Eine packende Idee

Ste­fan Rein­artz

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Stefan Reinartz hat viele verblüfft, als er im Sommer 2016 in Frankfurt mit 27 Jahren seine Profikarriere beendete. Mittlerweile ist der langjährige Werkself-Profi, der am 1. Januar 29 Jahre alt geworden ist, mit seiner innovativen Fußball-Analyse namens Packing längst in aller Munde. Im ausführlichen Gespräch mit dem Werks11-Magazin erzählt der ehemalige Bayer 04-Profi von Beginn und Umsetzung seiner neuen Leidenschaft – und wie ein paar heimliche Kölsch einst seinen Wechsel vom Innenverteidiger auf die Sechserposition befeuert haben...

Als die Wellen der öffentlichen Erregung im Juni 2016 über ihm zusammenschlugen, genoss er gerade die Brandung am anderen Ende der Welt. Fußball-Deutschland debattierte nach dem EM-Spiel des Teams von Joachim Löw gegen die Ukraine über die neue Form und Qualität der statistischen Datenerhebung eines Spiels, als deren Erfinder, Begründer und Präsentator sich 15.000 Kilometer Luftlinie entfernt in den Flitterwochen in Französisch-Polynesien befand. Honeymoon auf Bora Bora in der Südsee.

Stefan Reinartz muss breit grinsen, wenn man ihn auf sein bewegtes Wochenende vor gut eineinhalb Jahren anspricht. Freitag die standesamtliche Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin Gianna in Köln, Samstag die Trauung in Wermelskirchen nebst amtlicher Party bis Sonnenaufgang, dann nach drei Stunden Schlaf flugs ins Auto gesetzt und die viereinhalbstündige Tour nach Lille runtergebrettert – und dort im ARD-EM-Studio zur besten Sendezeit ein staunendes Millionenpublikum an der Seite von Moderator Matthias Opdenhövel und des begeisterten Experten Mehmet Scholl über die Existenz und Möglichkeiten von „Packing“ aufgeklärt. Die Kugel war im Spiel – und sie rollte verdammt schnell.

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Der telegene Anfang: Stefan Reinartz im Juni 2016 im ARD-EM-Studio

„Es war auch ein bisschen günstige Fügung dabei, dass wir den Zuschauern das System beim Ukrainespiel gleich anschaulich und verständlich nahe bringen konnten“, sagt Reinartz. Toni Kroos sei Dank. Der Ex-Münchner, -Leverkusener und Madrilene spielte früh im Match einen zauberhaften Pass auf Sami Khedira, bei dem gleich neun Ukrainer überspielt wurden – und Reinartz konnte den Sinn und Zweck von Packing anhand dieser Szene dem Publikum an den Bildschirmen prächtig präsentieren. „Am Ende des Spiels hatte Toni über 100 Gegner überspielt, und wir konnten so grafisch zeigen, warum er so wichtig für das deutsche Team ist: Weil er das Spiel so extrem nach vorne treibt.“

Auf einen kurzen prägnanten Nenner gebracht, liest sich die Idee des Packings so: Je mehr gegnerische Spieler eine Mannschaft mit Vertikalpässen, Diagonalbällen oder Dribblings im Verlauf von 90 Minuten überspielt und sozusagen aus dem Spiel nimmt (sie sich „packt“), weil sie dann nicht mehr zur Verteidigung des eigenen Tores beitragen können, desto größer ist der Effekt und Einfluss. Das Kriterium ist, dass sich nach einer gelungenen Offensivaktion weniger Gegner zwischen Ball und gegnerischem Tor befinden als vor der Aktion. „Wir haben die Spielanalyse auf ein anderes Level gehoben. Vorher gab's ja eigentlich nur Laufleistung, Ballbesitz-, Pass- und Zweikampfquote als Parameter“, betont Reinartz. So viel gesunde Selbsteinschätzung darf's dann schon sein.

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Vortrag auf einer internationalen Trainertagung in Fulda.

Mit der Idee des Packing, von diesem plakativen Begriff damals noch weit entfernt, war Stefan Reinartz bereits vor vier Jahren schwanger gegangen. Im Januar 2014 saß er als Fußball-Profi bei Bayer 04 mit zwei Professoren bei einer Veranstaltung der Sporthochschule in Köln auf dem Podium, wo es darum ging, dass die herkömmlichen Statistiken im Fußball keine Korrelation zum Spielausgang bieten. Wer mehr Ballbesitz hat, gewinnt noch lange nicht das Match. Mit seinem Kumpel Jens Hegeler – damals ebenfalls noch bei der Werkself und heute nach seinem Engagement bei Hertha BSC in Bristol in Englands zweiter Liga tätig – forschte Reinartz im stillen Kämmerlein zwischen Trainingseinheiten und Spielen mit Bayer 04 nach erhellenderen Erkenntnissen. „Die Passquote allein war nicht wichtig, weil der Querpass über drei Meter genauso bewertet wurde wie der Traumpass in die Spitze. Wir haben uns dann gefragt, was denn einen besonders guten Pass auszeichnet. Und so ging das dann allmählich los und in die Tiefe.“

An wie vielen Gegenspielern komme ich also vorbei mit einem Pass? „Das war die Grundidee, und dann haben wir uns hingesetzt mit Zettel und Papier, haben Spiele geguckt und uns mal zwei Spieler rausgepickt.“ Die Dortmunder Mats Hummels und Neven Subotic waren die ersten Probanden der Versuchsreihe. Subotic hatte eine durchschnittliche Passquote von 84 Prozent, Hummels nur von 78 Prozent. „In unseren Augen hat jedoch Hummels den besseren Spielaufbau.“ Also führten Reinartz und Hegeler Strichlisten mit den Gegnern, die das BVB-Innenverteidigerpärchen damit überspielte. Und ihre zweite Währung beim Messen würdigte den Abstand zum eigenen Tor, weil es maßgeblich ist, ob mit einer Aktion der gegnerische Stürmer oder der letzte Verteidiger überspielt wird. Zudem ist es relevant, dass der Ball nach einem Pass vom Mitspieler verarbeitet und kontrolliert werden kann. Auch das Verhalten des Ball-Adressaten ist somit elementarer Gegenstand der Untersuchungen: Wie behauptet er die Kugel, steht er unter hohem Druck, weil ihn der Gegner mit großem Tempo anläuft, mit welchem Geschick bewegt er sich in die Räume?

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Da wussten wir, dass es funktioniert und wir genau auf dem richtigen Weg sind

Im besagten Fallbeispiel kam schließlich Folgendes heraus: Subotic überspielte in 90 Minuten 30 Gegner, Hummels aber 76. Bingo, der Beweis der Vermutung, was den wertvolleren Aufbauspieler angeht, war erbracht! Und noch ein ausgewertetes Ereignis ermutigte Reinartz und Hegeler im Sommer 2014, mit Schmackes am Ball zu bleiben: das wohl für ewig denkwürdige WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Brasilien. Das an diesem Tag sehr ungleiche Duell brachte einen rauschenden 7:1-Sieg der späteren Weltmeister-Equipe. Aber alle gängigen Statistiken wie Torschüsse, Ballbesitz, Zweikämpfe oder Ecken sahen die Selecao vorn. „Mit unseren Daten stellten wir aber sofort fest, dass Deutschland in diesem Spiel viel bessere Räume gefunden hat und an weitaus mehr Verteidigern, das sind für uns die letzten fünf Mann, vorbeigekommen ist“, sagt Reinartz: „Da wussten wir, das funktioniert und wir sind genau auf dem richtigen Weg!“

Der ambitionierte und entscheidende Rest war der Transport der Inhalte in einen messbaren Schlüssel, in Formeln und Algorithmen, die Übertragung von Hunderten mit Bleistift vollgekritzelten DIN-A4-Seiten auf eine Excel-Ebene. Da kamen dann Reinartz' diverse Kontakte zu alten Kumpeln und Freunden zum Tragen. Zu Lukas Keppler etwa, inzwischen ebenfalls Geschäftsführer des Start-up-Unternehmens, oder Matthias Sienz, der an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen Elektrotechnik studierte und nun die gewonnenen Werte in eine Programmiersprache packte. Schwer verständliches Zeug für den Laien, der gerade mal den An- und Ausknopf am Computer unfallfrei zu bedienen weiß. Heute gibt es bei Reinartz' Firma „Impect“ im Gewerbegebiet in Köln-Ossendorf eine paritätische Mischung der sechs festangestellten Mitarbeiter: Drei Mann sind Software-Entwickler und für die IT zuständig, die anderen drei decken Geschäftsführung, den BWL-Bereich sowie Vertrieb und Marketing ab. Dazu gibt es einen etwa 30 Studenten starken Pool an freien Mitarbeitern, die an den Spieltagen für die Auswertung zuständig sind.

Aber zurück zu den Anfängen. Klinkenputzen in der Szene hieß der nächste Schritt. Und so trafen sich Reinartz und Hegeler mit Thomas Tuchel, damals noch im Sabbatical zwischen seinen Jobs in Mainz und Dortmund, und stellten ihre innovative Idee vor. Das Gespräch mit dem als akribischer Taktik-Nerd bekannten Coach dauerte satte vier Stunden. Der BVB lässt seine Spiele längst von Impect auswerten. Auch beim DFB hatte das kickende Daten-Duo rasch einen Fuß in der Tür. Der damalige Sportdirektor Hansi Flick lobte: „Unser Trainer-Ausbilder Bernd Stöber hat mir die Idee empfohlen. Und ich muss sagen: Das unterstützt unsere Philosophie vom vertikalen Spiel, vom Überspielen von Abwehrreihen.“

Bayer 04 war für uns quasi der Vorreiter. Ohne den Klub wäre das alles nicht so rasant angelaufen

Die erste Kooperation überhaupt gab's aber mit Bayer 04, nachdem Reinartz das Konzept Chefcoach Roger Schmidt, dem Manager Sport Jonas Boldt, Co-Trainer Analyse Lars Kornetka sowie dem im Scouting tätigen Marius Schultens nahe brachte. Schmidt lieferte ein Beispiel für den Mehrwert der Statistiken: „Auch die Zahlen lieferten uns zum Beispiel ein überzeugendes Argument, Kevin Kampl zu verpflichten. Ein Sechser sollte generell den Ball nach vorne spielen. Aber Kevin ist in der Tat sehr gut im Überspielen und als Empfänger in der Tiefe des Raumes. So gesehen waren das schon wichtige Erkenntnisse für uns.“ Stefan Reinartz sagt zur Zusammenarbeit mit seinem Heimatverein und der Gründerzeit seiner Firma: „Bayer 04 war für uns quasi der Vorreiter. Ohne den Klub wäre das alles nicht so rasant angelaufen.“

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1999 kam Reinartz nach Leverkusen.

Inzwischen hat sich die Kundenliste von Impect um einige Auftraggeber erweitert: Neben Bayer 04 und Dortmund ist auch Borussia Mönchengladbach dabei, die Sportschau der ARD, DFB, DFL sowie RTL und Sport1 sind ebenso im Boot wie der Kicker oder die Bild-Zeitung. „Wir machen gute Umsätze, haben aber auch hohe Kosten und viel Geld in die Entwicklung gesteckt. Noch sind wir nicht in dem Bereich, schwarze Zahlen schreiben zu können“, sagt Reinartz. Damit das bald so weit ist, gibt er weiter den Handlungsreisenden in eigener Sache. Hier ein zweitägiger Besuch auf der Spobis in Düsseldorf zur Netzwerkvertiefung, dort ein intensiver Austausch mit großen Zeitungen in Berlin oder ein Vortrag vor 1.000 Coaches aus dem In- und Ausland bei einer internationalen Trainertagung in Fulda. Reinartz kommt gut rum und an in der Republik. „Ich bin das Gesicht der Firma“, sagt er.

Als Stefan Reinartz im Mai des vergangenen Jahres bei Eintracht Frankfurt sein Karriere-Ende als Profi verkündete, war die Verblüffung groß. Wie jetzt? Aufhören mit gerade mal 27, im besten Fußballeralter also? Für ihn war der Entschluss nur konsequent. „Ich habe Fußball immer mit vollster Überzeugung gespielt und glaube, dass man auch nur dann Profi sein kann und auch darf. Von den letzten zweieinhalb Jahren war ich locker die Hälfte verletzt. Ich hatte fast keinen Tag mehr, wo ich lieber zum Training gegangen bin, als mich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Und dann muss ich eben auch den Anstand haben, einen Schlussstrich zu ziehen“, sagt er. Ganz oder gar nicht eben. Frankfurts Coach Niko Kovac und Sportdirektor Bruno Hübner ist er dankbar, dass sie seinem Wunsch nach Freistellung nachkamen. „Das war ja nicht selbstverständlich, zumal ich noch ein weiteres Jahr Vertrag bei der Eintracht hatte.“

Mit 18, 19 habe ich manches Mal eine schöne Grütze zusammengespielt

Dass er als gefühlt ewiger Bestandteil der Werkself überhaupt noch mal 2015 die Seiten wechselte, hatte nur einen Grund: „Nach all den Jahren in Leverkusen kannte ich hier jeden Stein, jeden Mitarbeiter und Kollegen, jeden Ablauf aus dem Effeff. Mir war einfach noch mal nach einem neuen Reizpunkt.“ Mit Abschluss und Verlauf seiner Laufbahn ist er komplett mit sich im Reinen. „Ich bin total happy mit meiner Karriere. Es hätte ja auch damals in der Regionalliga stecken bleiben können“, sagt er. Damals – das war, als er noch für die U23 von Bayer 04 vor handverlesenem Publikum von 200 Fans im Ausweichquartier des Kölner Südstadions bei schummrigem Flutlicht als talentierter Innenverteidiger die gegnerischen Stürmer bekämpfte. Nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. „Mit 18, 19 habe ich manches Mal 'ne schöne Grütze zusammengespielt.“

Reinartz stand schon immer für eine klare Kante und reflektierte Selbstwahrnehmung, er war keiner für schwammige „Ich-sag-mal“-Aussagen, sondern setzte sich kritisch mit den oft banalen Aufgeregtheiten des Profigewerbs auseinander. Dass er ein Fernstudium der Psychologie begann, wollte er nicht an die große Glocke hängen, aber es war ihm wichtig und tat ihm gut als kognitiver Ausgleich. „Als Fußballer gewöhnt man es sich im Mannschaftskreise ja an, den ganzen Tag irgendwelchen Blödsinn zu erzählen. Da ist es manchmal schon ganz gut, wenn man für ein, zwei Stunden mal etwas halbwegs Sinnvolles liest“, hat er über dieses Thema mal gesagt.

Als Profi machte Reinartz 2008 den entscheidenden Schritt, als er nach Nürnberg in die 2. Liga ausgeliehen wurde, beim FCN zur Stammkraft aufstieg und auch mit den Clubberern den Bundesliga-Aufstieg schaffte. An der Noris wurde der Bub' aus Overath fußballerisch betrachtet zum Mann – und fand zugleich seinen neuen Platz auf dem Rasengeviert. Aus dem Innenverteidiger Reinartz wurde der defensive Mittefeldspieler. Die ursprüngliche Geschichte seines Positionswechsels ist übrigens ein echtes Anekdötchen, wie der dreimalige A-Nationalspieler und U19-Europameister von 2008 schmunzelnd zu erzählen weiß.

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Der erste Titel: Stefan Reinartz (hinten Mitte) gewann die Deutsche Meisterschaft mit der U19 von Bayer 04.

„Das war am Rosenmontag. Heute kann ich's ja ruhig erzählen, die Jugendsünde ist inzwischen verjährt“, feixt er, „wir hatten Sonntag um 15 Uhr ein Zweitligaspiel, und gleich danach fuhr ich mit dem Zug nach Köln und hab' ordentlich Karneval gefeiert. Ich bin dann mit dem Nachtzug zurück nach Nürnberg, wo wir am nächsten Morgen um 10 Uhr Training hatten. In meinem aufgekratzten Zustand war ich ziemlich forsch auf dem Platz und hab' mir sehr viele mutige Offensivaktionen genommen. Mein Trainer Michael Oenning ist danach zu mir gekommen und hat gesagt: ,Mensch Stefan, das hat mir klasse gefallen, du warst ja viel offensiver als sonst. Du kannst einen Super-Sechser spielen, das müssen wir unbedingt ausprobieren am Wochenende.' Eine Woche später stieg Reinartz' Premiere gegen Mainz – und verlief so vielversprechend, dass er fortan fast nur noch im defensiven Mittelfeld spielte. „Was zwei, drei Kölsch zur rechten Zeit manchmal alles so bewirken können“, sagt Reinartz und grinst wie ein Lausbub, dem keiner auf die Schliche gekommen ist.

But back to Packing. Etwa drei Stunden ist ein Impect-Mitarbeiter mit der Auswertung einer Bundesliga-Partie beschäftigt. Er kann auf die DFL-Bilder und Positionsdaten von jeweils sechs Wärmebildkameras in den Stadien zurückgreifen, die 25 Mal pro Sekunde erfassen, wo sich jeder Spieler auf dem Feld aufhält. Bei statistischen Ermittlungen etwa in der belgischen Liga oder einem Youth-League-Spiel der UEFA, wo keine Positionsdaten vorliegen, kommen dann schon sechs, sieben Stunden zusammen.

Aber werden wir einfach mal einen Blick auf einige der Erkenntnisse, die Impect mit seiner Art der Datenauswertung gewonnen hat. Der König der Gegner-aus-dem-Spiel-Nehmer? „Ganz klar Toni Kroos, der hier weltweit die Benchmark setzt. Ein durchschnittlicher Mittelfeldspieler der Bundesliga überspielt 35 Gegner im Schnitt, bei Toni sind's 82.“ Kroos, der Packman der Branche. Den Bundesliga-Spitzenwert hält der Ex-Gladbacher Granit Xhaka mit 62, Julian Weigl als einer der aktuell besten Bundesligaakteure liegt schon nur noch bei 43.

Jule hat ein unfassbar gutes Gespür für den Raum und zieht das Spiel durch sein Anbietverhalten nach vorn

Wer setzt aktuell die Maßstäbe beim Überspielen der letzten gegnerischen Reihe, der Defensivkette? „Da hat in dieser Saison Nabu Keita einen sensationellen Wert mit elf überspielten Verteidigern. Das haben wir so in den letzten dreieinhalb Jahren auch noch nicht gesehen, Xhaka war mit neun der bisherige Spitzenreiter.“ Ex-Dortmunder Dembelé brachte es auf acht gepackte Gegner, bei der Werkself war Hakan Calhanoglu mit sechs bis sieben der erfolgreichste Profi beim Knacken der letzten gegnerischen Linie.

Interessant auch das Ranking beim Zielspielerwert, den Abnehmern der Pässe. Dort wird geschaut, wer als Anspielstation durch seinen Laufweg die Pässe in die Tiefe erst ermöglicht. „Da sind Thomas Müller und Mesut Özil klar an der Spitze, beide auf ihre Art und Weise. Müller vor allem mit seinen verrückten Laufwegen hinter die gegnerische Verteidigung, während sich Özil extrem geschickt zwischen den Linie aufhält“, sagt Reinartz. Aus Bayer 04-Sicht sind hier Julian Brandt und Stefan Kießling top. „Jule hat ein unfassbar gutes Gespür für den Raum und zieht das Spiel durch sein Anbietverhalten nach vorn. Er fordert die Bälle in ganz wichtigen und umkämpften Bereichen.“ Zu seinem alten Kumpel Kies sagt Stefan: „Er ist der ideale Wandspielertypus und hatte mit die stärksten Werte in der Bundesliga, wenn es darum geht, Bälle zu halten und so das Spiel nach vorne zu tragen. Den besten Wert hatte er in der Saison 2014/15, als pro Match durch ihn 68 Gegner überspielt wurden. Ein absolut herausragender Wert, der Bundesliga-Schnitt liegt gerade mal bei 40.“

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Fantalk in der Schwadbud nach dem 3:0-Sieg gegen Frankfurt

Dass Stefan Reinartz sich in seiner Profi-Zeit ebenfalls oft als Könner in punkto Schärfe und Präzision seiner Zuspiele in die Tiefe erwies, legt die Vermutung nahe, dass er nicht unbedingt auf den hinteren Plätzen in dieser Wertung zu finden war. „Die Offensivpässe waren schon sehr gut bei mir“, sagt er. Und fügt mit einem kleinen Zwinkern hinzu: „Das war auch ein Grund, warum ich im vorletzten Jahr aufgehört habe. Ich wollte mir am Ende ja nicht vorwerfen lassen, eine Idee auf den Markt geworfen zu haben, um mich selbst zu beweihräuchern und meine Leistung in einem besseren Licht darzustellen.“