Seine Heimpremiere als Bayer 04-Trainer gab Jupp Heynckes am 15. August 2009 mit dem Spiel gegen die TSG Hoffenheim. Die Werkself gewann durch einen Treffer von Stefan Kießling 1:0. Es war die erste Partie in der runderneuerten BayArena. Die moderne Multifunktionsarena wurde auf den Fundamenten des 1958 eingeweihten Ulrich-Haberland-Stadions errichtet. Dieser Ort passte zu jemandem wie Jupp Heynckes, diesem Bundesliga-Urgestein. Der damals 64-Jährige brachte viel Tradition mit nach Leverkusen. Und hatte sich im Laufe der Zeit doch immer wieder auch ein Stück weit neu erfunden.
Der gelernte Stuckateur befand sich im Frühjahr 2009 eigentlich längst im Trainer-Ruhestand, seine letzte Station lag über zwei Jahre zurück. Plötzlich klingelten die Bayern an, Heynckes sprang Ende April als Interimstrainer und Nachfolger von Jürgen Klinsmann beim Rekordmeister ein und führte ihn in den letzten fünf Saisonspielen noch in die Champions League. Mission erledigt. Louis van Gaal übernahm an der Säbener Straße. Und Bayer 04 nutzte die Gunst der Stunde, um bei Heynckes anzufragen. Der sagte sofort zu. Es war ein Transfer-Coup, der durch die Rückkehr von Co-Trainer und Bayer 04-Legende Peter Hermann aus Nürnberg noch veredelt wurde.
Heynckes, als neuntes von zehn Kindern am 9. Mai 1945, einen Tag nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges und dem Tag der Befreiung in Mönchengladbach geboren, genoss als ehemaliger Spieler wie als Trainer weltweit höchste Reputation. Als Profi war er in den 1960er- und 1970er-Jahren neben Legenden wie Franz Beckenbauer, Günter Netzer und Gerd Müller einer der ganz Großen im deutschen Fußball. Er wurde 1972 Europameister und gewann 1974 mit der DFB-Auswahl die WM im eigenen Land. Dazu: Viermal Deutscher Meister mit Mönchengladbach, UEFA-Pokalsieger 1975, DFB-Pokalsieger 1973 und zweimal Torschützenkönig (1974 und 1975). Mit 220 Treffern in 13 Bundesliga-Jahren steht er heute noch an vierter Stelle der ewigen Torschützenliste. Nur Gerd Müller (365), Klaus Fischer (268) und Robert Lewandowski (227) haben mehr Tore als Heynckes erzielt. In seinem letzten Bundesliga-Spiel gelangen ihm beim unglaublichen 12:0-Sieg gegen Borussia Dortmund am 29. April 1978 zum einzigen Mal überhaupt fünf Tore in einer Partie. Was für ein Abgang!
Als Coach hatte Heynckes mit Borussia Mönchengladbach den UEFA-Cup (1979) und mit Real Madrid bereits die Champions League (1998) gewonnen. Zweimal war er 1989 und 1990 mit dem FC Bayern Deutscher Meister geworden.
Nun, im Sommer 2009, folgte er in Leverkusen auf Bruno Labbadia, unter dem die Werkself die Saison 2008/09 nur auf Platz 9 beendet und gerade das Pokalfinale gegen den SV Werder Bremen verloren hatte. Jetzt also sollte es Heynckes richten, ein „Trainer der alten Schule“, wie er sich selbstironisch zuweilen nannte. Denn was hieß schon „alte Schule“? Ja, Heynckes, dessen fachliche Kompetenz über jeden Zweifel erhaben war, legte großen Wert auf Disziplin, Fleiß, Pünktlichkeit. Einst nannte man ihn den „Preußen vom Niederrhein“. Vor allem aber verstand er es mit zunehmendem Alter, ein Team zu führen. Als Psychologe und empathischer Menschenfreund war Heynckes absolute Spitze. Das bewies er auch in seinen zwei Jahren unterm Bayer-Kreuz auf beeindruckende Weise.
Simon Rolfes nennt Heynckes den „besten Trainer, den ich je hatte“. Der heutige Geschäftsführer Sport bei Bayer 04 sagt über seinen ehemaligen Coach: „Er hat sich nie zu wichtig genommen, ist immer wissbegierig geblieben, bescheiden und warmherzig. Wie kein anderer konnte er Mannschaften ‚moderieren‘, Spieler für die gemeinsame Sache begeistern und einen Teamspirit schaffen, der letztlich zu vielen Siegen und Titeln, zu großartigen Erfolgen führte.“ Mit der Werkself gewann Heynckes zwar keine Titel. Sehr erfolgreich waren seine zwei Jahre in Leverkusen aber allemal. Unter ihm wurde die Mannschaft um Torhüter René Adler, Innenverteidiger Sami Hyypiä, Kapitän Simon Rolfes und Torjäger Stefan Kießling im Winter 2009 gleich ungeschlagen Herbstmeister. Insgesamt blieb das Team 24 Spiele in Folge ungeschlagen – ein neuer Bundesliga-Rekord, den die Bayern einige Jahre später knackten. Und den wiederum Bayer 04 in der historischen Saison 2023/24 selbst noch einmal getoppt hat.
Heynckes führte den Werksklub 2010 nach zweijähriger Abstinenz zurück ins internationale Geschäft. Bayer 04 wurde am Ende seiner ersten Saison in Leverkusen Vierter in der Bundesliga. Eine Platzierung, die damals noch nicht zur Teilnahme an der Champions League berechtigte. Schwarz-Rot spielte aber wieder in der Europa League. Und das, obwohl Leistungsträger wie Patrick Helmes, Simon Rolfes, Renato Augusto und Gonzalo Castro über einen langen Zeitraum verletzungsbedingt ausgefallen waren. Großen Anteil an einer dennoch erfolgreichen Saison hatte nicht zuletzt Toni Kroos, der vom FC Bayern ausgeliehen war. „Jupp Heynckes war ein hervorragender Trainer, er hatte auch in Leverkusen schon ein unheimlich gutes Händchen dafür, wie man mit einer Mannschaft umgeht“, sagte Kroos später einmal.
Noch besser lief die zweite Saison unter Heynckes in Leverkusen. Unter anderem mit Rückkehrer Michael Ballack wurde die Werkself 2010/11 Vizemeister und war damit erstmals seit sieben Jahren wieder für die Champions League qualifiziert. Für Heynckes gingen damit „zwei wirklich schöne Jahre bei Bayer 04“ zu Ende, wie er selbst im vergangenen Jahr im Interview mit dem Werkself-Magazin bekannte. Die erfolgreiche Zeit in Leverkusen sei entscheidend dafür gewesen, dass er wieder zum FC Bayern gewechselt sei. In München machte sich Heynckes zwei Jahre später mit dem Gewinn des Triples unsterblich. Meister, Pokalsieger und Champions-League-Gewinner. Mehr geht nicht. Damit hatte er auch als Trainer im Alter von 68 Jahren alles erreicht. Und doch holten ihn die Bayern vier Jahre später noch einmal zurück als Nachfolger von Carlo Ancelotti. Zum vierten Mal übernahm Heynckes den Rekordmeister – und führte ihn 2018 als 73-Jähriger erneut zum Titel.
„Im Leben zählen irgendwann deine Erfolge nichts mehr, sondern wahre Bedeutung hat, welche Spuren du hinterlassen hast, was du den Menschen gegeben hast und mit welcher Haltung, mit welcher Empathie, mit welchem Respekt du ihnen begegnet bist", hatte Jupp Heynckes schon nach seinem vermeintlichen Abschied als Trainer 2013 gesagt. Weise Worte, die bei ihm keine Floskel sind, sondern aus dem Herzen kommen.
Schön, dass jemand wie er auf seinem langen Weg auch einmal in Leverkusen Station gemacht hat. Alles Gute zum 80. Geburtstag, lieber Jupp!
Am 34. und letzten Bundesliga-Spieltag der Saison 2024/25 gastiert die Werkself beim 1. FSV Mainz 05. Die Partie steigt am Samstag, 17. Mai (Anstoß: 15.30 Uhr). Die Bayer 04-Fanbetreuung hat alle Infos zur Begegnung in der MEWA-Arena für euch zusammengefasst...
Mehr zeigenFür den 1. FSV Mainz 05 wird das letzte Duell der Saison 2024/25 gegen die Werkself an diesem Samstag, 17. Mai (Anstoß: 15.30 Uhr), noch einmal ein echtes Endspiel. Die Rheinhessen stehen auf Platz sechs, der zur Teilnahme an der UEFA Conference League berechtigt. Punktgleich dahinter liegt RB Leipzig auf Rang sieben. Die Mannschaft von Cheftrainer Bo Henriksen hat in der MEWA Arena also alles in der eigenen Hand, um zum vierten Mal in der Klub-Geschichte in einen internationalen Wettbewerb einzuziehen. Der Gegner-Check.
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Mehr zeigenBayArena, Derby, schon mehr als 20.000 Fans dabei und bestes Wetter – es ist alles angerichtet! Am Sonntag, 18. Mai (Anstoß: 11 Uhr/Stadionöffnung: 9.30 Uhr), tritt die U19 von Bayer 04 gegen den 1. FC Köln zum Finale um die Deutsche Meisterschaft der A-Junioren an. Vorab sprach Cheftrainer Sergi Runge über eine kleine Anpassung in der Vorbereitung auf die Partie und „eine Erfahrung fürs Leben“. Tickets gibt es im Bayer 04-Webshop, zudem senden das Werkself-Radio und der Pay-TV-Sender Sky live.
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