Stars unterm Kreuz

Welt­meis­ter, Künst­ler, Malo­cher

Im kommenden Jahr feiert Bayer 04 seinen 120. Geburtstag. Das möchten wir zum Anlass nehmen, um heute und in den nächsten Monaten auf bayer04.de regelmäßig einen Blick auf den Fußball unterm Kreuz zu werfen und in erster Linie der Frage nachzugehen: Wie sind wir zu dem Klub geworden, der wir heute sind. In Teil 1 unserer Serie geht es um unsere Stars unterm Kreuz. Viele Profis haben sich bei Bayer 04 zu herausragenden Spielern mit Weltruf entwickelt, manch einer brachte seinen klangvollen Namen schon mit nach Leverkusen.

Ein Star? Er? Nein, es käme Exequiel Palacios niemals in den Sinn, sich selbst als Star zu sehen. Dem bekennenden Christen sind Werte wie Demut und Bescheidenheit wichtig. Star ist so ein großes Wort. Dennoch trifft die schlichte Definition des guten alten Duden auf den Argentinier natürlich zu. Demnach ist ein Star „jemand, der auf einem bestimmten Gebiet Berühmtheit erlangt hat“. Und berühmt ist „Pala“ spätestens seit dem Gewinn des WM-Titels mit Argentinien in Katar. Der 25-Jährige ist erst der zweite Spieler der Bayer 04-Geschichte, der als Werkself-Profi Weltmeister wurde – 2002 war das auch dem Brasilianer Lucio gelungen.

Rund zehn Monate liegt Argentiniens Triumph zurück. „Nun beginnt der schwierigste Teil, nachdem man das Größte erreicht hat, was es für einen Fußballer zu gewinnen gibt“, hatte Palacios unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Leverkusen erkannt. Und: „Die Erfahrungen von der WM sind nach wie vor unglaublich präsent in meinem Kopf. Ich versuche, das einerseits wegzuschieben und mich auf den Alltag zu konzentrieren. Andererseits will ich die Euphorie aber auch nutzen, um die Ziele des Klubs zu erreichen.“ Die aktuelle Saison zeigt: Beides ist dem zentralen Mittelfeldspieler bis dato prächtig gelungen.

Weltmeister auf und neben dem Platz

Palacios, inzwischen seit fast vier Jahren unterm Kreuz, ist in überragender Form. In Leverkusen hat er sich zu einem Weltklassespieler entwickelt. Er kam in der laufenden Spielzeit in allen Bundesligapartien zum Einsatz, stand in neun von zehn Duellen in der Startelf, schoss zwei Tore, bereitete zwei Treffer mit seinen typisch scharfen Pässen fantastisch vor und wird im kicker mit einer Durchschnittsnote von 2,40 in der Rubrik Topspieler ligaweit auf Rang acht geführt. Dicht dahinter findet sich Granit Xhaka (2,60), sein Partner bei der Werkself auf der Doppel-Sechs. Auch der Neuzugang vom FC Arsenal ist ein herausragender Fußballer. Ein Leader und Lenker mit viel Erfahrung, der mit Arsenal und mit dem FC Basel schon einige Titel gewonnen hat. Und der nun mit Exequiel Palacios in der Bundesliga das aktuell wohl stärkste Duo im zentralen Mittelfeld bildet.

Exequiel Palacios mit Lionel Messi und Ángel di Maria

Eine Position, auf der auch Bayer 04-Cheftrainer Xabi Alonso zum Weltstar wurde. „Es ist eine Ehre, mit Xabi verglichen zu werden“, sagt Xhaka, „er war immer ein Spieler, zu dem man aufgeschaut hat“. Alonso, der als Profi alles erreicht hat, was es zu erreichen gibt, Weltmeister und zweimal Europameister mit Spanien wurde, der mit dem FC Liverpool, Real Madrid und dem FC Bayern München unzählige Titel gewann, leistet nun auch als Trainer der Werkself höchst erfolgreiche Arbeit und hat großen Anteil daran, dass eine solche Euphorie unterm Kreuz herrscht.

Zu der trägt auf dem Platz auch Florian Wirtz entscheidend bei. In Leverkusen entwickelte sich das 20 Jahre alte Mega-Talent zu einem der besten offensiven Mittelfeldakteure in Deutschland und zum Nationalspieler. Bereits im vergangenen Jahr hat der gebürtige Pulheimer seinen Vertrag bei Bayer 04 vorzeitig bis 2027 verlängert. „Florian ist ein besonderer Spieler. Er hat große sportliche Bedeutung für unseren Klub“, sagt Simon Rolfes, Geschäftsführer Sport. Und Wirtz selbst fühlt sich im stark besetzten Kader pudelwohl: „Mit den Jungs macht es unglaublichen Spaß. Es steckt eine Menge in uns und in diesem Klub. Ich habe Lust darauf, um Titel zu kämpfen.“

Strahlkraft nicht nur in Europa

Wie viel Strahlkraft Bayer 04 auch außerhalb Europas und Südamerikas besitzt, bestätigen die Afrikaner Edmond Tapsoba (Burkina Faso), Odilon Kossounou (Elfenbeinküste) und Victor Boniface (Nigeria). Als Nationalspieler haben die drei den Bekanntheitsgrad des Werksklubs in ihrer Heimat enorm gesteigert. In Nigeria, dem mit über 200 Millionen Einwohnern mit Abstand bevölkerungsreichsten Land Afrikas, kenne fast jeder Bayer 04, sagt Boniface. Der Mittelstürmer und Neuzugang von Union St. Gilloise hat mit seinen zehn Toren und sechs Vorlagen in 14 Pflichtspielen und seiner Art Fußball zu spielen, längst die Herzen der Werkself-Fans erobert. Tapsoba und Kossounou sind wie Jonathan Tah Stammkräfte in Xabi Alonsos Dreierkette. Neben Tah zählen auch die Flügelspieler Jeremie Frimpong und Alejandro Grimaldo sowie Mittelfeldmann Palacios und die Offensivkräfte Florian Wirtz und Victor Boniface zu den aktuell zehn bestbewerteten Spielern der Liga. Eine solche Qualitätsdichte im Kader hatte Bayer 04 lange nicht mehr.

Eine Top-Adresse für hoch veranlagte Fußballer ist der Klub freilich seit Jahrzehnten. Moussa Diaby, Eigengewächs Kai Havertz, Julian Brandt und Toni Kroos sind beste Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Alle vier haben sich in Leverkusen zu Ausnahmekönnern entwickelt. Heung-min Son (2013-2015) und Chicharito (2015-2017) sind Legenden in Südkorea beziehungsweise Mexiko und sorgten in ihrer Zeit unterm Kreuz für einen immensen Popularitätsschub von Bayer 04 in ihren Heimatländern.

Der erste Star in Leverkusen

Blickt man weiter zurück in die Klubhistorie, dann war Dieter Herzog der erste Star von Bayer 04, der 1976 als Weltmeister von Fortuna Düsseldorf unters Kreuz wechselte und mit Schwarz-Rot in die Bundesliga aufstieg. Kurz nachdem Herzog 1983 sein letztes Ligaspiel für die Werkself bestritten hatte, verpflichtete Bayer 04 seinen ersten internationalen Topspieler, den Südkoreaner Bum-kun Cha. Der feierte 1988 unter anderem gemeinsam mit Tita, dem ersten Brasilianer in Diensten des Werksklubs, den UEFA-Cup-Titel. Es folgten nach der Wende 1989 die von Manager Reiner Calmund eingefädelten Coups mit den ehemaligen DDR-Nationalspielern Ulf Kirsten und Andreas Thom. Erst mit der Verpflichtung der Weltstars Bernd Schuster (1993) und Rudi Völler (1994) aber zogen nicht nur die Zuschauerzahlen in Leverkusen enorm an. Der Klub gewann auch an Popularität in Deutschland und Europa.

Dieter Herzog
Vorreiter: Dieter Herzog wechselte zwei Jahre nach seinem WM-Titel 1974 mit Deutschland zu Bayer 04.

Völler, der Weltmeister von 1990, war als Sportdirektor und Geschäftsführer von Bayer 04 über viele Jahre an zahlreichen Transfers großer Spieler maßgeblich beteiligt. Viele von denen, die kamen, wurden erst in Leverkusen zu Stars. Was nicht nur für die hervorragende Arbeit der Scouting-Abteilung spricht, sondern auch für die professionelle und leistungsfördernde Infrastruktur des Klubs. Jens Nowotny, Michael Ballack, Bernd Schneider, Oliver Neuville, die Brasilianer Paulo Sergio, Emerson, Zé Roberto, Lucio und Juan, der Argentinier Diego Placente oder der Bulgare Dimitar Berbatov – begnadete Fußballer, Künstler und Malocher, die sich in Leverkusen einen großen Namen machten.

Führungsriege mit Namen

Gleiches gilt für Simon Rolfes. Als Profi absolvierte er 288 Bundesligapartien mit dem Kreuz auf der Brust und wurde mit Deutschland 2008 Vize-Europameister. Heute ist Rolfes als Geschäftsführer Sport einer der Hauptverantwortlichen des Klubs, führt nach Rudi Völlers Rückzug die Geschäfte und ist auch Konstrukteur des aktuellen Kaders – gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung Fernando Carro. Der ehemalige Top-Torjäger Stefan Kießling dagegen, der in zwölf Jahren 131 Treffer in 344 Ligaspielen für Bayer 04 erzielt hat, vertritt Bayer 04 bis heute als Klub-Repräsentant. Nicht zu vergessen natürlich Rüdiger Vollborn, mit 401 Bundesligapartien Rekordspieler für Schwarz-Rot. Der Ex-Torhüter gewann als einziger Werkself-Profi Europapokal und DFB-Pokal mit dem Klub, ist Leverkusen seit über 40 Jahren treu und heute begeisterter Klub-Archivar und -historiker. Sie alle stehen dafür, dass Bayer 04 längst nicht mehr nur Sprungbrett für junge Talente ist, sondern zur dauerhaften sportlichen Heimat werden kann.

Simon Rolfes und Hakan Calhanoglu

Auch ambitionierte Spieler aus dem aktuellen Kader wie Florian Wirtz, Edmond Tapsoba, Jeremie Frimpong und Exequiel Palacios haben ihre Verträge unterm Kreuz langfristig verlängert. Und das nicht nur, weil sie sich hier wohlfühlen. Sie wollen Großes mit Bayer 04 erreichen. „Mit Argentinien bin ich inzwischen Südamerikameister und Weltmeister geworden“, sagt Palacios. „Es ist klar, dass ich jetzt auch hier bei Bayer 04 Erfolge feiern will.“ Am liebsten schon in dieser bisher so vielversprechenden Saison.