilien ein. Alles war ganz anders, eines aber blieb konstant: die starke Leverkusener Präsenz in der Nationalmannschaft. Fünf Bayer 04-Profis hatte Völler für die WM nominiert, drei davon standen in der Endspiel-Startelf (Ramelow, Schneider, Neuville), einer saß auf der Bank (Torhüter Hans-Jörg Butt), Michael Ballack musste gelb-gesperrt passen – und auf Seiten der Brasilianer durfte Lucio als sechster Leverkusener schließlich nach dem 2:0-Sieg der Selecao den WM-Pokal küssen. „Leverkusen ist nicht aufzuhalten“: Christoph Daum hatte Recht behalten.

Längst sind die weitaus meisten Spieler der Werkself auch regelmäßig für ihre Nationalteams im Einsatz. So kommt es immer wieder mal zu Länderspielen mit einem hohen Anteil an Bayer 04-Profis – wie etwa vor viereinhalb Jahren, als beim 2:0-Sieg der deutschen Nationalelf im Freundschaftsspiel gegen Finnland Karim Bellarabi, Kevin Volland, Julian Brandt, Bernd Leno und Jonathan Tah auf ihren finnischen Teamkollegen Joel Pohjanpalo trafen.

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