Rudi Völler – Der Fußball-Versteher wird 60

Ein Mann, der Mensch geblieben ist, feiert heute seine 60. Geburtstag: Rudolf „Rudi“ Völler. Seit 1994 ist der ehemalige Weltklasse-Stürmer und heutige Geschäftsführer Sport Bayer 04 Leverkusen verbunden. Der langjährige Sportchef der Kölnischen Rundschau, Herrmann Josef Weskamp, hat Völler seit seinen Anfängen an der Dhünn journalistisch begleitet und nähert sich der Person hinter den Titeln.
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Ein runder Geburtstag ist bekanntlich kein Tag wie jeder andere. Auch für einen wie Rudi Völler nicht, der am Ostermontag, 13. April, 60 Jahre alt wird. Dennoch, ungetrübte Feierstimmung will diesmal nicht so recht aufkommen. Erstens sind die Verhältnisse in einer Phase, in der die Zeit still zu stehen scheint, nicht so, dass größere Festgesellschaften selbst im privaten Rahmen von Amts wegen erwünscht oder erlaubt wären. Und zweitens schränken aktuelle Befürchtungen um die aggressive Ausbreitung eines höchst gefährlichen Virus die Unbeschwertheit des Augenblicks erheblich ein.

Rudi Völler ist von Hause aus nicht der uneingeschränkte Optimist, wenngleich er bei Bedarf auch positiv denkt. Als Stürmer war er beidfüßig, man wird sich bestens erinnern, zum Schrecken der Gegner mit einem guten Schuss ausgestattet. Danach hat ihn das Fußball-Geschäft am Schreib- oder Konferenztisch alsbald gelehrt, dass ihm im Zweifelsfall ein guter Schuss Skepsis, ja Misstrauen sehr zustatten kommen könnte. Diese Erfahrung hat ihm schon während der Ausbildung bei Bayer 04 zur operativen Führungspersönlichkeit sein Mentor, der trickreiche Reiner Calmund, vermittelt. 

Rudi Völler ist in der wahrsten Bedeutung des Wortes ein Weltmann. Sein Name ist weit über die globale Kicker-Community bekannt und beliebt. Seine anhaltende Popularität ist nicht nur seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten am Ball, seinen Toren und Titeln, seinen Pokalen und Trophäen geschuldet. Die Leute lieben einen Mann, der Mensch geblieben ist und aus seinem Herzen keine Mördergrube macht.

Völlers Ehrenrunde in Mexiko

Der Autor dieses Artikels erinnert sich an eine Gänsehaut-Szene im Sommer 1996, als Völler auf seine alten Tage nach seinem letzten Bundesliga-Auftritt mit der Mannschaft von Bayer 04 noch zu zwei Gastspielen nach Mittelamerika aufbrach. Bei der Ankunft der rheinischen Reisegesellschaft in Mexiko bevölkerten zu mitternächtlicher Stunde hunderte Fußballfans die weite Empfangshalle des Airports. Sie waren einzig und allein gekommen, um lautstark einen Sportler zu feiern, der sie acht Jahre zuvor bei der WM im eigenen Land begeistert hatte und der sich – bis heute übrigens – immer wieder tatkräftig für die vom DFB initiierte Patenschaft für ein Kinderheim in Queretaro engagiert. Der Ankömmling aus Alemania nahm sich die Zeit, bis er mit einem Autogramm auch ins letzte Kinder- oder Knabengesicht ein Lächeln gezaubert hatte. Ein denkwürdiger Moment zum Innehalten inmitten des Trubels. Zwei Tage später strömten die fußballverrückten Mexikaner in ihr Ehrfurcht gebietendes, imposantes Azteken-Stadion, um Völler bei seinem Abschiedsspiel zuzujubeln, als wäre er einer der ihren.      

Der gebürtige Hesse ist ein Mitglied der weltweiten Fußball-Familie. Logisch, dass ihn der derzeitige Lockdown des öffentlichen Lebens, der auch dem Fußball – Völlers bevorzugtem Lebensprinzip – aktuell schwer zusetzt, arg beunruhigt. Er befürchtet Folgen für die Profis und Amateure, für die Frauen und Kids. Und natürlich belasten ihn die absehbaren Folgen der Krise über die ureigenen Belange seines Klubs Bayer 04 hinaus sowohl im Rahmen der gesamten Bundesliga als auch des DFB und europäisch. Stellvertretend seien die drängenden Nöte in Italien erwähnt, wo Völler viele Jahre nach seinem Abstecher als Profi immer noch ein Publikumsliebling ist. Er weiß, was die Stunde geschlagen hat und mahnt nachhaltig solidarisches Handeln an. Er wird auch darauf drängen, sich Rechenschaft zu geben, wie der Fußball hierzulande und überall, wo er betroffen ist, die quälende Krise übersteht und was daraus zu lernen ist.

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Widdern sagt man Energie, Impulsivität, Ausdauer und Zähigkeit nach.

Im Sternzeichen des Widders

Rudi Völler ist im Sternzeichen des Widders geboren. Diesen Menschen sagt man Energie, Impulsivität, Ausdauerfähigkeit und Zähigkeit nach. Sie gelten als Macher. Erstaunlich, wie viele Eigenschaften des Tierkreiszeichens nach Einschätzung seiner Follower auf ihn zutreffen. Als Spieler krempelte er die Ärmel schon vor dem Einlaufen und nicht erst bei einem Rückstand hoch. Wenn er zu einem seiner dynamischen Flankenläufe ansetzte, jubelte das Fuß(ball)volk auf den Rängen. Als Coach, der damals im denkwürdigen Herbst 2000 wie Kai aus der Kiste mit dem Traumjob des Teamchefs der Nationalelf betraut wurde, erreichte er zwei Jahre darauf mit seiner auf Leverkusener Fußball-Power aufgebauten Elf in Japan überraschend das Finale und wurde Vizeweltmeister. Ein weiterer Schub an Bewunderung für den Chef am Rande des Rasens.

Die Schauspielerin Iris Berben hat in einem Interview mal einen Vergleich zwischen ihrem Metier und dem Fußball gezogen: „Kino bedeutet, mit anderen zusammen eine unbekannte Reise zu machen, sich Gefühlen von Freude, Lachen oder Wut auszusetzen. Das gibt es heute vielleicht nur noch auf dem Fußballplatz.“

Na, erkennen Sie die wunderbare Bandbreite der Emotionen, die man beim Kauf einer Eintrittskarte zu einem Fußball-Match bucht? Rudi Völler, der Fußball-Versteher, der im Umgang mit seinem Sport zugleich Romantiker und Realist ist, würde dem wahrscheinlich größtenteils zustimmen.

Völler als „Wohlfühlmensch“

Die Süddeutsche Zeitung hat Rudi Völler in einem Porträt schon mal als „Wohlfühlmensch, der vertraute Menschen um sich braucht“, vorgestellt. Stimmt. Aber nicht immer und nicht um jeden Preis. Wenn er sich oder die Seinen ungerecht behandelt fühlt, wird für einen Moment aus Spiel Ernst. Dann entfaltet er seine gesamte Autorität, lässt im Zweifel keinen Widerspruch gelten, und es kommt bei Bedarf sowas wie seine legendäre Mist- und Käse-Tirade damals nach dem Länderspiel auf Island aufs Tapet. Insider berichten, dass er nach solchen Ausbrüchen auch schnell wieder abzurüsten weiß. In jüngster Zeit sind ohnehin Vorkommnisse dieser Art kaum noch aktenkundig geworden.

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Völler ist 1960 in Hanau geboren. Ein Kind der Nachkriegszeit und der Bundesliga. Er hat über die Jahre hinweg wichtige Stationen der Erfolgsgeschichte des deutschen Fußball-Oberhauses maßgeblich mitgestaltet. Für Bayer 04 Leverkusen, wo er 1994 nach inständigem Werben des Managers Calmund für zwei Spieljahre als Profi anheuerte, war und ist er immer ein Glücksfall. Erst in kurzen Sporthosen, dann im Business-Look. Er ist das Gesicht und der Sympathieträger für einen Klub, der es nach dem Aufstieg in die Bundesliga unter der manchmal neidisch dreinblickenden Konkurrenz im fußballaffinen Westen der Republik nicht immer leicht hatte.

„Ich habe den Klub wirklich lieben gelernt“

Die Bundesliga ist in vielerlei Hinsicht ein wahres Glück für Leverkusen und seinen Werksklub. Rudi Völler hat daran erheblichen Anteil. „Ich habe den Klub wirklich lieben gelernt“, hat er sein Verhältnis zuletzt in einem Interview mit der „Sport Bild“ beschrieben, „wenn ich jetzt ins Stadion schaue, sehe ich, was hier gewachsen ist. Das ist unglaublich, kein Vergleich mit dem alten Haberland-Stadion.“ Er weiß genau, wovon er spricht. Lange befand sich sein berufliches Zuhause auf einer Baustelle. Nun hat er von seinem Wohlfühl-Arbeitsplatz in der Südkurve aus einen Premium-Blick auf Rasen und Ränge.

Völlers Außenwirkung ist ein unbezahlbares Pfund für den Klub. Seine Präsenz und Kompetenz sorgen auch im Inneren für Balance, für langfristige Strategie und behutsame Entwicklungen. Er setzt auf Jugend, garantiert sportliche Kontinuität und, soweit das in diesem Geschäft möglich ist, ein gewisses Maß an Planungssicherheit und verlässlichem Erfolg.

Rudi wird 60. Vertraglich ist er bis 2022 an Bayer 04 gebunden. Und dann? Um die Jugendsprache zu bemühen: Mensch Alter, da geht doch noch was...!

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