Fan-Votum 2004: Die Jahr­hun­dert-Elf von Bayer 04

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Es war eine Wahl, die vor 14 Jahren geradezu auf der Hand lag. 2004 feierte der TSV Bayer 04 Leverkusen sein 100-jähriges Vereinsjubiläum – und was lag da näher, als die Werkself-Fans aufzufordern, ihre Bayer 04-Elf des Jahrhunderts zu nominieren. 51 Spieler standen zur Auswahl. Weit über 4.000 Anhänger der Schwarz-Roten ließen sich nicht zweimal bitten und voteten via Internet und Postkarte, was das Zeug hielt.

Heraus kam schließlich eine Formation, die in dieser Zusammensetzung zwar nie gemeinsam auf dem Platz gestanden hat, aber absolutes Weltklasse-Niveau vereint. Und ein besonderes Merkmal dieser Elf stellte der damalige Geschäftsführer Reiner Calmund heraus: „Mit Ausnahme von Rudi Völler, der zum Ende seiner Laufbahn als Weltstar nach Leverkusen wechselte, haben sich alle Spieler dieses Teams erst bei Bayer 04 zu Weltklassespielern entwickelt.“

In die Jahrhundert-Elf (bzw. die 18er-Mannschaft mit Ersatzspielern) haben es ausschließlich Profis geschafft, die zu Bundesliga-Zeiten für Bayer 04 am Ball waren. Beachtliche Stimmenanteile entfielen aber auch auf Spieler, die viele Jahrzehnte früher das Werkself-Trikot getragen hatten – wie Richard Job, Theo Kirchberg, Fredy Mutz, Günter Haarmann oder Heinz Höher. Was deutlich zeigte, dass auch deren große Verdienste um den Verein bei den (vornehmlich älteren) Fans in lebhafter Erinnerung geblieben waren.

Den Top-Wert aller Spieler erzielte Ulf Kirsten, auf den bei der Wahl 4.117 Stimmen entfielen. Nur knapp 100 Stimmen weniger bekam Brasiliens Weltmeister Lucio. Überhaupt die Brasilianer: Neben Lucio schafften es in Jorginho, Juan, Emerson und Zé Roberto noch vier weitere Spieler vom Zuckerhut. Hier kommt die Bayer 04-Elf des Jahrhunderts, die taktisch im 4-4-2-System aufgestellt wurde:

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Rüdiger Vollborn (1983-1999/401 Bundesligaspiele für B04)

2.808 Stimmen

Der Torhüter kam als U18-Europameister zu Bayer 04 und wurde wenig später mit der U20-Auswahl des DFB Weltmeister. „Rudi“ ist mit 401 Einsätzen in der Bundesliga nicht nur Rekordspieler von Bayer 04, sondern auch der einzige, der sowohl beim UEFA-Cup-Sieg 1988 als auch beim Gewinn des DFB-Pokals 1993 auf dem Rasen stand. Am ersten Spieltag der Saison 1983/84 gab Vollborn sein Erstliga-Debüt, 16 Jahre später, am letzten Spieltag der Saison 1998/99, bestritt er seine finale Partie im Oberhaus.

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Jorginho (1989-1992/87 Spiele/9 Tore)

2.510 Stimmen

Er war nach Tita der zweite Brasilianer bei Bayer 04. Der von Flamengo Rio de Janeiro gekommene Rechtsverteidiger avancierte bei der Werkself sofort zum Leistungsträger – und mit seiner bodenständigen, bescheidenen Art auch zum Publikumsliebling. Der Weltmeister von 1994 war ein absoluter Musterprofi ohne jegliche Allüren. Der tiefgläubige Christ, der bei Bayer 04 einen Bibelkreis einführte, war fußballerisch über jeden Zweifel erhaben, auch wenn er selten spektakulär spielte, sondern vor allem: unglaublich effizient!

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Jens Nowotny (1996-2006/231 Spiele/4 Tore)

3.480 Stimmen

Als Jens Nowotny 1996 aus Karlsruhe nach Leverkusen kam, ernannte ihn der neue Bayer 04-Coach Christoph Daum nicht nur zum Libero und Abwehrchef, sondern zugleich zum Kapitän. Eine gute Wahl, denn „Jenne“ stand stets seinen Mann und wurde viermal Vizemeister mit der Werkself. Wenn da nur nicht dieses unglaubliche Verletzungspech gewesen wäre: Gleich viermal zog sich Nowotny einen Kreuzbandriss im Knie zu. Doch wo andere längst das Handtuch geworfen hätten, kämpfte sich Nowotny immer wieder zurück.

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Lucio (2001-2004/92 Spiele/15 Tore)

4.018 Stimmen

Als Lucio im Winter zu Beginn des Jahres 2001 von Porto Alegre zu Bayer 04 kam, mischte der Innenverteidiger sofort die Bundesliga auf. Lucio bremste nicht nur die gegnerischen Stürmer, sondern walzte auch permanent mit brachialer Kraft übers Feld und trat häufig als Torschütze auf den Plan. Unvergessen sein Treffer zum 4:2 in der Champions League 2002 gegen den FC Liverpool. Wenn der Weltmeister von 2002, Spitzname „das Tier“, seine Wucht und Urgewalt auf dem Feld entfaltete, gingen die Gegner lieber in Deckung.

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Juan (2002-2007/139 Spiele/10 Tore)

2.069 Stimmen

Juan bekleidete die gleiche Position wie Lucio in der Abwehrzentrale, körperlich indes und von seiner Art des Fußballspielens war er dessen kompletter Gegenentwurf. Von der Statur her wirkte der von Flamengo Rio de Janeiro gekommene Verteidiger filigran und beinahe zerbrechlich, was seiner Widerstandsfähigkeit im Infight aber überhaupt keinen Abbruch tat. Oft hatte Juan, der sich auf eine überragende Kopfballstärke verlassen konnte, den Ball mit seiner Antizipationskraft schon erobert, noch ehe der Gegner überhaupt wusste, wo er hinkommt.

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Bernd Schneider (1999-2009/263 Spiele/35 Tore)

2.099 Stimmen

Der „weiße Brasilianer“ war ein ganz Großer in der Bayer 04-Historie. Doch „Schnix“, in Jena geboren und von Eintracht Frankfurt zur Werkself gekommen, verzauberte die Fans nicht nur mit seiner Kunst am Ball, sondern begeisterte auch als Typ. Ein Könner und Kumpel, der laute Töne und Selbstinszenierung nie nötig hatte. Bestes Beispiel: Als am 10. Mai 2010 sein Abschiedsspiel anstand, wollte ihm sein Ausrüster eigens für diese Partie goldene Schuhe anfertigen lassen. Bernd lehnte dankend ab und wählte welche mit Silberstreifen: „Das passt besser.“

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Emerson (1997-2000/82 Spiele/11 Tore)

2.757 Stimmen

Nicht nur für Norbert Ziegler, weit über zwei Jahrzehnte als Scout für Bayer 04 in Südamerika tätig, ist Emerson unter allen Brasilianern der Werkself „die klare Nr.1“. Unbändiger Siegeswille, im Kopf und mit dem Fuß unglaublich handlungsschnell, ein absoluter Spielbestimmer. Am Ende der Saison 1999/2000 wurde er von den Zuschauern der Fußballsendung „ran“ zum besten aller Bundesliga-Profis gewählt. Dass er nach seiner Bayer 04-Zeit für die ganz großen Klubs wie Juventus Turin, Real Madrid und AC Mailand spielte, war nur logisch.

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Michael Ballack (1999-2002 und 2010-2012/114 Spiele/29 Tore)

2.585 Stimmen

Der einzige aus der Jahrhundert-Elf, der gleich in zwei unterschiedlichen Perioden für Bayer 04 spielte. Während die zweite Phase im Herbst seiner Karriere nicht der besonderen Erwähnung bedarf, galt Ballack zuvor als der torgefährlichste Mittelfeldspieler der Welt mit seiner Schusskraft und Kopfballstärke. Unter den Trainern Daum und Toppmöller entwickelte sich „Balle“ zur zentralen Figur bei Bayer 04, der nur die Krönung mit einem Titel versagt blieb. Mit seinem Eigentor in Unterhaching am letzten Spieltag 1999/2000 wurde er zur tragischen Figur.

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Zé Roberto (1998-2002/113 Spiele/17 Tore)

2.105 Stimmen

Bevor er bei Bayer 04 auf der linken Seite alles in Grund und Boden spielte, hatte es Zé in Europa bereits bei Real Madrid probiert – noch ohne Erfolg. Der eminent schnelle Flügelspieler, ein brillianter Ballzauberer vor dem Herrn, ließ Gegner verzweifeln und die Fans entzückt mit der Zunge schnalzen. Viele Bayer 04-Fans sind noch heute davon überzeugt, dass es mit dem Gewinn der Champions League 2002 geklappt hätte, wenn Zé im Finale von Glasgow gegen Real Madrid nicht gesperrt gefehlt hätte. Der Musterprofi spielte noch mit 42 Jahren für Palmeiras.

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Ulf Kirsten (1990-2003/350 Spiele/182 Tore)

4.117 Stimmen

Der „Herr der Tore“, dreimal Schützenkönig in der Bundesliga (1992/93, 1996/97 und 1997/98), erhielt bei der Wahl die meisten Stimmen und wurde von Reiner Calmund als „mein Jahrhundert-Transfer“ geadelt, „trotz aller tollen Brasilianer, die wir geholt haben“. Siegtorschütze beim DFB-Pokalsieg 1993 im Finale gegen Herthas Amateure. „Wo andere den Fuß wegziehen, geht er mit dem Kopf hin“, hat sein früherer Trainer Eduard Geyer in Dresden mal gesagt. „Augen zu und druff“, hieß Kirstens Devise. Und „druff“ war dann meistens auch „drin“.

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Rudi Völler (1994-1996/62 Spiele/26 Tore)

2.577 Stimmen

Als „Ruuuudi“ 1994 zu Bayer 04 kam, hatte er als Profi schon alles erreicht: Weltmeister 1990, Champions-League-Sieger 1993 mit Olympique Marseille, italienischer Pokalsieger 1991 mit AS Rom, Deutschlands Fußballer des Jahres 1983. Traf in seinem ersten Spiel für die Werkself gegen Frankfurt schon kurz nach seiner Einwechselung. Eine Institution im deutschen Fußball wie in Leverkusen. Wurde als Teamchef mit der Nationalmannschaft 2002 in Japan und Südkorea Vize-Weltmeister und lenkt seit vielen Jahren als Sportdirektor und nun Geschäftsführer Sport die Geschicke bei Bayer 04.

Die Ersatzbank der Jahrhundert-Elf:

Jörg Butt (1.662 Stimmen), Christian Wörns (1.963), Paulo Sergio (1.559), Carsten Ramelow (1.510), Thomas Hörster (1.906), Dimitar Berbatov (1.524), Bernd Schuster (1.966), Bum-kun Cha (1.995).