Der Auf­stiegs­held wird 70

Peter „Pitschi“ Klimke im Por­trät

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Sieben Jahre lang trug er das Werkself-Trikot und leistete auch in der Saison 1978/1979 als zuverlässiger, zweikampfstarker Außenverteidiger seinen Beitrag zum Aufstieg in die Bundesliga. Heute feiert Peter Klimke seinen 70. Geburtstag. Bayer 04 gratuliert von Herzen und wünscht dir, lieber Pitschi, alles Gute zu deinem Ehrentag und vor allem beste Gesundheit!

Demnächst möchte er die ganze Truppe samt Frauen mal wieder zu einem Sauerbraten-Essen einladen. Ein paarmal waren sie schon da, im Hause Klimke in Bornheim, genauer gesagt: in seiner zum Partyraum eingerichteten Garage. Und waren begeistert nicht nur vom exzellenten Sauerbraten, den ein befreundeter Metzger zubereitet hatte, sondern vom Zusammensein in vertrauter Runde. Fürs richtige Bayer-Ambiente ist dann natürlich auch immer gesorgt. Die große schwarz-rote Fahne vor dem Eingang zeigt gleich an, für welche Farben hier die Herzen schlagen. Drinnen hängt an einer Wand sein erstes Trikot von 1975 mit dem schlichten Bayer-Kreuz auf der Brust, daneben Mannschaftsfotos und seine original Adidas-Copa-Mundial-Fußballschuhe.

Peter Klimke ist gerne Gastgeber für seine ehemaligen Mannschaftskameraden. Eigentlich sind es ja eher Familientreffen. Keine nostalgischen „Weißt-du-noch-Fußballabende“, an denen nur in Erinnerungen geschwelgt wird. Das auch, ja. Aber hier werden auch Pläne für die Zukunft geschmiedet, Ideen für die nächsten gemeinsamen Touren gesammelt oder der nächste Stammtisch organisiert.

Wo gibt’s so etwas noch: dass Fußballprofis, die sich vor mehr als 45 Jahren auf dem Trainingsplatz kennengelernt haben, zu echten Freunden wurden und sich heute noch regelmäßig in großer Zahl treffen. „Das ist außergewöhnlich“, sagt Peter Klimke. „Ich möchte meine sieben Jahre als Fußballer in Leverkusen nicht missen. Wir waren sportlich ein eingeschworener Haufen und sind in die Bundesliga aufgestiegen. Aber dass wir als fast komplette Mannschaft immer noch eine solche Freundschaft pflegen, bedeutet mir noch mehr.“

Ich möchte meine sieben Jahre als Fußballer in Leverkusen nicht missen. Wir waren sportlich ein eingeschworener Haufen und sind in die Bundesliga aufgestiegen.

Stammspieler von Beginn an

Klimke sieht blendend aus, braungebrannt und topfit für einen 70-Jährigen. Man mag kaum glauben, dass er gerade erst von einer schweren Bandscheiben-Operation genesen ist. Im Dezember vergangenen Jahres führte kein Weg mehr an einer OP vorbei. Drei Monate lang konnte Klimke danach fast nur liegen. Erst vor wenigen Wochen durfte er endlich mal wieder Fahrradfahren. „Eine schwierige Zeit“, sagt der gebürtige Bonner. Sie hat ihm einiges an Kampfgeist und Disziplin abverlangt. Tugenden, die ihn freilich schon als Spieler immer ausgezeichnet haben.

Klimke kam 1975 vom Verbandsligisten Bonner SC nach Leverkusen. Bayer 04 war gerade in die 2. Bundesliga aufgestiegen, Trainer Manfred Rummel wollte den damals 22-jährigen Außenverteidiger unbedingt in seinem Team haben. Und „Pitschi“, wie er seit Schulzeiten von Freunden genannt wird, brauchte keine lange Eingewöhnungszeit. Schon in seiner ersten Saison kam er auf 32 Einsätze, ging dabei fast immer über die volle Distanz. Auch wenn sich der Klub neben Klimke noch mit einigen vielversprechenden weiteren Neuzugängen wie Torhüter Fred Bockholt, Walter Posner, Hans-Jürgen Scheinert und Norbert Ziegler verstärkt hatte, konnte am Ende der Saison so eben die Klasse gehalten werden. Gleich in seiner ersten Spielzeit unterm Bayer-Kreuz erlebte Klimke drei verschiedene Trainer. Auf Rummel, von dem sich der Verein im Februar 1976 getrennt hatte, folgte Radoslav Momirski. Der aber wurde nach nur knapp zwei erfolglosen Monaten schließlich im April 1976 von Willibert Kremer abgelöst. „Hier muss mehr Begeisterung geweckt und mehr Ordnung in ein verflattertes Spiel gebracht werden“, forderte Kremer. „Und er hatte ja Recht. Mit Willibert begann hier eine neue Zeitrechnung bei Bayer 04“, sagt Klimke in der Rückschau. Für ihn selbst änderte sich nichts. Der gelernte Elektriker verrichtete auf der linken Abwehrseite zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk seinen Dienst. Schnell, wendig, zweikampfstark, schnörkellos und mit einer Pferdelunge ausgestattet blieb Klimke auch unter Kremer gesetzt. „Pitschi war ein totaler Mannschaftsspieler und nicht kaputt zu kriegen“, sagt Jürgen Gelsdorf über seinen ehemaligen Kollegen. „Er ist über seine Seite immer richtig schön abgegangen und spielte trotz aller Zweikampfhärte nie unfair, hat kaum Gelbe Karten gesehen.“

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Handwerker und Künstler

Klimke war nicht der klassische Wadenbeißer, aber so nah am Mann, dass er nicht nur Außenstürmern gehörig den Nerv rauben konnte. Auch HSV-Legende Manni Kaltz, der als rechter Verteidiger für seine Vorstöße über die Außenbahn und seine „Bananenflanken“ gefürchtet war, wurde einst in einem Spiel von ihm beackert. „Diesen taktischen Schachzug, mich auf Kaltz angesetzt zu haben, hob Willibert danach immer wieder gerne hervor“, schmunzelt Klimke, der sich gerne in den Dienst der Sache stellte. Ins Rampenlicht drängte es ihn nie. Der leidenschaftliche Handwerker schaute als Fußballer besonders gern den Künstlern seines Fachs zu, Spielern wie Johan Cruyff oder Franz Beckenbauer. Gegen den „Kaiser“ spielte er Anfang der 1980er-Jahre zweimal selbst. „Ich ertappte mich in diesen Partien gegen den HSV manchmal selbst dabei, wie ich fast mehr auf Franz und sein Spiel achtete und ihn für diese Leichtigkeit bewunderte, als mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Das ist mir sonst nie passiert.“  

In seinen sieben Jahren unterm Bayer-Kreuz absolvierte Klimke 192 Pflichtspiele für die Werkself und schoss vier Tore. Etliche Male war er dabei – noch in der 2. Bundesliga Nord – auf seinen zwei Jahre älteren Bruder Rudi gestoßen, der für Wattenscheid 09 spielte. Auch er ein Verteidiger. Wenn es zum Familienduell kam, saß meistens Mutter Klimke auf der Tribüne – und feuerte lautstark ihre beiden Jungs in den unterschiedlichen Trikots an. „Was manche Zuschauer, die in der Nähe meiner Mutter saßen, doch ziemlich irritierte“, sagt Klimke und muss lachen.

In der Bundesliga-Aufstiegssaison 1978/79 war der Blondschopf gemeinsam mit Hans-Jürgen Scheinert, Jürgen Gelsdorf und Walter Posner, den er schon von gemeinsamen Spielen mit der Mittelrheinauswahl kannte, einer der Eckpfeiler der Leverkusener Defensive. „Walter und ich hingen wie Kletten an unseren Gegenspielern, aber wir taten auch einiges für die Offensive, schlugen viele Flanken, waren ständig unterwegs“, erinnert sich Klimke. Grundlage für den Aufstieg ins deutsche Fußball-Oberhaus sei ohnehin die extrem starke Physis und der Zusammenhalt der ganzen Mannschaft gewesen. „Konditionell waren wir einfach top, wir konnten alle marschieren ohne Ende. Aber am allerwichtigsten war unser Teamgeist - auf dem Platz, aber auch darüber hinaus, wenn wir es auch nach Training oder Spiel mal krachen ließen.“

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Abenteuer auf dem Ijsselmeer

Einer für alle, alle für einen – der Wahlspruch der Musketiere, so kitschig es klingen mag, er passte auch zu dieser Mannschaft. Für Klimke ging es nach sieben Jahren in Leverkusen nicht mehr weiter. Die heikle Phase in der Rückrunde 1982, als Bayer 04 schließlich in die Relegation musste, erlebte der langjährige Stammspieler nur noch von der Bank aus. Er wechselte als damals 30-Jähriger noch einmal für ein Jahr zum Siegburger SV und beendete 1983 seine aktive Karriere. Klimke arbeitete nun wieder als Elektrotechniker beim großen Bonner Unternehmen Klöckner-Moeller, später unter anderem noch beim Deutz-Konzern. Und nebenbei war er Coach beim VfL Rheinbach, SV Wachtberg, SSV Bornheim und bei der SpVg Wahn-Grengel, wo er zeitweise den späteren Entertainer und Fernseh-Moderator Guido Cantz trainierte. Auch im Fußball-Amateurbereich hat Pitschi Klimke viel erlebt.

Die schönsten Geschichten aber verbindet er immer noch mit seinen Freunden aus der Bayer 04-Aufstiegsmannschaft. Geschichten wie die fünftägige Hausboot-Tour vor ein paar Jahren auf dem Ijsselmeer mit Jürgen Gelsdorf, Peter Hermann, Thomas Hörster, Walter Posner und Gerd Kentschke. Was für eine Besatzung! „Das pure Abenteuer“, schmunzelt Klimke. „Mehr darf ich nicht verraten.“ Auch die Erinnerung an eine mehrtägige Wanderung durch die Eifel mit einigen ehemaligen Mannschaftskollegen lässt ihn lächeln. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie viel Spaß die Herren zusammen hatten. Und ausgeheckt wurden die tollen Aktionen oft in der Garage von Peter Klimke. Wird Zeit, dass er und seine Frau Monika die ganze Horde mal wieder zum Sauerbraten-Essen einladen...