Der 13. Mai 1979, den er später als den „glücklichsten Moment meiner Trainer-Tätigkeit“ bezeichnete, begann mit einem Tobsuchtsanfall. Als der Mannschaftsbus der Werkself an jenem sonnigen Sonntag zum Spiel gegen Bayer 05 Uerdingen ins Stadion an der Bismarckstraße einfuhr, glaubte Willibert Kremer seinen Augen nicht zu trauen: Gleich nebenan, auf der Fläche des heutigen Ulrich-Haberland-Stadions, war schon alles hergerichtet für die große Aufstiegssause mit den Fans: zig Getränkestände, Würstchenbuden und Pavillons, 3.000 Liter Freibier. Bayer 04 hatte ordentlich Vorsorge getroffen, nur Kremer wusste von nichts. Dem Coach, von Natur aus eher ein vorsichtiger Mahner, schwoll bei diesem Anblick mächtig der Kamm. „Es war der viertletzte Spieltag, wir brauchten noch einen Punkt zum Aufstieg und spielten gegen den Tabellenzweiten. Man weiß doch, was in so einer angespannten Situation alles passieren kann. Deshalb bin ich ein wenig ausgeflippt und explodiert.“
Diese Anekdote sagt viel aus über den Menschen und Trainer Willibert Kremer, dem Blendwerk immer zuwider war. Erst hatte man zu liefern, dann durfte auch ans Feiern gedacht werden. Als Bayer 04 das Spiel gegen Uerdingen nach 0:3-Rückstand in einer letzten halben Stunde wie im Rausch noch in ein 3:3 gebogen hatte und der Aufstieg in die Eliteliga Wirklichkeit war, ließ sich Kremer auf den Schultern seiner Spieler ausgelassen über den Platz tragen. Die Werkself endlich erstklassig: Es war zu großen Teilen das Werk des unaufgeregten Coachens und Führens. Der Aufstieg krönte eine märchenhafte Spielzeit mit dem maximalen und gänzlich unerwarteten Erfolg.
Gut drei Jahre zuvor war davon an der Dhünn nicht einmal im Ansatz etwas zu erahnen. Als Willibert Kremer am 5. April 1976 als neuer Trainer und Nachfolger von Radoslav Momirski bei Bayer 04 präsentiert wurde, steckte die Werkself in ihrer ersten Spielzeit in der 2. Bundesliga Nord bis zum Hals im Abstiegssumpf. Zuvor hatte der damals 36-Jährige den MSV Duisburg in der Eliteliga gecoacht und bei den Zebras Profis wie Bernard Dietz, Ronnie Worm und Rudi Seliger zu Nationalspielern geformt. Als der MSV aber nach drei Jahren keine Anstalten machte, Kremers auslaufenden Vertrag zu verlängern, kündigte der Coach zwei Monate vor Saisonschluss von sich aus – per Einschreiben und den Worten: „Ich habe es nicht nötig, den Vorstand auf Knien um Weiterbeschäftigung zu bitten.“
Kremer, der als Profi 119 Bundesligaspiele für den MSV Duisburg und Hertha BSC bestritt, war vom legendären Hennes Weisweiler an der Sporthochschule Köln ausgebildet worden und hatte sich viel abgeschaut von „Don Hennes“. Einer seiner wichtigsten Grundsätze: Lautstärke und markiges Auftreten produzieren keine Autorität, sondern Sachkenntnis und Menschenführung. In Leverkusen freilich zeigte sich Kremer nach seiner ersten Trainingseinheit erst einmal höchst desillusioniert: „Ich hatte gerade mal ein lockeres Aufwärmprogramm durchgezogen, wie ich es seinerzeit aus der Bundesliga gewohnt war, da mussten sich einige Spieler schon übergeben, so sehr hatten sie sich in der halben Stunde verausgabt.“ Doch trotz des kurzfristigen Unwohlseins schaffte Bayer 04 mit Kremer auf den letzten Drücker noch als 15. der Tabelle den Klassenerhalt.
Der Retter investierte viel Kraft und Energie in den Aufbau nachhaltiger, professioneller Strukturen bei Bayer 04. Kremer widmete sich beispielsweise der A-Jugend, die er anfangs zusätzlich zu den Profis noch mittrainierte. „Die hatten damals ja nicht einmal einen kompletten Satz Trikots. Ein Nachwuchsspieler, der etwas auf sich hielt, ging nicht nach Leverkusen, sondern zum 1. FC Köln oder TuS Höhenhaus“, so der gebürtige Rheinländer, der höchstpersönlich Talente sichtete und sich im Zweifel auch mit dem Platzwart auseinandersetzte, wenn er den Eindruck gewann, dass die Halme des neu eingesäten Rasens nicht ordentlich wuchsen. Eine seiner wertvollsten Neuverpflichtungen: Reiner Calmund kam als neuer Jugendbetreuer von Frechen 20.
Sportlich gediehen die Dinge prächtig unter Kremer: Platz zehn im Sommer 1977 und Rang acht ein Jahr später bildeten die Zwischenstationen zur sensationellen Saison 1978/79, als die Leverkusener als Underdog mit 20 ungeschlagenen Spielen in Folge unwiderstehlich in die Bundesliga marschierten. In der ersten Spielzeit im Oberhaus landete Bayer 04 auf Platz zwölf, doch im schwierigen zweiten Jahr häuften sich die sportlichen Probleme – und der Coach geriet zunehmend in die Diskussion. Am 22. November 1981 wurde Kremer beurlaubt und sein Assistent Gerd Kentschke mit der Teamleitung betraut. Kremer arbeitete danach noch weitere 14 Jahre als Trainer bei 1860 München, Fortuna Düsseldorf, Eintracht Braunschweig, MSV Duisburg und Tennis Borussia Berlin, ehe er ab 1998 die Scouting-Abteilung von Bayer 04 bereicherte und dort mit seiner geschätzten Expertise über 15 Jahre in der Sichtung und Gegnerbeobachtung tätig war.
In den vergangenen Jahren waren seine öffentlichen Auftritte selten geworden, doch der Kontakt zu Bayer 04 im Allgemeinen und zum 79er-Aufstiegsteam im Besonderen riss nie ab. Wer ihn im Mai 2019 bei schon angeschlagener Gesundheit inmitten seiner Zöglinge von damals bei den Feierlichkeiten zu „40 Jahre Bundesliga unterm Bayer-Kreuz“ als Alterspräsidenten der Truppe erlebte, spürte die innige Verbundenheit und sah in seinen glänzenden Augen pure Freude über ein bewegendes Wiedersehen.
In der Nacht zu Heiligabend ist Willibert Kremer nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 82 Jahren verstorben. Sein Platz in der Vereinsgeschichte von Schwarz und Rot wird unantastbar bleiben. Als Pionier und Erneuerer, als Meister-Coach und Aufstiegstrainer.
Am 28. Spieltag der laufenden Bundesligasaison gastiert die Werkself beim 1. FC Heidenheim 1846. Die Partie findet am Samstag, 5. April, um 15.30 Uhr in der Voith-Arena statt. Alle Infos zum Ticketverkauf.
Mehr zeigenIm Rahmen des Bundesliga-Heimspiels gegen den VfL Bochum 1848 (Freitag, 28. März, 20.30 Uhr) veranstaltet Bayer 04 den nächsten Stadtteil-Spieltag. Zu diesem Anlass laden der Werksklub und der Fanclub LEV-Szene ’86 am Spieltag ab 17 Uhr zu einem besonderen Familientag im Clubhaus (Adresse: Konrad-Adenauer-Platz 2G, 51373 Leverkusen). Besucher können sich in ausgelassener Atmosphäre über einige Mitmach-Aktionen und vieles mehr freuen. Am Abend kann zudem das Duell zwischen der Werkself und Bochum in gemeinsamer Runde live verfolgt werden.
Mehr zeigenDer Werksklub gibt gemeinsam mit BarmeniaGothaer einen Einblick in den Alltag des Bayer 04-Deutschlehrers Grischa Flaving. Ob auf dem Trainingsplatz oder an der Supermarktkasse – Grischa sorgt dafür, dass die Werkself-Profis sich mit Freude am Lernen mit der deutschen Sprache vertraut machen und sich bestens in ihrem Umfeld verständigen können. Als einer von mehreren Deutschlehrern bei Bayer 04 betreut Grischa den Brasilianer Arthur, den argentinischen Neuzugang Alejo Sarco und das französischsprachige Duo Martin Terrier und Jeanuel Belocian.
Mehr zeigenDer Sportwetten-Anbieter Tipwin Limited und Bayer 04 Leverkusen setzen weiter auf ihre vertrauensvolle Partnerschaft: Die Zusammenarbeit mit dem Premium-Partner, zugleich offizieller Wett-Partner für die DACH-Region, wurde um zwei weitere Jahre bis zum 30. Juni 2027 verlängert.
Mehr zeigenVor kurzem fand im XPERION, einer großen Gaming-Location in Köln, der „SCHWARZ-ROTE Fan Cup – Unterm Kreuz“ statt. Bei diesem Event hatten 32 Teilnehmer die einzigartige Chance, sich die eine begehrte Wildcard zu erspielen für die VBL Open Playoffs by WOW, der Vorstufe zum VBL Grand Final by WOW, dem wichtigsten Einzelturnier der deutschen EA FC-Landschaft. Das begehrte Ticket gewonnen hat Bayer 04-eTalent Markus Hüttemann.
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