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9.08.2020Europa League

Italien-Experte: „Mit der Leistung gegen Getafe fliegt Inter raus“

Die Roma, Atalanta, Juventus, Napoli und Inter: Auf Oliver Birkner wartet dieser Tage ein straffes Programm. Der 50-Jährige ist Italien-Korrespondent des kicker und berichtet unter anderem über die Auftritte der italienischen Vertreter auf europäischem Parkett. Auf bayer04.de spricht der gebürtige Gelsenkirchener, der seit 2007 in Florenz wohnt, über Inter Mailand, den Viertelfinal-Gegner der Werkself in der Europa League – und offenbart interessantes Fachwissen über die „Nerazzurri“.
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Oliver Birkner erblickte 1970 in Gelsenkirchen das Licht der Welt, sympathisierte früh mit dem VfL Bochum. In der Stadt seines Lieblingsklubs begann er nach seiner Kindheit zu studieren, absolvierte Teile seines Studiums zudem in Glasgow und Bologna. Während seiner Zeit in Norditalien verliebte er sich laut eigener Aussage in Land und Leute. Aus Arbeitsgründen kehrte er allerdings zurück nach Deutschland. Seit 2004 ist Birkner für den kicker tätig, seit 2007 als Italien-Korrespondent. „Ich habe nur darauf gewartet, zurückziehen zu können“, sagt der heute 50-Jährige, der mit seiner Familie nun bereits 13 Jahre in Florenz wohnt.

Herr Birkner, Inter Mailand machte im Achtelfinale der Europa League gegen den FC Getafe da weiter, wo es am letzten Spieltag der Serie A gegen Atalanta Bergamo aufgehört hatte: mit einem 2:0-Sieg. Welchen Eindruck haben die „Nerazzurri“ in dem K.o.-Duell am Mittwochabend auf Sie gemacht?
Das Spiel war wieder einmal sinnbildlich für den gesamten Saisonverlauf Inters. Dieses Team hat zwei Gesichter. In der Anfangsviertelstunde sind sie von dem hohen Pressing Getafes überrascht worden, haben durch ihre technische Klasse dann aber die Spielkontrolle übernommen. Im gesamten Spielverlauf war der Auftritt von Inter ein leichtes Auf und Ab. Man hat gesehen, dass eine vom Papier und von der individuellen Klasse schwächere Mannschaft Inter mit einer geschlossenen Teamleistung vor Probleme stellen kann.

Nur eine einzige Niederlage nach dem Re-Start und die Qualifikation für die Champions League frühzeitig in der Tasche gehabt – Woran sind die guten Ergebnisse Inters nach der Corona-Spielpause festzumachen?
Die Ergebnisse haben natürlich gestimmt. Spielerisch hat Inter aber nicht unbedingt durchweg überzeugt. Es gab tolle Auftritte mit klaren Siegen, aber auch unnötige Punktverluste gegen mittelklassige Klubs. Der typische Spielverlauf dieser Mannschaft ist eine fantastische erste Hälfte, gefolgt von einem totalen Abbau nach der Pause.

In der Modestadt hat man im vergangenen Sommer viel Geld in die Hand genommen, unter anderem für Stürmerstar Romelu Lukaku. Hat sich die Investition für den Neuzugang von Manchester United ausgezahlt?
Lukaku war der erste absolute Wunschspieler Contes nach seinem Amtsantritt bei Inter; er wollte ihn schon zu Chelsea holen. Dann hat ihn aber Manchester United weggeschnappt. Im vergangenen Sommer hat Inter dann für die vereinsinterne Rekordsumme Conte seinen Wunschspieler gekauft. Lukaku hat in dieser Saison bisher definitiv überzeugt, mit dem 30. Pflichtspieltor gegen Getafe seinen persönlichen Saisonrekord aufgestellt und zudem die Inter-Bestmarke eines gewissen Samuel Eto’os eingestellt. Sollte Lukaku gegen Leverkusen treffen, würde er damit übrigens den Europa-League-Rekord von Alan Shearer übertrumpfen. Dann hätte er nämlich in seinem neunten Europa-League- bzw. UEFA-Cup-Spiel in Folge getroffen.

Nicht nur in neues Spielerpersonal investierte man in Norditalien vor dem Saisonstart. Mit Antonio Conte, der zuletzt zwei Jahre den FC Chelsea trainierte, verpflichteten die Offiziellen für viel Geld auch einen neuen Coach. Wie erleben Sie das Inter Mailand unter dem 51-Jährigen?
Nach dem Triple 2010 unter José Mourinho ist die Mannschaft in ein tiefes Trauma verfallen. Conte ist seither der elfte Trainer gewesen. Suning (seit 2016 fungiert der chinesische Konzern als Eigentümer des Vereins, Anm. d. Red.) hat sukzessive Ordnung in den Klub gebracht, den Umsatz binnen vier Jahren verdoppelt. Sie haben einen Trainer mit Weltformat gesucht und diesen in Conte gefunden. Er ist jemand, der immer schnell Erfolg hat. Wie er die Spieler motiviert und in so kurzer Zeit besser macht, ist einzigartig. Conte hat Inter wieder mit einer Spielidee ausgestattet und mit diesem Kader bislang Fantastisches geleistet.

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Am Montag wartet die Werkself auf die Mailänder: Welches Team sehen Sie in diesem Aufeinandertreffen als Favorit?
Ich würde kein Geld auf eines der beiden Teams setzen. Es stellt sich wieder die Frage, ob es besser ist, nach sieben Englischen Wochen nahtlos in den Wettbewerb überzugehen oder einen Monat Pause gehabt zu haben. Aber eines ist klar: Inter gegen Leverkusen ist mit Sicherheit nicht Inter gegen Getafe. Leverkusen wird sich vor dem Tor nicht so oft bitten lassen und Chancen vergeben wie die Spanier. Mit der Leistung gegen Getafe fliegt Inter gegen Bayer raus.

Sind die Mailänder nach fast einer Dekade ohne Titel in diesem Jahr dann überhaupt reif für den Europa-League-Sieg?
Wenn sie die Hürde Leverkusen genommen haben, sehe ich den Weg für Inter ins Finale frei. Natürlich scheint bei einem Blick auf den Turnierbaum ein Endspiel zwischen Inter und Manchester United wahrscheinlich. Aber die Chance für die Außenseiter war, vor allem durch die Konstellation mit einer statt zwei Partien pro Runde, selten so groß wie in diesem Jahr. Es würde mich wundern, wenn in jedem Spiel die Favoriten gewinnen.

Inter stellt sich für die Zukunft auf. Mit Achraf Hakimi, der zuletzt von Real Madrid an Borussia Dortmund ausgeliehen war, haben die Italiener nach Lukaku und Winter-Neuzugang Christian Eriksen (Tottenham Hotspur) den nächsten Top-Spieler an Land gezogen. Werten Sie diesen Transfer auch als ein Ausrufezeichen an die Konkurrenz?
Definitiv. Seit der Übernahme 2016 ist der große Angriff auf die italienische Übermacht Juventus das Ziel von Suning. Der Gewinn der Europa League wäre der nächste Mosaikstein auf dem Weg, in den Kreis der besten Klubs der Welt zurückzukehren.

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Vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie: Die Inter-Führungsriege mit Präsident Steven Zhang (Mitte) zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Giuseppe Marotta (l.) und Vize-Präsident Javier Zanetti.

Sie haben die Vereinsführung angesprochen. Als Präsident fungiert seit Oktober 2018 der chinesische Unternehmer Steven Zhang, der Sohn des Suning-Inhabers. Inwieweit mischt sich der 28-Jährige in die sportlichen Belange ein und wie klappt die Zusammenarbeit mit Vize-Präsident und Ex-Inter-Profi Javier Zanetti sowie dem langjährigen Sportdirektor Piero Ausilio?
Die Zusammenarbeit funktioniert. Meiner Meinung nach ist es im Fußball wichtig, einen Vertreter des ausländischen Besitzers vor Ort zu haben – gerade in einem so fußballverliebten Land wie Italien mit den emotionalen Fans. Zhang ist greifbar, täglich vor Ort und fungiert als Mittelsmann zwischen dem Besitzer und dem Klub. Zudem hat Inter mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden Giuseppe Marotta einen absoluten Top-Mann geholt, der mit Conte auch schon bei Juventus zusammengearbeitet hat. Nach den chaotischen Jahren ist Ruhe in den Verein eingekehrt.

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