Happy Bir­th­day, Mat­thias Brü­cken

Der Auf­stiegs-Tor­jä­ger wird 70

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Matthias, Sie sind mit vielen anderen Aufstiegshelden immer noch regelmäßig als Zuschauer in der BayArena. Wie groß ist bei Ihnen die Vorfreude auf die neue Saison?

Brücken: Ich bin nach wie vor mit Herz und Seele Bayer 04-Fan. Die allgemeine Fußball-Begeisterung hat bei mir im Laufe der letzten Jahre etwas nachgelassen. Aber wenn ich neben meinen Freunden in der BayArena sitze, packt es mich schnell wieder. Was den aktuellen Kader betrifft, werden erfahrene Spieler wie Granit Xhaka und Jonas Hofmann der Mannschaft sicher sehr gut tun. Xabi Alonso als Trainer macht einen tollen Job, bringt fachlich alles mit und strahlt als ehemaliger Weltklassespieler natürlich eine hohe Autorität aus. Ich denke, er ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Man muss abwarten, was sich personell noch tut, es wird ja vermutlich noch der eine oder andere Spieler den Klub verlassen. Insgesamt bin ich sehr optimistisch. Die Champions League sollte für uns wieder drin sein.

Diesmal werden Sie den Bundesliga-Start vor Ort allerdings verpassen, weil für Sie Wichtigeres auf dem Programm steht.

Brücken: Ja, ich habe vor einigen Tagen ein künstliches Kniegelenk eingesetzt bekommen und werde deshalb auch meinen 70. Geburtstag noch im Krankenhaus verbringen müssen. Das ließ sich einfach nicht mehr aufschieben. Die OP ist gut verlaufen. Zum Saisonstart werde ich aber noch in der Reha in Bad Ems sein.

Apropos Saisonstart: Vor fast genau 45 Jahren begann am 29. Juli 1978 eine spektakuläre Spielzeit, mit der Sie und ihre Teamkollegen Geschichte schrieben.

Brücken: Lang, lang ist’s her (lacht). Unser 3:1-Sieg im Südstadion bei Fortuna Köln war gleich ein Paukenschlag, denn die Kölner waren eigentlich der große Aufstiegsfavorit.

Sie selbst saßen zunächst nur auf der Bank, stellten aber sofort ihre Joker-Qualitäten unter Beweis und machten mit dem 3:1 in der 80. Minute alles klar.

Brücken: Unser Trainer Willibert Kremer setzte im Angriff erst einmal auf das Duo Dieter Herzog und Peter Szech, den Neuzugang aus Neuss. Er mache das aus einem Bauchgefühl heraus, sagte Willibert damals zu mir. Na ja, ich wollte ihm unbedingt zeigen, dass er sich auf mich verlassen kann. Und irgendwie hatte ich wohl die Gabe, sofort da zu sein, wenn ich reinkam.

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Im zweiten Spiel beim 5:2 gegen Tennis Borussia Berlin gelangen Ihnen zwei Treffer, der erste nur eine Minute nach Ihrer Einwechselung.

Brücken: Ich brauchte keine lange Anlaufzeit und hatte ein ganz gutes Näschen. Trotzdem blieb ich auch in den folgenden Spielen auf der Bank. Willibert veränderte seine Startformation nicht gerne. Immerhin bekam ich, das war der Deal mit dem Trainer, die volle Punktprämie, auch wenn ich nur ein paar Minuten spielte (lacht).

Bis zum 8. Spieltag kamen Sie immer von der Bank, hatten fünf Tore als Joker erzielt. Dann verletzte sich Dieter Herzog und Sie rutschten für ihn in die Mannschaft. Bei ihrem Startelf-Debüt gegen Wanne-Eickel am 9. Spieltag gelang Ihnen wieder ein Doppelpack.

Brücken: Ja, es war unser neunter Sieg im neunten Spiel, wir hatten schon 30 Tore erzielt. Ein Traumstart. Danach stand ich fast immer in der Anfangsformation, traf auch eine Woche später wieder beim 1:1 in Solingen, unserem ersten Punktverlust.

Sie waren damals nicht der klassische Knipser wie Gerd Müller oder Klaus Fischer.

Brücken: Stimmt. Ich habe die beiden sehr bewundert, wie sie sich da im Sechzehner immer durchwuselten. Auch ich hatte einen guten Torriecher, konnte Situationen antizipieren, war beidfüßig und technisch ganz beschlagen. Und natürlich hatte ich exzellente Zuspieler. Was mir aber völlig abging, war das Kopfballspiel. Das hing vielleicht damit zusammen, dass mich mein Opa immer gewarnt hatte: ‚Wer zuviel köppt, wird blöd‘. (lacht) Dabei war ich mit 1,82 Meter nicht der Kleinste.

Der einmalige Zusammenhalt der Aufstiegsmannschaft hat sich über die Jahrzehnte bis heute gehalten

Immerhin haben Sie mindestens ein wichtiges Tor per Kopf erzielt.

Brücken: Sie meinen das 2:3 gegen Bayer 05 Uerdingen?

Genau. Und dann machten Sie ja mit dem 3:3 auch noch den Bundesliga-Aufstieg perfekt. Das größte Spiel Ihrer Karriere?

Brücken: Auf jeden Fall das emotionalste. Danach stürmten unsere Fans auf den Rasen, alle Dämme brachen. Reinste Glücksgefühle waren das. Wir haben den Aufstieg ausgiebig gefeiert. Und das Schöne: Der einmalige Zusammenhalt der Mannschaft hat sich über die Jahrzehnte bis heute gehalten. Wo gibt es so etwas sonst noch!

Sie sind bei allem sportlichen Erfolg relativ früh zweigleisig gefahren, haben Ihre Karriere nach der Karriere gut geplant und bereits im Alter von 28 Jahren ihre Profi-Laufbahn beendet.

Brücken: Was ich nie bereut habe. Ich studierte schon während meiner Zeit bei Bayer 04 BWL, schloss das Studium ab, als ich zum Ende hin bei Viktoria Köln spielte. Ich war dann 35 Jahre beim Energiekonzern RWE beschäftigt, zuletzt als stellvertretender Leiter der Personalabteilung. Der Fußball hat mich trotzdem nie losgelassen. Ich habe nebenher die erste Mannschaft von Frechen 20 trainiert, war lange und bis vor wenigen Jahren noch Jugendleiter meines Heimatvereins. Eine intensive Zeit. Langeweile kommt aber bei mir auch als Rentner nicht auf. Meine Frau und ich haben hinter unserem Haus einen großen Garten, den wir mit viel Liebe pflegen.

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Matthias Brücken (r.) mit Dirk Dreher (l.) und Minas Hantzidis im November 2014 in der Schwadbud.

Sie sind auch Bücherwurm und Musikfan. Was lesen und hören Sie so?

Brücken: Ich mag John Grisham, auch Frank Schätzing oder Sachbücher von Sven Plöger, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Ein Thema, das meine Frau und mich als gerne Reisende zunehmend beunruhigt. Was die Musik betrifft: Rolling Stones, Bruce Springsteen und Udo Lindenberg – die wir alle auch schon live gesehen und bewundert haben.

Wussten Sie, dass Mick Jagger drei Tage nach Ihrem runden Geburtstag 80 wird?

Brücken: (lacht) Nein, wusste ich nicht. Zehn Jahre älter und der Mann steht immer noch auf der Bühne – Chapeau!